Die Frequenz: Thriller (German Edition)
Geltung verschafft wurde, war alles und jeder von einem Gefühl der Vergeblichkeit durchdrungen. Egal wie sehr die Polizei sich bemühte – die Verbrechensrate stieg und stieg.
Visblat stapfte durch den Gang, den Blick nach vorn gerichtet. Aus der Einsatzzentrale erklang Stimmengemurmel. Visblat riss die Tür auf und schleuderte das Telefon in den Raum. Es flog über die Köpfe hinweg, krachte gegen die Wand und zerbrach in Stücke, die über den Boden sprangen.
Die Gespräche verstummten abrupt. Es wurde totenstill.
An einer Seite des Raumes, auf einem dreistufigen Podest, befand sich das Team für die laufenden Ermittlung. An den Wänden hingen Einsatzdiagramme, die den Aufenthaltsort jeder Polizeieinheit im gesamten Distrikt anzeigten. Hier wurde die Fahndung nach Wilson Dowling koordiniert und jeder Hinweis gesammelt. Ringsherum saßen an die dreißig Telefonisten, die den Einsatz sämtlicher Streifenwagen koordinierten. Hier herrschte schon normalerweise viel Betrieb, aber in den letzten vierundzwanzig Stunden war das Chaos ausgebrochen.
»Wer ist dafür verantwortlich, mich auf dem Laufenden zu halten?«, brüllte Visblat.
Stille.
»Also gut. Wer ist der Diensthabende?«
»Ich, Commander.«
Ein stämmiger, kompetent wirkender Mann mit kurzen braunen Haaren trat vor und salutierte. Detective Craig Robinson war nach Visblat der ranghöchste Polizeibeamte im Raum. Er war seit über zwanzig Jahren im Dienst, ein stolzer Texaner, der sich für zäh und ehrlich erachtete. Sein Onkel und sein Bruder waren ebenfalls bei der Houstoner Polizei. Detective Robinson war im vergangenen Monat befördert worden. Er trug jetzt keine Uniform mehr, sondern einen Anzug.
»Sir, ich wollte Ihnen gerade Bericht erstatten«, sagte Robinson.
Visblat stapfte die Stufen hinauf und stellte sich dicht vor Robinson, um ihm mit dem Zeigefinger aufs Revers zu tippen. »Wissen Sie, was es heißt, mich auf dem Laufenden zu halten?«, flüsterte er. »Das heißt, dass Sie mir gefälligst melden, was läuft!«
»Es tut mir leid, Commander.« Robinsons Blick huschte nervös durch den Raum. Alle beobachteten ihn. Er bemühte sich um einen ruhigen Tonfall. »Es wird nicht wieder vorkommen.«
»Wenn ich in meinem Büro sitze und das Telefon nicht klingelt«, fuhr Visblat fort, »frage ich mich, ob Sie meine Anweisung befolgen. Nun?«
Detective Robinson hatte soeben seine Zwölfstundenschicht angetreten und während der ersten Viertelstunde die Hinweise geprüft, um einen detaillierten Bericht zu verfassen. »Es wird nicht wieder vorkommen, Commander«, sagte er. Er war kein Mann, der etwas auf andere schob oder Ausflüchte machte.
Visblat wandte sich den Einsatzdiagrammen zu. »Berichten Sie, was Sie haben«, verlangte er barsch. Daraufhin setzte das Stimmengewirr der Beamten wieder ein.
Robinsons Beförderung bedeutete, dass er nun regelmäßiger mit Visblat zu tun haben würde – eine wenig erfreuliche Aussicht. Doch Robinson war pragmatisch: Er musste seinen Commander nicht mögen, er musste ihm nur Bericht erstatten. Außerdem, was blieb ihm anderes übrig? Das gehörte nun einmal dazu. Visblats Reaktion war zu erwarten gewesen; er würde immer heftig reagieren, wenn er feststellte, dass Einzelheiten einer Fahndung an die Presse durchgesickert waren.
»Wir haben den Bahnhof gründlich abgesucht«, sagte Robinson. »Und wir haben noch hundertfünfundzwanzig Männer in der unmittelbaren Umgebung postiert, bisher ohne Ergebnis. Der Tipp, den wir von der Fahrkartenverkäuferin bekommen haben, scheint richtig gewesen zu sein. Ein Mann, auf den die Beschreibung passt, hat die Kreditkarte benutzt, die vor dem Krankenhaus gestohlen wurde.« Robinson wies auf die Einzelheiten, die an der Weißwandtafel standen. »Eine grüne American-Express-Karte, die einem gewissen Jack Bolten gehört, angestellt im Harris-Bezirkskrankenhaus. In seinen Wagen wurde eingebrochen.« Er zögerte. »Aber was ich nicht verstehe, ist Folgendes: Die Kollegen im Bahnhof und die Fahrkartenverkäuferin berichten, der Verdächtige sei bei guter Gesundheit gewesen – bis auf eine blutende Oberlippe. Diese kleine Verletzung zog er sich offenbar bei einer tätlichen Auseinandersetzung vor dem Bahnhof zu. Er trug ein T-Shirt mit der Aufschrift ›Love Machine‹.« Robinson stockte erneut. »Nicht gerade unauffällig. Deshalb sollten wir die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass dieser Mann nicht der Gesuchte ist. Eine Ablenkung vielleicht?«
»Unmöglich«,
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