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Die Frequenzen

Die Frequenzen

Titel: Die Frequenzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens J. Setz
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vor der Brust zu einem Knoten zusammengebunden war. Sie stellte ihr Zettelpaket vor Valerie auf den Schreibtisch. Der Turm stand ein wenig schief und der obere Teil rutschte nach links; Walter wollte rettend eingreifen, aber die Zettel glitten ihm durch die Hände und fielen auf den Boden.
    – Egal, sagte Gabi, Hauptsache, ich hab endlich alles.
    Sie hustete und klopfte sich überraschend fest und mit beiden Händen auf die Brust.
    – Hn! Hn!
    Walter bemerkte eine kleine Ader auf ihrer Stirn, die sich bewegte wie eine unter Folie gefangene Raupe. Die Zettel waren eng beschrieben mit Zahlen. Zahlenkolonnen, endlos und in wechselnder Handschrift.
    Valerie sah ein paar davon durch, dann fragte sie sehr ruhig:
    – Was haben Sie denn da notiert?
    – Was Sie mir gesagt haben! Alles, einfach alles!
    – Aber das sind lauter Zahlen, was stellen die denn dar?
    Gabi schaute etwas hilflos zu Walter, der sie freundlich anlächelte, was sie sehr zu beruhigen schien. Lautlos bildeten ihre Lippen das Wort
Hal-lo
.
    – Ach so, ja, fiel Valerie ein. Walter, wir sind dann ja fertig für heute.
    – Oh, ich … ja, ja, sicher, sagte Walter.
    Beinahe hätte er sich Gabi gegenüber wie der Therapiekomplize benommen, als der er angeheuert worden war. Er ging an den beiden vorbei aus dem Raum. Draußen hörte er Gabi hinter der geschlossenen Tür rufen:
    – Alle Frequenzen! Einfach alle!
    Und etwas, das wie ein verlangsamtes, heiseres Lachen klang. Darauf die Stimme von Valerie, die zu behutsam sprach, als dass man draußen verstehen konnte, was sie sagte. Walter hatte das dumpfe Gefühl, zu weit gegangen zu sein. Dann wieder wurde er wütend, und er sagte sich, dass ihn das alles gar nichts anging.
    Als er aus der Praxis trat und zu seinem Fahrrad gehen wollte, sah er etwas Seltsames. Ein Kinderwagen parkte da vor dem Haus, mutterseelenallein. Und als er neugierig hineinsah, erschrak er, denn in dem Kinderwagen lag ein Haufen Holz, wie für einen Ofen.
    Verrückt, was die Leute alles stehen ließen.
    Er schüttelte den Kopf und fuhr nach Hause, wo er sich sofort vor den Fernseher setzte. Er blieb den ganzen Nachmittag davor sitzen. Sein Handy klingelte immer wieder, aber er ging nicht ran. Zahlen, dachte er.
Bezahlung
,dachte er.
Viel kann ich nicht zahlen
. Immer dasselbe.
    Er schaltete planlos durch die Kanäle, ohne Ton. Bald erschien ein Schauspieler in Schiedsrichteruniform, der traurig in die Kamera blickte und dann in seine Trillerpfeife blies – sie war lautlos wie eine Hundepfeife. Aber Walter bekam das gar nicht mehr richtig mit, sein Kopf war schon viel zu müde.

Der Garten der erwachsenen
Entscheidungen
    Ich ging zu Lydia, um ihr zu sagen, was sich in mir angestaut hatte. Valerie.
    Als sie mich hereinließ, umarmte sie mich.
    – Seltener Gast, sagte sie.
    – Hallo.
    – Du schwitzt wie ein Schwein.
    Da hatte sie Recht.
    – Ein bisschen, ja. Ist heiß draußen.
    – Zuviel überschüssige Energie?, fragte sie.
    Sie war stolz darauf, meine Gemütszustände am Geruch erkennen zu können. In diesem Fall hatte sie Recht. Ich war über eine halbe Stunde lang mit einer Erektion in einer der hintersten Sitzreihen des kleinen Vortragssaals gesessen und hatte hinterher mit Valerie zu Abend gegessen, nichts weiter.
    – Energien muss man umleiten, sonst können sie einen umbringen, sagte Lydia im Tonfall eines Dokumentarfilmkommentars.
    Ich berührte geistesabwesend ihre Schulter. Ich musste es ihr sagen, es war die perfekte Gelegenheit.
    – Weißt du, Ly, um ehrlich zu sein, ich –
    Aber sie nahm meine Hand von ihrer Schulter und biss mich sanft in den Finger.
    – Du riechst wie ein fünfzehnjähriger Schüler, der sich in der Umkleidekabine für Mädchen in einem Schrank versteckt hat.
    – Woher weißt du, wie so jemand riecht?
    – So wie du, sagte sie.
    Hinkend führte sie mich zu einem Sessel. Sie öffnete meine Hose.
    – Nicht, sagte ich, wir –
    – Ist doch nichts dabei, sagte sie. Versprochen.
    Ich glitt sofort in ihren Mund. Ihre Lippen bewegten sich um meinen Schwanz, als versuchten sie ihn neu zu formen. Tausend winzige Bewegungen. Dann, auf einmal, rutschte ihr Kopf nach vor und ihre Zähne bissen in meine Schambehaarung. Völlig fassungslos starrte ich sie an. Mein Glied steckte bis zum Anschlag in ihrem Rachen, und an den leichten Bewegungen ihrer Nasenflügel sah ich, dass sie trotzdem noch atmen konnte. Sie bewegte ihren Kopf (der so nah an der Form einer geschlossenen Faust war, wie ein Kopf nur sein

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