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Die Friesenrose

Die Friesenrose

Titel: Die Friesenrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Oltmanns
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heimliches Treffen mit ihr arrangieren. Da war es gut, bei Jebbedine um Gastfreundschaft zu bitten. Vielleicht kannte sie Inken sogar und würde ihm helfen.
    Beim Gedanken an das Zusammentreffen mit Inken fühlte Cirk Unruhe in sich aufsteigen. Es war verrückt, was er tat, ohne Frage. Doch er musste sie einfach wiedersehen! Cirk holte tief Luft und versuchte den Gedanken, die ihn bedrückten, zu entkommen.
    Tjaldas Abschiedsworte kamen ihm in den Sinn, und für einen Augenblick plagte Cirk dann doch das schlechte Gewissen. „Bevor die Luft nicht wieder franzosenfrei ist, darfst du dich auf keinen Fall hier blicken lassen!“ Ihre Stimme war eindringlich gewesen, und ihre Augen schienen bis auf den Grund seiner Seele zu schauen. Er hatte sich gewunden unter diesem Blick, es aber nicht übers Herz gebracht, ihr die Wahrheit zu sagen.
    Das leise Glucksen des Wassers brachte Cirk in die Gegenwart zurück. Seine Augen folgten dem Kanal, der ihn an eine silberne Seeschlange erinnerte, die sich in mooriges Land gebettet hatte. Der Kopf der Schlange schien mit dem blauen Himmel, dem braunen Bodenbewuchs und dem Grün der wenigen Birkenbäume zu verschmelzen. Und in diesem Augenblick merkte Cirk überrascht, dass das Moor auch schön sein konnte, nicht nur wild und grausam.
    Als der Kahn in der Nähe von Jebbedines Hütte festmachte, stieg Cirk ein wenig beklommen aus. Die Hütte bestand aus in die Erde gerammten Holzpfosten, die mit Flechtwerk umwickelt und mit Lehm verputzt waren. Zwei winzige Fenster ließen Licht ins Haus. Das Dach war mit Schilfrohr gedeckt. Cirk ging auf die Moorkate zu, vor der eine alte Frau auf einer Holzbank saß. Cirk hatte in seinem Leben schon viele Menschen kennen gelernt, doch niemals zuvor war er so verblüfft gewesen wie beim Anblick von Tjaldas Freundin. Die Alte saß mit einer Pfeife in der Hand auf der Bank und stieß Rauchwölkchen in die Luft. Sie trug eine bunte Mischung aus mehreren Lumpen übereinander, und Cirk vermochte nicht zu sagen, ob es Röcke oder Hosen waren. Auf dem Kopf prangte ein lilagraues Tuch, dessen Enden unter ihrem Kinn zusammengebunden waren. Weißes Haar lugte darunter hervor. Ihr Gesicht war von tausend Falten durchzogen und ihr Kinn mit einigen dunklen Härchen bedeckt. Als sie aufstand, bemerkte Cirk, dass Jebbedine so gebeugt war wie ein Birkenbaum, der zeit seines Lebens dem Wind hatte trotzen müssen.
    „Oh, ein Jüngling besucht mich!“ Die Stimme klang fest und klar und wollte so gar nicht zu Jebbedines Gestalt passen. Genauso wenig wie die hellen blitzenden Augen, die man eher bei einem jungen Menschen vermutet hätte. „Wasverschafft mir altem Weib diese Ehre? Meiner Schönheit wegen kommst du sicherlich nicht!“ Sie kicherte leise.
    Cirk lachte und verbeugte sich leicht. Er gab ihr die Hand, den Korb und überbrachte ihr Tjaldas Grüße.
    „Tjalda, dieses liebe Menschenkind. Wie lange habe ich sie nicht mehr gesehen?“ Wehmut klang in den Worten der Alten. „Hat mir einmal sehr geholfen, die Tjalda. Gibt niemanden, der so ist wie sie!“
    „Ich weiß.“ Cirk lächelte.
    Jebbedine maß ihn mit einem prüfenden Blick. „Hast dich gut verkleidet. Aber wenn mich meine alten Augen nicht trügen, steckt ein ansehnlicher Mann unter diesen Lumpen und diesem lächerlichen Hut. Wenn Tjalda dich zu mir schickt, dann musst ich dich wohl im Moor verstecken, eh?“
    „Mmh.“ Zögerlich kam seine Antwort. „Das könnte man so sagen. Eigentlich will ich nur eine kurze Weile hierbleiben, wenn das möglich ist.“
    „Ich habe schon lange kein junges Blut mehr in der Hütte gehabt.“ Sie gab ein meckerndes Lachen von sich. „Du kannst bleiben, solange es dir gefällt. Willst wohl mit deiner Person nicht die große Armee des kleinen Kaisers aufstocken, was?“ Beifällig nickte die Alte, um sich dann wieder ihrer Pfeife zuzuwenden, auf die Cirk immer noch einigermaßen ungläubig starrte.
    „Eine gute Entscheidung“, fuhr die Alte unbeirrt fort. „Hier ins Moor kommen die französischen Häscher nicht. Haben Angst vor den Moorgeistern.“ Sie gab ein paar gackernde Laute von sich. „Und wenn einer kommt, dann sorgen wir dafür, dass er auch bleibt, wenn du verstehst, was ich meine!“ Sie hob bedeutungsvoll eine Augenbraue, um sich dann mit der freien Hand quer über die Kehle zu fahren. „Weißt du, im Moor ist Platz für viele tote Franzosen.“
    Cirk lachte und wusste, dass er der alten Frau vertrauen konnte.
    „Ich suche eine junge Frau.“ Er

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