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Die Freundin meines Sohnes

Die Freundin meines Sohnes

Titel: Die Freundin meines Sohnes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Grodstein
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ich glaube ihm! Der Therapeut glaubt ihm! Und die ganze Zeit schläft Chris mit dem von der Stanford.«
    Ach du liebe Zeit. »Roseanne, haben Sie mal …«
    »Ich hab gleich einen HIV-Test machen lassen und voreinem halben Jahr noch mal einen an einer Klinik. Ich bin negativ.«
    Warum hatte ich daran nicht schon früher gedacht? Ich ließ den Kopf hängen. Es war immer eine Überraschung, wenn ich meiner Intuition den Vorrang vor solider Medizin gab.
    »Es tut mir leid, dass Ihnen das passiert ist, Roseanne. Wirklich.«
    »Ja, also …« Sie blickte kurz auf ihre Hände, knibbelte an einer Nagelhaut. »Es tut gut, mal mit jemandem darüber zu sprechen, der nicht mit mir befreundet ist. Meinen Eltern kann ich nicht die ganze Wahrheit sagen. Und mein Bruder würde Frogger wahrscheinlich auflauern und kalt machen. Buchstäblich.«
    »Hören Sie, wenn Sie reden wollen und Ihnen nicht danach ist, zu Ihrem Psychiater zu gehen, können Sie immer vorbeikommen und wir unterhalten uns«, sagte ich. Es war mir ernst damit.
    Sie hörte mit dem Knibbeln auf. Sie hatte ein feines, reizendes Lächeln.
    »Haben Sie jetzt im Sommer noch irgendetwas vor?«, fragte ich. »Ein Urlaub, auf den Sie sich freuen können?«
    »Ein paar Freundinnen haben etwas an einem See in den Adirondacks gemietet. Am Saranac Lake. Nächstes Wochenende, wir wollen Kanu fahren.«
    »Klingt doch gut. Sie kommen mal auf andere Gedanken.«
    »Oh, bitte.« Sie lachte. »Ich bin in meinem ganzen Leben noch nie Kanu gefahren. Wir sollen uns das Abendessen selber angeln, aber da hört für mich der Spaß auf. Ich nehme auf keinen Fall einen Fisch aus. Das ist doch kein Überlebenstraining oder so was.«
    »Recherchieren Sie, bevor Sie losfahren«, sagte ich. »Wenn Sie kundtun, dass es irgendwo in der Gegend ein gutes Steakhausgibt, verliert das Fischeausnehmen vielleicht seinen Reiz.«
    »Gute Idee.«
    »Oder Sie lassen sich einfach Pizza kommen.«
    »Ich glaub nicht, dass man im Wald Pizza bestellen kann.«
    »Sie würden sich wundern«, sagte ich. »Ich hab mir mal Pizza auf einen Campingplatz im Yosemite bringen lassen.«
    »Sie mögen es auch etwas rustikal, was, Dr. Dizinoff?«
    Ich grinste sie an. Tief im Innern wusste ich, dass sie wieder in Ordnung kam. »Ich schau Montag bei Ihnen rein, okay? Und sag Bescheid, wann ich für Sie den Termin bei April bekommen habe.«
    »Danke«, sagte sie, und wir standen auf und schüttelten uns die Hände. Wenn ich keinen Sensus für die Etikette meines Berufsstands gehabt hätte, hätte ich sie womöglich gar an mich gezogen und gedrückt. Ich mochte sie aus tausend verschiedenen Gründen. Sie war intelligent, hübsch, stark, zeigte Initiative bei ihrer Arbeit, ihrem Liebesleben und ihrer Gesundheit. Ginge Alec doch mit einer jungen Frau wie ihr aus! – vielleicht konnte ich die beiden miteinander bekanntmachen? Zu schade, dass wir nicht noch ein neues Auto brauchten.
    »Doc?« Mina steckte den Kopf herein, kaum dass Roseanne zur Tür hinaus war. »Machen wir, dass wir hier verschwinden, bevor noch jemand kommt.«
    »Gute Idee«, sagte ich. »Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende, Mina. Ich schließ ab.«
    » Ich schließe ab«, sagte sie. »Sie haben immer noch kein Geburtstagsgeschenk für Elaine besorgt.«
    »Ah!«
    Wenn sie lachte, sah man ihre krummen und schiefen litauischen Zähne. »Der Gilded Lily macht Ausverkauf«, sagtesie. »Um sieben machen die zu. Beeilen Sie sich.« Mina. Mein guter Geist.
    Ich bekam direkt vor dem Laden einen Parkplatz und verließ ihn eine Viertelstunde später mit einem ordentlichen Loch im Portemonnaie und einer netten, glitzernden Abendtasche, einem Seidenschal und einem Paar Ohrringe aus Muranoglas, die wie psychedelische Schraubverschlüsse aussahen, meiner Frau aber, beteuerte die Verkäuferin, auf jeden Fall gut gefallen würden. Sie spürte, dass ich spät dran war, und ich verließ mich einfach auf sie. Reichte meine Kreditkarte über den Ladentisch, ohne auch nur aufs Preisschild zu sehen. Als ich die Abbuchungsbestätigung unterschrieb, stockte mir kurz der Atem.
    Meine Großzügigkeit wurde damit belohnt, dass sich Ampeln und Verkehr auf wundersame Weise so auf mich einstellten, dass ich vor Elaine zu Hause ankam und sogar noch Zeit hatte. Ich krempelte die Ärmel hoch, baute die Geschenke auf dem Küchentisch auf und machte mich daran, eine Marinade für die Thunfischsteaks im Kühlschrank vorzubereiten. Es sollte Fisch, gegrilltes Gemüse und Wasabipüree geben, den

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