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Die Frucht des Bösen

Die Frucht des Bösen

Titel: Die Frucht des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Gardner
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wirklich dumm.» D. D. nahm sich eine weitere Scheibe Brot.
    «Wir müssen uns deshalb über Freunde und Nachbarn ein Bild von der Familie machen. Da haben wir zum einen eine reizende alte Dame, Miss Patsy –»
    «Sehr reizend», warf D. D. ein.
    «Mit köstlichem Eistee», sagte Alex, «für meinen Geschmack allerdings ein bisschen zu fixiert auf zerbrechlichen Nippes.»
    «Niesen sollte man in ihrem Haus jedenfalls nur, wenn man gut versichert ist.»
    «Miss Patsy ist von Denise und Patrick sehr angetan. Sie hält die beiden für gute Eltern, fromme Christen und rundum umgängliche Nachbarn, die zwar große Sorgen hatten, damit aber bestens umzugehen verstanden. Weniger sympathisch findet Miss Patsy den adoptierten Sohn Ozzie, der mit gruseligen Aktionen auf sich aufmerksam gemacht hat.»
    «Leckt sich Blut von der Hand …» D. D. schüttelte sich.
    «Der zweite Nachbar, Dexter Harding, kann ein paar Details ergänzen. Die wirtschaftliche Lage der Harringtons scheint angespannter gewesen zu sein, als Miss Patsy vermutet. Dexter will von Patrick erfahren haben, dass die Familie pleite war.»
    «Ja, aber laut Dexter hatte Patrick einen Plan», ergänzte D. D. «Patrick wollte in zwei Wochen mit der Renovierung des ersten Obergeschosses fertig sein und rechnete damit, in spätestens sechs Wochen einen Mieter für die Wohnung gefunden zu haben. Zwei Monatsmieten im Voraus plus Kaution hätten der Haushaltskasse gutgetan.»
    «Die finanzielle Situation war also nicht aussichtslos, und es bestand Grund zur Hoffnung.»
    «Mit anderen Worten: Patrick stand zwar unter Stress, der aber nicht so groß gewesen sein konnte, dass er Selbstmordabsichten hegte. Warum jetzt schon Amok laufen und nicht erst dann, wenn sich kein Mieter finden und das erhoffte Geld ausbleiben würde?»
    «Wäre logischer, ja», stimmte Alex zu. «Und trotzdem: Patrick und Denise standen beide unter Stress. Vielleicht gab es gestern Abend am Esstisch Streit, ausgelöst durch ein falsches Wort. Von der Tochter etwa, die wieder einmal ins Shoppingcenter wollte, oder vom ältesten Sohn, dessen Footballtrikot teurer als angenommen ist. Irgendein Schalter wird umgelegt, und zack! – die Katastrophe nimmt ihren Lauf.»
    «Patrick erträgt die Vorstellung nicht, dass sie das Haus verlieren und die Kinder womöglich in ein Heim kommen könnten», führte D. D. aus. «Plötzlich ist er davon überzeugt, dass es besser wäre, sich und alle anderen zu töten. Aus unserem wackeren christlichen Nachbarn wird plötzlich ein Mörder.»
    Die Kellnerin servierte das Essen auf ovalen Tellern. Allein schon der Duft ließ D. D. das Wasser im Mund zusammenlaufen. Sie bestreute ihr Filet mit Parmesan und machte sich darüber her.
    «Es könnte auch der Bengel gewesen sein», sagte sie nach dem dritten Bissen mit vollem Mund.
    «Welchen meinen Sie?», fragte Alex. Er ließ sich mit seiner Lasagne mehr Zeit. Sehr kontrolliert, dachte sie. Was vielleicht nicht die schlechteste Eigenschaft für einen Ermittler war. Was hatte ihn wohl von der Praxis in den Seminarraum gelockt und nun wieder zurück in die Praxis?
    «Ozzie natürlich», antwortete sie. «Der Eichhörnchen-Freund. Sie haben doch nicht etwa den Ältesten in Verdacht, oder?»
    Dexter Hardings hatte eine interessante Neuigkeit für sie gehabt: Die Familie Harrington bestand nicht nur aus fünf, sondern sechs Personen. Patrick hatte noch einen Sohn aus erster Ehe, den Gefreiten William Edward Harrington, genannt Billy, der zurzeit im Irak stationiert war. Ihm zuliebe legte Denise manchmal ein sechstes Gedeck auf den Tisch.
    Die Frage des mysteriösen Gastes war damit geklärt. Dem armen Billy standen schlimme Nachrichten von zu Hause bevor.
    «Ob er wirklich im Irak ist, müssen wir noch prüfen», sagte Alex.
    «Sicher.»
    Er schmunzelte. «Schmeckt’s?»
    «Phantastisch.»
    «Das sieht man.»
    «Und Ihre Lasagne?»
    «Fast so gut wie die meiner Oma.»
    D. D. musterte ihn mit kritischem Blick. «Sie wollen mir weismachen, dass jemand, der mit Nachnamen Wilson heißt, ein Experte in Sachen Pasta ist?»
    «Meine Mutter ist eine geborene Capozzoli.»
    «Verstehe. Eine Großmutter mit Namen Capozzoli muss kochen können.»
    «Ich habe viel von ihr gelernt.»
    Verdutzt ließ D. D. ihre Gabel in der Luft schweben. «Sie kochen.»
    «Meine Leidenschaft. Es geht nichts über einen Sonntagnachmittag, an dem ich frische Pasta ausrolle, während auf dem Herd eine Bolognese vor sich hin köchelt.»
    D. D.

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