Die Frequenz: Thriller (German Edition)
Schienen, als ein orangefarbener Pendlerzug auf einem anderen Gleis einfuhr. Seine Türen öffneten sich, die Wagen waren leer.
Die Türen schlossen sich wieder, und der Zug rollte aus dem Bahnhof.
Eine weggeworfene Zeitung, die im Wind flatterte, erregte Wilsons Aufmerksamkeit. Auf der ersten Seite war ein vertrautes Gesicht abgebildet.
Ein sehr vertrautes.
Wilson blickte auf sein eigenes Konterfei – eine Zeichnung seines Gesichts!
»Was soll das denn?«, flüsterte er.
Die Schlagzeile des Houston Chronicle lautete: Fahndung nach Serienmörder. Darunter stand:
Ein Mann, der für den Tod von vierzehn Menschen im Südwesten der Vereinigten Staaten verantwortlich ist, hält sich angeblich in Houston auf. Der Täter, der schwer verletzt sein soll, hat seit seinem Erscheinen erneut zugeschlagen. Officer Tolle von der Polizei in Houston kam ums Leben, als er bei einem vorsätzlichen Angriff überfahren wurde.
Vierzehn Menschen? Vorsätzlicher Angriff? Wilson schaute nervös über die umliegenden Bahnsteige. Zum Glück blickte niemand in seine Richtung. Sie glauben, ich bin verletzt. Darum wurde ich vor dem Bahnhof nicht festgehalten. Er las weiter: »Commander Visblat, Chef der Houstoner Polizei, sagte: ›Dieser Mann ist ein gemeiner Mörder. Wir werden ihn mit allen Mitteln verfolgen.‹«
Da war noch ein Mann abgebildet.
Wilson hatte dieses unvergessliche Gesicht schon gesehen – zweimal. Es war der rothaarige Hüne.
Während er auf das Bild starrte, überlegte er, warum ein so hochrangiger Polizist – Commander Visblat – sich solch eine Lüge ausdenken sollte.
Dann fiel ihm die Fahrkartenverkäuferin ein. Ihre Hände hatten vor Angst gezittert. Hier stimmte etwas nicht – er war in eine Falle gelaufen! Er hinkte an die Bahnsteigkante, sprang hinunter und verschwand in der Dunkelheit des Eisenbahntunnels.
* The New Evidence that Demands a Verdict, Josh McDowell, Thomas Nelson, Nashville 1999, S. 78
** The New Evidence that Demands a Verdict, Josh McDowell, Thomas Nelson, Nashville 1999, S. 80
16.
Houston, Texas
Polizeizentrale
26. November 2012
Ortszeit: 15.24 Uhr
Unternehmen Jesaja – zweiter Tag
Commander Visblat saß allein in seinem Büro. Die Jalousien waren heruntergelassen, und es herrschte ein düsteres, trübes Licht. Der holzfurnierte Schreibtisch vor ihm war überhäuft mit Zeitungen und Notizblöcken, mit farbigen Kugelschreibern, die man in dieser Menge in einem Jahr nicht verbrauchen kann, mit Wasserflaschen und alten Fastfoodtüten. In dem ganzen Durcheinander des Zimmers gab es nichts Persönliches außer ein paar Büchern über die ägyptischen Pyramiden, die in ein überfülltes Regal gestopft waren.
Auf einem kleinen freien Platz in der Mitte des Schreibtischs lag ein sorgfältig geschriebener Brief des Bürgermeisters, in dem dieser seinen Abscheu über die Behandlung von Corporal Jeremy Bishop ausdrückte: »Mit der Waffe auf einen Kollegen zu zielen ist unter keinen Umständen hinnehmbar, und schon gar nicht, eine Kugel in die Decke des Besprechungsraumes zu schießen.«
Visblat verzog spöttisch das Gesicht – es gab wichtigere Dinge, als bei der Polizei den Laufpass zu bekommen. Aber das war schon die zweite Abmahnung in drei Monaten wegen »ungebührlichen Verhaltens«. Er war jetzt offiziell auf Bewährung. Noch ein Regelverstoß, und er war ein für alle Mal draußen – egal wie wertvoll er für die Stadt war.
Visblat blickte auf die Nachmittagsausgabe des Houston Chronicle. »Fahndung nach Serienmörder« stand da. Er war wütend, dass Einzelheiten an die Presse durchgesickert waren, und das gegen seine ausdrückliche Anordnung. Er wurde sogar wörtlich zitiert! Seine stechenden Augen richteten sich auf das schwarze Telefon. Er suchte nach einem Ventil für seine aufgestaute Wut. Schließlich sprang er aus seinem Sessel, packte das Telefon und riss das Kabel aus der Wand. Mit dem Apparat in der Hand stürmte er aus seinem Büro, das Kabel hinter sich herziehend. Wie erwartet stoben die Leute in sämtliche Richtungen davon, als er mit grimmig entschlossener Miene den Gang hinunterstapfte.
Die Polizeizentrale war ein betriebsames, überlaufenes Bürogebäude im Geschäftsviertel Houstons. Mehr als tausendachthundert Menschen arbeiteten dort in wechselnden Schichten rund um die Uhr. Möbel und Ausstattung stammten aus den 1950er Jahren – vieles war aus Holz –, und es gab wenig Tageslicht in dem Labyrinth der Korridore und Bürozellen. Obwohl hier dem Gesetz
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