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Die Freude am Leben

Die Freude am Leben

Titel: Die Freude am Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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noch der andere ungeduldig schien, eine Lösung zu überstürzen.
    Indessen hatte sich bei Pauline die Erinnerung an den ihr angetanen Schimpf besänftigt. Sie hatte seit langem verziehen, bereit, ihre beiden Hände in die Lazares zu legen an dem Tage, da er bereuen würde. Und es war bei ihr nicht der eifersüchtige Triumph, ihn sich demütigen zu sehen, sie dachte nur an ihn, so daß sie ihm sogar sein Wort zurückgeben wollte, wenn er sie nicht mehr liebte. Ihre ganze Angst lag in diesem Zweifel; Dachte er noch an Louise? Oder hatte er sie vielmehr vergessen, um zu der alten Zuneigung der Kindheit zurückzukehren? Wenn sie so davon träumte, lieber auf Lazare zu verzichten, als ihn unglücklich zu machen, wurde sie von Schmerz überwältigt; sie rechnete wohl damit, diesen Mut zu haben, doch sie hoffte, danach daran zu sterben.
    Seit dem Tode ihrer Tante war ihr ein großmütiger Gedanke gekommen, sie hatte sich vorgenommen, sich mit Louise zu versöhnen. Chanteau konnte ihr schreiben, sie selber würde dem Brief ein Wort des Vergebens hinzufügen. Man war so allein, so traurig, daß die Gegenwart dieses großen Kindes für alle eine Zerstreuung sein würde. Außerdem schien nach einer so heftigen Erschütterung das, was davor geschehen, sehr weit zurückzuliegen, und sie machte sich auch Vorwürfe, so heftig gewesen zu sein. Doch jedesmal, wenn sie zu ihrem Onkel darüber sprechen wollte, hinderte ein Widerstreben sie daran. Hieß das nicht die Zukunft aufs Spiel setzen, Lazare in Versuchung bringen und ihn verlieren? Vielleicht hätte sie dennoch den Heldenmut und den Stolz gefunden, ihn dieser Prüfung zu unterwerfen, wenn sich nicht ihr Gerechtigkeitsgefühl empört hätte. Der Verrat allein war unverzeihlich. Und außerdem, sollte sie nicht selbst die Freude des Hauses wiederherstellen können? Warum eine Fremde herbeirufen, wenn sie sich von Zärtlichkeit und Hingabe überströmen fühlte. Ihr unbewußt, lag Hochmut in ihrer Selbstaufgabe, ihre Barmherzigkeit war eifersüchtig. Ihr Herz entzündete sich an der Hoffnung, das einzige Glück der Ihren zu sein.
    Dies war von nun an Paulines ganzes Streben. Sie gab sich die größte Mühe, sie tat alles nur Erdenkliche, um das ganze Haus glücklich zu machen. Nie zuvor war sie mit solcher Tapferkeit frohgelaunt und gütig gewesen. Es war jeden Morgen ein lächelndes Erwachen, ein Bestrebtsein, ihre eigenen Nöte zu verbergen, um die der anderen nicht größer zu machen. Sie trotzte allem Unheil mit ihrer Sanftmut, sie hatte ein Gleichmaß des Wesens, das selbst die Böswilligkeit entwaffnete. Jetzt ging es ihr gut, sie war stark und gesund wie ein junger Baum, und die Freude, die sie um sich verbreitete, war eben das Strahlen ihrer Gesundheit. Der Beginn eines jeden Tages entzückte sie, sie ließ es sich ein Vergnügen sein, heute das wieder zu tun, was sie gestern getan, während sie nichts weiter erwartete und ohne Erregung auf den darauffolgenden Tag hoffte. Mochte Véronique, die wunderlich geworden war und von unerklärlichen Launen geplagt wurde, vor ihrem Herd auch noch so brummen, ein neues Leben vertrieb die Trauer aus dem Haus, das Lachen von früher weckte die Zimmer auf, stieg fröhlich widerhallend im Treppenhaus empor. Der Onkel vor allem schien entzückt, denn die Traurigkeit war ihm stets schwergefallen, er sang gerne Scherzlieder, seit er seinen Sessel nicht mehr verließ. Für ihn wurde das Leben abscheulich, aber er klammerte sich daran mit der Verzweiflung eines Siechen, der selbst im Schmerz weiterleben will. Jeder gelebte Tag war ein Sieg, seine Nichte schien ihm das Haus mit einer wohltuenden Sonne zu erwärmen, unter deren Strahlen er nicht sterben konnte.
    Dennoch hatte Pauline einen Kummer: Lazare entzog sich ihren Tröstungen. Es beunruhigte sie, mit anzusehen, wie er in seine düsteren Stimmungen zurückfiel. Auf dem Grunde der Trauer um seine Mutter kam bei ihm das Entsetzen vor dem Tode von neuem zum Ausbruch. Seit mit der Zeit der erste Kummer verblaßte, kehrte dieses Entsetzen wieder, durch die Furcht vor der erblichen Krankheit vergrößert. Auch er würde am Herzen sterben, er trug die Gewißheit eines nahen tragischen Endes mit sich herum. Und in jedem Augenblick horchte er darauf, wie er lebte, in einer solchen nervösen Erregtheit, daß er das Getriebe der Maschine laufen hörte: Das waren die mühsamen Kontraktionen des Magens, die roten Sekretionen der Nieren, die dumpfe Wärme der Leber; doch über dem Geräusch der

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