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Die Frucht des Bösen

Die Frucht des Bösen

Titel: Die Frucht des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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ist nur noch eine Frage der Zeit. Fürs Erste hat man ihn ins Krankenhaus gebracht.»
    «In welches?», frage ich aufgebracht.
    «In dieses hier. Es hat eine Abteilung für Kinderpsychiatrie, oben in der achten Etage. Evan steht rund um die Uhr unter Beobachtung.»
    Ich reiße die Augen auf. Michael hebt wieder wie zur Abwehr eine Hand. «Ich will’s nicht hören. Darren hat sich noch mal unser Scheidungsurteil durchgelesen. Ich habe als Evans Vater immer noch vormundschaftliche Rechte und Pflichten. Ich werde vor Gericht den Antrag stellen, dir das Sorgerecht zu entziehen, solange du körperlich und emotional nicht wieder auf der Höhe bist. Unser Sohn hat eine schwere Psychose. Er ist oben auf der geschlossenen Station und wird dort bleiben.»
    «Er ist doch noch ein Kind –»
    «Deshalb wird er in der Kinderpsychiatrie behandelt. Und zwar im Rahmen eines vielversprechenden Soforthilfeprogramms. Von allen Fachärzten wegen seines fortschrittlichen Ansatzes empfohlen. Du kannst ihn jederzeit besuchen, vorausgesetzt, du hast dich bald wieder erholt.»
    «Mistkerl.»
    «Vielleicht hätte ich das schon eher sein sollen», entgegnet er ungerührt. «Uns wäre das jetzt erspart geblieben.»
    «Ich bin keine schlechte Mutter», flüstere ich. Dumm, so etwas zu sagen, wenn man gerade vom eigenen Sohn fast erstochen worden ist.
    Aber Michael scheint zu verstehen. Seine Miene glättet sich, und ein Teil der Spannung wandert in die Schultern. Er seufzt, massiert sich die Schläfen. Seufzt wieder. «Nein, du bist keine schlechte Mutter, Victoria. Und ich bin kein schlechter Vater, und Evan, wenn er bei sich ist, ist kein schlechtes Kind. Trotzdem sind wir hier gelandet.»
    «Was geschieht nun?»
    «Ich weiß es nicht.»
    «Ich werde jedenfalls keine Anzeige erstatten», erkläre ich trotzig. «Und ohne die kann man ihn doch nicht verhaften, oder?» Mein Magen dreht sich um. Ich fürchte, mich erbrechen zu müssen.
    Michael schüttelt den Kopf. «So einfach ist das nicht, Victoria. Er ist mit dem Messer auf dich losgegangen und hat das auch so der Polizei gestanden. Sie wird die Staatsanwaltschaft einschalten, die dann entscheidet, ob ein Haftbefehl gegen ihn ergeht. Darren meint, sie wird sich wahrscheinlich mit der Unterbringung in der Psychiatrie vorerst zufriedengeben und auf eine Einweisung in eine Jugendhaftanstalt verzichten. Darüber hinaus werden wir alles daransetzen, dass er sich psychisch stabilisiert. Wenn das der Fall ist, wird das Gericht vielleicht ein Auge zudrücken. Aber das dauert seine Zeit, Victoria. Er braucht Zeit, du brauchst sie, und auch das Strafverfahren wird nicht von heute auf morgen eingestellt. Es kommt einiges auf uns zu.»
    Ich weiß, was er meint. Evan wird auf unbestimmte Zeit eingesperrt sein. Mein Sohn, acht Jahre alt, womöglich für immer zu einem Leben in Anstalten verurteilt.
    Jetzt blicke ich weg und starre auf die weiße Wand.
    Es gibt so vieles, was ich meinem Sohn gern sagen würde. Dass ich ihn liebe. Dass ich nach wie vor an ihn glaube. Ich habe die Finsternis in seinen Augen gesehen, das leugne ich nicht. Aber ich habe auch Licht darin gesehen und all die Momente miterlebt, in denen Evan er selbst war. Um nichts in der Welt hätte ich auch nur einen dieser Momente missen mögen.
    Mir fällt etwas ein. Ich hebe den Kopf und schaue meinen Mann an. «Du sagtest, ich hätte Glück gehabt, schnell genug vom Rettungsdienst ins Krankenhaus gebracht worden zu sein. Wer hat ihn gerufen?»
    Michael steckt seine Hände in die Taschen. «Evan», sagt er schließlich. «Er hat die 911 gewählt und gesagt, dass er seine Mutter niedergestochen hat. Dass du blutest und Hilfe brauchst.»
    «Er wollte mich retten.»
    «Vielleicht. Vielleicht nicht. Der Mann, der seinen Notruf entgegennahm, hat ihn gefragt, was geschehen sei. Es ist kaum zu fassen, was unser Sohn geantwortet haben soll.»
    «Was denn?»
    «Er sagte, er habe getan, was der Teufel von ihm verlangt hat. Und dass der Krankenwagen schnell kommen müsse, weil der Teufel noch nicht fertig wäre.»

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    29 . Kapitel
    Danielle
     
    Als Tante Helen die Tür öffnete, fielen mir als Erstes ihre geröteten Augen auf. Sie versuchte, ihre Tränen zu verbergen, fuhr mit beiden Händen durch die kurzen braunen Haare und übers Gesicht, doch die Wangen blieben feucht und fleckig. Anscheinend sah auch sie bald ein, dass wir uns beide nichts vormachen konnten. Sie winkte mich herein.
    Vor Jahren schon war sie aus ihrem

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