Die Friesenrose
schnaufte er wie ein Walross.
Doch die Frauen mochten den Weinhändler, der ein Auge auf Tjalda geworfen hatte. Die Geldhändlerin ihrerseits war ihm wohl freundlich gesinnt, gab aber nicht viel auf seine unzähligen, oftmals wenig nützlichen Bemerkungen.
„Bonné ist ein herzensguter Mensch“, pflegte sie zu sagen, „doch sein Geschwätz macht mich verrückt. Wie kann einMensch nur so viel reden, ohne etwas halbwegs Vernünftiges zu sagen? Gut, dass er jetzt Stammkunden hat und nicht mehr wie früher von Haus zu Haus ziehen muss, um ein Geschäft zu machen. Die Leute haben ihm den Wein meist nur abgekauft, damit er wieder geht. Sein Geschwätz treibt die Mäuse aus dem Haus und die Läuse vom Kopf. Und da wundert sich Bonné zeit seines Lebens, dass er keine Frau findet.“
Dennoch wusste Inken, dass Tjalda den Weinhändler seiner Gutmütigkeit und Hilfsbereitschaft wegen tief in ihr Herz geschlossen hatte.
Bonné streckte Tjalda eine Flasche Wein entgegen. „Wollte die Damen nur etwas aufheitern, zumal es mir selbst unter Anwendung all meiner Überredungskünste nicht gelungen ist, meine Kundschaft in euren Laden zu locken. Es läuft nicht so prächtig, oder?“
Sumi und Inken schauten ihn nur unglücklich an.
„Das wird schon noch, meine Täubchen“, versuchte der Weinhändler Optimismus zu verbreiten, „lasst da nur mal den alten Bonné ran. Dem ist noch immer was eingefallen.“
Mit einem Schnauben nahm Tjalda den Wein entgegen. „Ich glaube, an unserem Problem beißt sogar du dir die Zähne aus, mein Lieber.“ Sie holte Gläser und schenkte ihnen ein.
„Also“, nahm sie den Faden von vorher wieder auf. „Ihr braucht zunächst einmal wichtige Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die euren Laden besuchen, dort einkaufen und ihn somit hoffähig für andere machen.“ Sie ließ die Schultern hängen. „Aber da kann ich euch mit meinem schlechten Ansehen bei den Oberhäuptern der Stadt nun wirklich nicht helfen, leider.“
Bonné wurde in aller Schnelle über das Ausmaß des Problems informiert. Er machte ein mitleidiges Gesicht und sprach ansonsten reichlich dem Wein zu. „Es geht wirklichnichts über einen guten Wein“, hob er an und versuchte auch den Frauen ein Glas aufzunötigen.
„Betrunken können wir auch nicht besser denken“, fuhr Tjalda ihn grob an.
„Wein macht nicht betrunken“, behauptete Bonné. „Im Gegenteil: Bei mir schärft er die Sinne!“
„Da habe ich aber schon viele Sinngeschärfte in der Gosse liegen sehen“, konterte Tjalda.
Bonné überhörte ihren Einwurf. Er legte den Finger an die Nase und bewegte ihn auf und ab. Dann hing sein Blick wieder an dem roten Wein in seinem Glas. „Der Wein“, sagte er langsam. „So könnte es gehen!“
Er wandte sich den Frauen zu, und Inken glaubte, sein Kopf würde gleich zu rauchen anfangen, so gerötet war er. „Meine Freundinnen, ihr werdet mit meiner Hilfe alle wichtigen Persönlichkeiten der Stadt in euren Geschäftsräumen begrüßen können.“
„Wie willst du das bewerkstelligen?“ Tjalda schüttelte ungläubig den Kopf.
„Tjalda, meine Liebe“ – bei dieser Anrede gab Tjalda einen missbilligenden Laut von sich, doch der Weinhändler ließ sich nicht beirren –, „du weißt doch, dass ich jedes Vierteljahr eine Weinprobe veranstalte. Dazu lade ich die prominentesten Männer der Stadt zu mir nach Hause ein. Zumeist kommen alle Geladenen, da ich natürlich nur edle Tropfen reiche und die Weinprobe sie zudem nichts kostet. Sie sichert mir manch guten Auftrag. Denn viele reiche Emder Bürger wollen als Weinkenner gelten, und wenn ich dann sage: ,Diesen Wein schätzt der Bürgermeister sehr‘ oder ,von jenem Wein nimmt der Pastor des Abends ein Glas‘, dann glaubt ihr gar nicht, was so eine Weinprobe alles nach sich ziehen kann. Selbst wenn – und das sageich nur im Vertrauen – die Reichen oftmals eher die günstigen Tropfen kaufen. Sind ja zumeist alles Langweiler und Geizhälse. Aber das ist ein anderes Thema.“ Er hob abwehrend die Hand. „Die Weinrunden – nun, ich denke, dass sie lange genug in meinem Haus stattgefunden haben. In anderen Städten ziehen sich die Weinhändler mit ihren Kunden zur Weinprobe in die Gaststuben zurück, doch das würde den Gattinnen meiner Kunden wenig gefallen. Und da ich diesmal die Frauen dabeihaben möchte – allerdings nur euch zu Gefallen, denn an diesen bissigen Gänsen liegt mir wenig –, könnte die Weinprobe in der Kruiderrie stattfinden. Da
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