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Die Freundin meines Sohnes

Die Freundin meines Sohnes

Titel: Die Freundin meines Sohnes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Grodstein
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eigentlich Routine war. Wollte Ärzte, zu denen ich aufblicken konnte. Wollte nicht selber einer der Klügsten im Raum sein.
    »Die Columbia hat hervorragende Operationsergebnisse.«
    Rhonda sah mich achselzuckend an – was ich sagte, ergab keinen Sinn – und sagte, sie würde uns an einen onkologischen Chirurgen auf der anderen Seite der Flusses überweisen. Wollte ich es wirklich nicht Charlie Joffe machen lassen? Sie arbeitete seit Jahren mit Joffe, mochte ihn, vertraute ihm, er machte wunderbare Brustaufbauten. Ich hatte Joffe erlebt,als er sich bei der jährlichen Krankenhaus-Weihnachtsfeier mit Coke und Whiskey die Kante gegeben hatte. Mit den aufgeschwemmten Händen schnitt der mir nicht an meiner Frau herum.
    Also checkten Elaine und ich an einem düsteren Mittwoch im Mai um sieben Uhr morgens in der riesigen chirurgischen Klinik in der 168. Straße ein. Schon zum Krankenhaus zu kommen war ein Alptraum: mit dem Verkehr auf der George-Washington-Brücke und den in zweiter Reihe Parkenden, die den Weg ins Parkhaus blockierten. An den Kreuzungen plärrte bereits so früh am Tag dominikanische Musik, Kinder in katholischen Schuluniformen standen in Schlange an den Bushaltestellen, und die verrückten Freigänger des Psychiatrischen Instituts der New York State University spazierten mit offenen Mündern und halb geschlossenen Augen an der Ecke Haven und 170. Straße herum. Wir hörten Klassikradio, und Elaine hielt sich die linke Hand an die rechte Brust, die man nicht anrühren würde. Auf Rhonda Nighlys Anweisung und wegen ihres nervösen Magens hatte sie seit vierundzwanzig Stunden nichts gegessen. Aus irgendeinem Grund hatte ich einen Bärenhunger gehabt und mitten in der Nacht, lange nachdem Elaine eingeschlafen war, zwei Sandwiches mit gegrilltem Käse und ein übriggebliebenes Stück Rinderbrust vertilgt.
    Meine Eltern waren bei Alec, der eigentlich alt genug war, um allein bleiben zu können, und genau darum auch gebeten hatte, doch davon wollten wir nichts hören. Ich kam zwar abends wieder nach Hause, aber wir wollten, dass jemand da war, wenn Alec aus der Schule kam, wollten, dass jemand ihm Abendbrot machte, ihm half, daran zu denken, dass es ein Tag wie jeder andere war. Und auch nach der Operation mit ihm ins Krankenhaus fuhr, wenn er kommen und einfach da sein wollte. Mein Vater fuhr damals noch ganz annehmbar undwürde sich angesichts des ernsten Ereignisses sogar den Luxus eines Parkhauses leisten. Er selbst war schon zweimal im Krankenhaus gewesen, einmal zu einer Arthroskopie und einmal, als ihm ein Stent eingesetzt wurde, und ging die Sache mit einem wunderbaren Optimismus an.
    »Keine Sorge, Junge«, sagte er am Telefon zu Alec. »Im Sommer kann deine Mutter schon wieder einen Bikini anziehen.«
    »Opa, das ist schrecklich.«
    »Deine Mutter im Bikini?« Mein Vater lachte leise. »Deine Mutter hat eine wunderbare Figur. Aber erzähl deinem Vater nicht, dass ich das weiß, er könnte eifersüchtig werden.«
    »Opa, im Ernst, das ist eklig.«
    Elaines Eltern wollten wir erst von der Operation erzählen, wenn alles vorbei war. Vor allem Elaine war das lieber so.
    Wir checkten also in das Krankenhaus ein, das mir mit seinen endlosen Fluren, den fahrbaren Tragen und dem Chlorgeruch vertraut und mit seiner Weitläufigkeit und dem Gewusel zugleich fremd war. Am Round Hill wurde Medizin in würdiger Stille praktiziert, am Columbia Presbyterian merkte man die Aufgeregtheit des Broadway in den Korridoren – Geschrei und Lachen, Geflüster und Gepiepe drang aus allen Ecken, während wir in Elaines Zimmer geführt wurden, in dem es plötzlich sehr still war.
    »Na dann«, sagte ich. Ich trug ihre kleine Reisetasche. Tags zuvor war ich losgegangen und hatte ihr einen neuen Morgenmantel gekauft, den teuersten, den ich finden konnte. Ich stellte die Tasche neben das Bett und überlegte, wo ich dort ein Dutzend Rosen kaufen konnte. »Du wirst das sehr gut machen, mein Schatz. Und in ein paar Stunden ist alles vorbei.«
    »Ich weiß«, sagte sie. Sie hielt sich immer noch die rechte Brust.
    Die medizinisch-technische Assistentin, die uns zu ElainesZimmer gebracht hatte, verschwand. Bald trafen wir mit mehreren Schwestern und den Chirurgen zusammen, und Rhonda Nighly hatte versprochen, auch vorbeizuschauen, aber für den Moment waren wir allein. Elaine sollte in der Zwischenzeit das am Rücken und am Gesäß offene Krankenhausnachthemd anziehen. Sie nahm die Hand von der Brust, knöpfte langsam ihre hübsche

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