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Die Frequenz: Thriller (German Edition)

Die Frequenz: Thriller (German Edition)

Titel: Die Frequenz: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ride
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ein Erster-Klasse-Ticket, wenn’s recht ist.« Es kam ihm passend vor, ein bisschen heitere Gelassenheit auszustrahlen, um seine jämmerliche Lage zu überspielen.
    »Der nächste Zug geht um 15.50 Uhr«, sagte die Frau. »Sie steigen in San Antonio um.« Träge nahm sie die Kreditkarte aus dem Fach. »Haben Sie einen Reisepass?«
    In diesem Moment plärrte eine Stimme über den Lautsprecher: »Meine Damen und Herren …«
    Bei dem Klang zog Wilson den Kopf ein wie ein Kind, das eine Ohrfeige erwartet.
    »Der Zug nach Dallas fährt von Bahnsteig 21. Letzter Aufruf.« Er hallte durch das Gebäude und verklang.
    Die Frau beugte sich zur Scheibe vor. »Ich habe gefragt, ob Sie einen Reisepass haben.«
    Wilson blickte sich ängstlich nach Graubart um, sah ihn aber nirgends. Zum Glück war auch keine Polizei in der Halle. Wilson straffte die Schultern und fasste sich, so gut es ging. »Ja, ich habe einen Reisepass«, antwortete er.
    »Kann ich ihn bitte sehen?«
    Er griff in seine Taschen. »Äh … meine Frau hat ihn wohl eingesteckt. Sie kommt jede Minute.«
    »Möchten Sie auch ein Ticket für Ihre Frau?«
    Wilson brachte ein blutbeschmiertes Lächeln zustande. »Nein, Judy, meine Frau kommt nicht mit.« Er hatte das Namensschild der Fahrkartenverkäuferin gelesen.
    Die Frau war von der Namensgleichheit unbeeindruckt und steckte die Kreditkarte in ein Lesegerät. Klick-klick, dann schob sie einen Zettel und einen Kuli unter der Scheibe durch.
    »Das macht 210 Dollar.«
    Wilson unterschrieb und gab beides zurück. Die Frau verglich die Unterschriften mit kritischem Blick – sie sahen ziemlich ähnlich aus – und griff dann nach dem Telefon. »Ich muss das genehmigen lassen.«
    »Ihre Nägel sind sehr schön«, sagte Wilson.
    Das Kompliment veranlasste sie, sofort ihre Finger zu betrachten, als müsse sie noch mal ein eigenes Urteil fällen. Die Nägel waren hellrot, sehr lang und bildeten einen starken Kontrast zu ihrer dunklen Haut.
    Sie blickte auf. »Wirklich?«
    »Ja, sehr elegant.«
    »Das sind Porzellannägel.«
    In dem Moment fiel ihr ein, wo sie das Gesicht dieses großen weißen Kerls schon mal gesehen hatte: im Fernsehen! Er wurde wegen Mordes gesucht oder so ähnlich. Ihre Finger umklammerten die Kreditkarte. Sie legte das Telefon zurück auf die Station und schob Kreditkarte und Ticket unter der Scheibe durch. Mit leicht schwankender Stimme sagte sie: »Bahnsteig achtunddreißig liegt in dieser Richtung.« Sie zeigte lächelnd ihre Zähne und wies nach links. Ihre Hand zitterte sichtlich.
    »Vielen Dank«, sagte Wilson verhalten. »Sie sind sehr freundlich.« Er spürte ihre plötzliche Anspannung, und das Zittern war ein verräterisches Zeichen.
    Nachdem die Frau gewartet hatte, bis ihr Kunde um die Ecke gebogen war, griff sie zum Telefon. »Geben Sie mir die Polizei«, sagte sie leise. »Es ist dringend.«
    Wilson spähte durch die Bahnhofshalle. Mehrere gut gekleidete Leute liefen umher, und alles wirkte ruhig. Trotzdem fühlte er sich wie eine Katze in der Hundehütte. Irgendetwas stimmte nicht. Judy war plötzlich nervös geworden. Aber warum? Wieder wischte er sich Blut vom Mund. Vielleicht lag es an der Platzwunde.
    Durch die hohen Fenster schien eine kräftige Nachmittagssonne in die Halle und erfüllte das Gebäude mit warmem Licht. Wilson versank in Erinnerungen. So vieles war in den vergangenen zwei Wochen geschehen …
    Kalifornien, Amerikanischer Kontinent
    Enterprise Corporation, Mercury Building, 3. Etage
    10. Mai 2081
    Ortszeit: 19.45 Uhr
    13 Tage vor dem Transporttest
    Die untergehende Sonne warf scharfe Rechtecke auf die Wand des Besprechungsraums, und der Duft von frischen Blumen hing in der Luft. In der Mitte stand ein glänzender Eichentisch mit zwanzig hochlehnigen Chefsesseln. Eine prachtvolle Sammlung weltbekannter Rembrandts, Van Goghs, Picassos und Renoirs hing an den langen weißen Wänden.
    Diese Leute haben viel zu viel Geld, dachte Wilson. Er hatte gut zwanzig Minuten gewartet, und so genussvoll der Blick auf die Gemälde auch war, so wenig hatten sie seine Besorgnis zerstreuen können. Dieser Raum war so gestaltet, dass Besucher sich eingeschüchtert fühlen sollten, und das funktionierte.
    Wilson drehte eine neue Runde und versuchte zu erahnen, welcher absonderliche Vorfall als Nächstes käme. Vor jedem Sessel lag eine platingraue Schreibunterlage. In die Oberfläche war eine Weltkarte samt Längen- und Breitengraden eingraviert. Darüber stand der Name der Firma, als

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