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Die Friesenrose

Die Friesenrose

Titel: Die Friesenrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Oltmanns
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Weinhändler, während dieses Zeitraums zurückgekehrt. Nun kam einer der Nachtwächter der Stadt an ihm vorbei und grüßte. Als er schließlich vom Rathausturm zum zweiten Mal das Signalhorn des Turmwächters hörte, schulterte Cirk resigniert sein Gepäck und machte sich auf die Suche nach einem Quartier für die Nacht. In aller Frühe, vor dem Auslaufen der Burg von Emden , würde er zurückkehren und darauf hoffen, dass ihm dann jemand öffnete. Und wenn nicht? Nein, Cirk wollte der Verzweiflung, die bei diesem Gedanken in ihm aufkam, keinen Raum geben. Morgen früh, vor Tau und Tag, würde er wieder hier stehen, und dann musste einfach jemand da sein!

9. Das Wagnis
    Delfzijl
    25. Oktober 1813
    Es kam zu einem Aufzug von Händlern, bedeutenden Bürgern und prominenten Ausländern, welche ihre Neugier befriedigen wollten, um zu sehen, wie Matrosen, Offiziere und Cargos * zum Schiff gebracht wurden. Der Kapitän und der Supercargo * waren in Begleitung von den edlen und honorabelen Herren Direktoren … Sie gaben darauf acht, dass der Schatz auf das Schiff transportiert und dort eingeladen wurde .
    (Jean Franôois Michel, flçmischer Kaufmann)
Am Hafen
    Im Hafen von Delfzijl herrschte aufgeregte Betriebsamkeit. Trotz des eisigen Windes und heftiger Regenschauer hatten sich viele Menschen eingefunden, um die Abfahrt des Handelsschiffes Maisje mitzuerleben. Am grauen Himmel zogen Möwen ihre Kreise, deren Schreien die Aufmerksamkeit derKinder auf sich zog. Sie warfen Steine nach ihnen und spuckten in das Hafenwasser, das in schmutzigbraunen Wellen gegen die hohen steinernen Kaimauern schwappte. Vor den Gaststuben sah man Pferde, die, vor Kutschen gespannt, mit hängenden Köpfen auf das Wiederkehren ihrer Besitzer warteten. Ab und an war das laute Schreien der Matrosen zu hören, die fluchend Leute beiseiteschoben, um letzte Kisten an Bord der Maisje zu bringen.
    Inken verglich das Lärmen mit den friedlichen Stunden, die sie noch vor kurzem am Emder Hafen verbracht hatte. Nur das leichte Knarren der Schiffe war zu hören gewesen, und sogar die Schreie der Möwen hatten anders geklungen. Am Meer war es ihr immer, als ob die Wellen und der Wind sie in unendliche Weiten tragen könnten. So wie die Wellen und der Wind die Maisje ins weit entfernte China tragen würden.
    Seit gestern Morgen schon weilten Tjalda, Sumi, Inken und Bonné in Delfzijl. Das Direktionskollegium der Gemeinsamen Oostindien Compagnie hatte Inken und Tjalda für drei Tage hierher eingeladen, und die beiden hatten darauf bestanden, ihre Freunde mitzunehmen. Die Kruiderrie wussten sie bei Wiebke, einer resoluten liebenswerten Witwe, derweil in guten Händen. Seit das Geschäft so gut lief, half die Emderin regelmäßig im Laden aus und verschaffte Inken und Sumi dadurch Zeit für andere wichtige Dinge. Wie für diesen Besuch in Delfzijl, der gestern Abend mit einer großen Feier begonnen hatte, bei der hochrangige Besatzungsmitglieder und natürlich die finanziellen Träger der Fahrt anwesend waren. Sumi war die Attraktion und die Augenweide der Veranstaltung gewesen und hatte vor lauter Verlegenheit über so viel Aufmerksamkeit anfangs kaum einen Bissen hinuntergebracht. Die Farben ihrer Kleidung waren vortrefflich gewählt gewesen: Rot, Gold und apfelgrüne Jade hatten ihren elfenbeinfarbenen,zarten Teint und ihr schwarzes Haar betont. Fast ein wenig neckisch und verspielt hatte die Chinesin in der schillernden Seide, die um sie herumdrapiert war, angemutet.
    Inken dagegen hatte mit ihrem geflochtenen und zu einem eleganten Knoten hochgesteckten Haar bewusst älter und kompetenter wirken wollen, als sie war. Doch die Mitglieder der Compagnie hatten sie auch trotz der Tatsache, dass sie eine Frau und noch dazu sehr jung war, ohne Weiteres als Partner akzeptiert. Allerdings waren sie auch allesamt Kaufleute, die aus Erfahrung wussten, dass weder Geschlecht, Aussehen noch Alter eine Rolle spielten, solange das Finanzielle stimmte. Und so waren sie sowohl ihr als auch Tjalda mit ausgesuchter Höflichkeit entgegengekommen, obwohl sich diese zur Feier des Tages mit ihrer Garderobe auch nicht mehr Mühe gegeben hatte als sonst. Das einzige Zugeständnis ihrerseits war der Verzicht auf ihre Hosen gewesen. Während Bonné wiederum einen neuen dunklen Zwirn trug und sich darum bemühte, „allen seinen Damen“ – wie er sie nannte – gerecht zu werden.
    Die Einladung nach Delfzijl hatten sie Tjalda zu verdanken. Inken erinnerte sich noch gut an den

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