Die Frequenz: Thriller (German Edition)
Pause. »Diese verdammten Bullen! Man kann ihnen einfach nicht trauen, oder?«
George schlug Wilson auf den Rücken.
»Der Kofferraum springt manchmal auf, wenn ich zu schnell fahre. Wenn ich auf Mario Andretti mache, bricht die Karre auseinander!« Er lachte; dann drehte er sich um. »Ich hole Ihnen ein Handtuch und was zum Anziehen. Seife sollte auf der Ablage sein.« Die lag immer da für den Fall, dass George mal Glück hatte und sich die Spuren abbrausen musste. Als er ins Haus ging, roch er noch mal an seinen Händen. »Puh, das ist heftig! Bespritzt einen mit Blut. Ich kann’s nicht glauben! Die Weiber sind krank heutzutage.«
Das Grundstück war von einem Stacheldrahtzaun umschlossen. An manchen Stellen war er heruntergedrückt und leicht zu übersteigen. Dahinter war offene Wiese ohne Bäume oder andere Deckung. Wilson zog in Erwägung, abzuhauen, aber er fühlte sich schwach, und die Dobermänner waren gefährlich nahe. Eine Dusche war jedenfalls die richtige Priorität. Wilson konnte an nichts anderes denken, als am Brausekopf zu trinken und nicht mehr aufzuhören. Er wollte Wasser, so viel wie möglich. Ihm taten sämtliche Gelenke weh, als er sich vorsichtig auszog, die Verbände abnahm und auf einen Haufen warf.
Er blickte auf seine schmutzverkrustete Haut. Sein Körperfett war verschwunden. Ohne die Sonnenbrille abzunehmen – Wilson wollte kein Risiko eingehen – wartete er, dass das Wasser durch die Leitung kam. Als der Strahl ihn traf, raubte ihm die Kälte den Atem. Er schluckte, bis er das Gefühl hatte, sein Magen würde platzen.
Ein steter Strom bräunlichen Wassers wirbelte in den Abfluss, als Wilson sich abschrubbte, bis nur noch hellrosa Narben an den Unfall erinnerten. Zum zweiten Mal dachte er, welches Glück er gehabt hatte, dass er noch am Leben war. Aus den Augenwinkeln sah er eine Bewegung und zuckte zusammen, dann aber wurde ihm klar, dass nur ein Handtuch und frische Sachen über die Duschwand geschwungen wurden. George Washington war ein echter Glücksfall.
Wilson atmete tief durch und versuchte zu entspannen. Der Seifenduft kam ihm bekannt vor, und unerwartete Erinnerungen stiegen in ihm auf. An seine Kindheit in Sydney. Die langen heißen Tage … endlose Tage. Damals steckte er ständig in Schwierigkeiten. Er lächelte. Das Leben war einfach gewesen.
Als er so heftig zitterte, dass er sich kaum aufrecht halten konnte, drehte er das Wasser zu, nahm die Sonnenbrille ab und drückte sich das weiche, weiße Handtuch vors Gesicht.
Plötzlich begann der Raum sich zu drehen. Wilson brach zusammen.
Als das Schwindelgefühl nachgelassen hatte, machte er die Augen auf. Dicht bei ihm, Nase an Nase, hockte einer der Dobermänner, das Weibchen.
Das Tier hatte die Ohren angelegt – es würde jeden Moment angreifen!
Wilson war nackt, kauerte auf allen vieren, dem Hund zugewandt. Seine Sonnenbrille lag neben ihm. Er blickte dem Hund in die Augen und versuchte, sich nicht zu rühren. Unerklärlicherweise leckte der Dobermann ihm übers Gesicht. Wilsons Herz hämmerte, als er sich neben ihn sinken ließ.
»Du blöder Köter hast mich zu Tode erschreckt.« Der Hund sah ihn bloß an. Schließlich streichelte Wilson ihn. Dafür wurde ihm erneut das Gesicht geleckt. Offenbar hatte er einen neuen Freund. Die ganze Situation war verrückt. Die Reaktion entsprach überhaupt nicht der eines Wachhunds, im Gegenteil.
Während ihn der große Hund zufrieden beobachtete, inspizierte Wilson den Inhalt der gestohlenen Brieftasche. Sie enthielt drei Dollarnoten, einen Führerschein und eine grüne American-Express-Karte. Wilson las den Namen im Führerschein: Jack Bolten. Das Bild hatte keine Ähnlichkeit mit ihm – ein Glatzkopf Mitte fünfzig. Er schob den Plastikausweis in einen Wandspalt dicht über dem Boden, besah sich die Kreditkarte und drehte sie zwischen den Fingern, um die verschnörkelte Unterschrift zu betrachten.
Dann faltete er die Dollarscheine auseinander und war verblüfft: George Washington, Präsident George Washington, prangte auf der Vorderseite. Ein Zufall? Wilson drehte den Schein um, und sein Herz setzte einen Schlag aus. Auf der Rückseite waren zwei Abbildungen, eine Pyramide und ein Adler, beides Symbole des Großen Siegels der Vereinigten Staaten. Wilson war sich der Ironie durchaus bewusst. Die Pyramide: das Bauwerk, das bei seiner Aufgabe hier eine zentrale Rolle spielen sollte. Und der Adler: die Standarte der römischen Legion in Judäa während des ersten
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