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Die Frucht des Bösen

Die Frucht des Bösen

Titel: Die Frucht des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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Ozzie? In der Gerüchteküche brodelt es. Man munkelt, dass alle aus der Familie wie Schweine abgeschlachtet worden sind. Ich habe immer schon für möglich gehalten, dass dieser Junge eines Tages etwas Schreckliches anrichtet.» Sie seufzte. «Wenn auch nicht gerade so etwas Schreckliches.»
    «Miss Patsy, wie kommen Sie darauf, dass Ozzie zu so einer Tat fähig gewesen wäre?»
    Die Alte ließ ein kleines Schnauben vernehmen. «Sie können sich das nicht vorstellen. Der Junge rannte den ganzen Tag die Straße rauf und runter, von morgens bis abends, wenn man ihn ließ. Weil er nicht still sitzen konnte, musste er während des Gottesdienstes mit den anderen Kleinkindern in der Krippe beaufsichtigt werden. Er zappelte ständig herum, rollte seine Hosenbeine rauf und runter, rauf und runter, stand auf, setzte sich wieder, rutschte nach rechts, rutschte nach links. Ich habe noch nie ein Kind gesehen, das so neben sich stand.
    Und er kannte keine Grenzen, kam ohne zu klopfen zur Tür hereinspaziert und machte es sich in fremder Leute Wohnungen bequem, als gehörten sie ihm. Einmal gab es diesen Zwischenfall bei den Hardings auf der Veranda. Der Junge behauptete zwar, der Grill wäre aus Versehen umgekippt, aber ich glaube eher, er hat die glühende Kohle absichtlich auf die Holzdielen geworfen. Wenn er sich angegriffen fühlte, konnte er regelrecht ausrasten. Habe ich das mit dem Eichhörnchen erwähnt?»
    «Nein, das haben Sie nicht.»
    «Er hat mit Steinen nach Eichhörnchen geworfen und einfach nicht gehört, wenn ich mit ihm geschimpft und gesagt habe, er soll die armen Tierchen in Ruhe lassen. Einmal habe ich ihn in meinem Garten erwischt, wie er ein Eichhörnchen aus dem Vogelhäuschen zerrte. Er hatte es beim Schwanz gepackt, schwang es wie ein Lasso überm Kopf und ließ dann den Kopf gegen den Vogelhauspfosten krachen. Schrecklich, ganz schrecklich. Überall Blut. Er stand vor dem toten Tierchen und grinste. So grinst kein normales Kind, Detective. Normale Kinder lecken sich nicht das Blut von den Händen.»
    D. D. fehlten die Worte. Auch Phil und Alex schienen sprachlos. «Und was … was passierte dann?», fragte sie schließlich.
    «Das war im Mai oder Juni, jedenfalls irgendwann zu Sommeranfang. Ozzie durfte danach nicht mehr allein aus dem Haus. Meist hat sein älterer Bruder Jacob auf ihn aufgepasst. Jacob ist ein guter Junge. Kräftig und schnell, mit einem guten Wurf, wie man hört. Sein Vater meint, dass er das Zeug für einen Quarterback hat. Jacob scheint Ozzie im Griff zu haben.»
    Miss Patsy stockte. Offenbar war ihr aufgefallen, dass sie von Jacob im Präsens gesprochen hatte. «Oh», schluckte sie, und dieses kleine traurige Wort sprach Bände über eine Familie, die nicht mehr existierte.
    D. D. ließ ihr Zeit, um sich zu fassen, und nahm noch einen Schluck Eistee. Sie hatte ihr Glas fast geleert. Wie ihre beiden Kollegen auch.
    Alex beugte sich vor. Er schien etwas fragen zu wollen. D. D. nickte ihm knapp zu.
    Er räusperte sich. «Miss Patsy?»
    Die Alte schaute zu ihm hin.
    «Waren Sie gestern Abend zu Hause?»
    «Ja, Sir.»
    «Haben Sie irgendetwas gehört?»
    «Nichts Ungewöhnliches. Die Klimaanlage war am Laufen, und die ist so laut, dass man kaum was anderes mitbekommt.»
    «Haben Sie tagsüber mit jemandem aus der Familie gesprochen?»
    «Nein, Sir. Als ich meinen Abendspaziergang gemacht habe, war Denise gerade mit einem Besen auf der Veranda zugange. Ich habe ihr zugewinkt. Und sie hat zurückgewinkt.»
    «Hat sie Besuch erwartet?»
    «Davon weiß ich nichts.»
    «Ist Ihnen ein fremdes Auto auf der Straße aufgefallen?»
    «Da waren mehrere. Das ist immer so zu dieser Jahreszeit, wenn überall gegrillt wird.» Sie schmunzelte. «Wir hier in Dorchester verstehen zu feiern.»
    «Gab es vielleicht jemanden, der mit Patrick oder Denise Ärger hatte?», fragte D. D. «Haben die beiden jemals von Streitigkeiten gesprochen? Wie war ihr Verhältnis zu den Ex-Ehepartnern?»
    «Patrick war Witwer, und Denise hat nie von ihrem Exmann gesprochen. Ich glaube, er spielte überhaupt keine Rolle mehr in ihrem Leben, und ich habe auch nie gesehen, dass er die Kinder übers Wochenende abgeholt hätte.»
    D. D. machte sich eine Notiz. «Schwere Zeiten», sagte sie leise und schaute Miss Patsy an. «Es scheint, Patrick und Denise hatten viel um die Ohren. Drei Kinder, von denen eins besonders schwierig war. Dazu dieses Haus, das von Grund auf renoviert werden musste. Dann verlor Patrick auch noch

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