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Die Friesenrose

Die Friesenrose

Titel: Die Friesenrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Oltmanns
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symbolisieren, in den Sumis Mann womöglich eingegangen war.
    „Wenn die Götter Erbarmen haben, dann werden wir dereinst wieder vereint sein. Der geliebte Mann sprach in seinenletzten Stunden oft und voller Sehnsucht von diesem Tag. Er versprach, auf einer Lotosblüte sitzend auf seine Liebe zu warten.“ Die Worte flossen leise und wie Honig über ihre Lippen. „Noch vor Kurzem wünschte diese traurige Chinesin, der Tag möge recht bald kommen. Doch nun“ – sie blickte Inken und Tjalda lächelnd an und straffte die Schultern –, „nun, wo sie Freunde und eine neue Aufgabe gefunden hat, wünscht sich dieses wechselhafte Wesen noch viele neue Tage auf Erden. In China sagt man: Keine Straße ist lang, mit einem Freund an der Seite.“
Friesengold
    „Dann hätte ich noch gerne ein Pfund Zwiebeln, ein Päckchen von dem Zucker dort und eine Hand voll Bonbons für die Kinder. Von den Gelben, bitte.“
    „Natürlich, Frau Müller.“ Mit einem Lächeln griff Inken in die große Glasdose mit den Honigbonbons.
    „Einen Liter Milch nehme ich auch noch.“ Inken rührte die Milch im Molkereikübel um und schöpfte sie dann in den mitgebrachten Krug.
    Die Augen der Kundin wanderten mittlerweile weiter. „Ach, wie wunderbar, Sie haben ja auch wieder diesen selbst gebackenen Mandelkuchen. Davon auch noch vier Stücke. Und draußen stehen so herrliche Äpfel. Ich gehe schon mal voran und fülle mir eine Tüte. Kommen Sie nach zum Abwiegen?“
    Inken nickte nur. Es war eine gute Ernte gewesen dieses Jahr, und der Sommer machte erst jetzt, Anfang Oktober, einem feuchtkalten Herbst Platz. Inken eilte Frau Müller hinterher, die sich zur Ausgangstür drängte. Ihre Augenstreiften die vielen Gesichter der Kunden, die geduldig warteten, bis sie an der Reihe waren.
    „Ich bin gleich wieder da!“
    In dem ehemaligen Lagerraum wirbelte Sumi mit einer gefüllten Teekanne umher. Abgetrennt vom Krämerladen, luden mehrere Tische und gemütliche Sitzgelegenheiten zum Ausruhen und Teetrinken ein. Inkens Blick streifte das an die Wand gehängte Stickbild mit den drei Freundinnen, die sich in den Armen lagen, während auf dem Tisch schon der Tee in den Tassen dampfte. „Tee und wahre Freunde muss man kosten“, war darauf zu lesen. Dieser Aufforderung kamen auch die Gäste in der Kruiderrie gerne nach, und Sumi hatte in der „Teestube“ alle Hände voll zu tun.
    „Womit kann diese Frau Ihnen dienen?“, hörte Inken sie fragen.
    Sie lächelte vor sich hin. Es war klar, womit Sumi den Besucherinnen dienen konnte. Dass sie einen fabelhaften Tee servierte, hatte sich in der Stadt wie ein Lauffeuer herumgesprochen. Die meisten Kunden kannten nur preiswerten Schwarztee in dünnen Aufgüssen, der allenfalls das unschmackhafte Trinkwasser würzte, aber nicht mit Sumis Mischung zu vergleichen war.
    Der Einfall, eine Teestube einzurichten, hatte sich als wahre Goldgrube erwiesen. Die Idee von Bonné war einfach hervorragend gewesen. Nach der Weinprobe in den Räumlichkeiten der Kruiderrie hatten ganze Besucherströme den Laden aufgesucht, und Inken meinte sagen zu können, dass seitdem alle Emder Frauen zumindest einmal ihre Füße in den Laden gesetzt hatten. Danach waren viele von ihnen treue Kundinnen geworden. Und dafür war nicht zuletzt der Tee mit verantwortlich.
    Endlich hatten auch die Hausfrauen einen Ort, an dem siesich mit Freundinnen treffen und in aller Ruhe eine Köstlichkeit genießen konnten. Abends gab es mittlerweile sogar feste Kreise, die sich in der Teestube trafen. Selbst die Frauen des kirchlichen Singkreises hatten ihr wöchentliches Treffen dorthin verlegt und nutzten ihre halbstündige Übungspause, um sich von Sumi verwöhnen zu lassen.
    Tagsüber brachte allein der immer gegenwärtige Duft des Tees die wartende Kundschaft dazu, sich die Zeit mit einem Tässchen zu versüßen. Der Duft des Tees überdeckte alles – selbst den Geruch des Tabaks und den der Essiggurken in den Fässern.
    Jemand zupfte Inken am Ärmel. „Das ist ja ein ganz exzellenter Tee, den die Chinesin dort drüben ausschenkt. Kann man die Mischung denn auch bei Ihnen kaufen?“
    Inken bejahte. „Selbstverständlich. Wir nennen sie Friesengold , und Sumi füllt täglich neue Spitztüten damit ab. Sie geht sehr sorgfältig mit dem Tee um. Selbst die kleine Schaufel zum Umfüllen ist vorne abgerundet, um den Blatt-Tee nicht unnötig zu zerbrechen. Wir kaufen zudem nur Tee von wirklich guter Qualität ein. Sumi lässt sich Proben ins Haus

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