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Die Frühstücksfreundin

Die Frühstücksfreundin

Titel: Die Frühstücksfreundin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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findet.«
    Noch zehn Minuten.
    Was soll er machen? Er wird mit Franziska fahren. Sidonie kann er ja anrufen im Büro, sich entschuldigen. So wird es das Beste sein. Anders geht es nicht.
    Beim Öffnen der Schleuse zwischen Amtsluft und Stadtluft hält er den Atem an: Sidonie. Im Wagen, genau vor der Tür. Soll er die beiden miteinander bekannt machen? Warum nicht? Es ist ja nichts. Sidonie dreht sich ihm entgegen, als wolle sie den Türriegel von innen lösen. Sie weiß nicht, wer die Frau ist, der er die Tür auf hält. Für sie ist es selbstverständlich, daß er jeder Frau die Tür aufhält. Eine Situation, mit der ein Unbescholtener fertig werden muß. Aber ihm fehlt die Souveränität. Starr geht sein Blick vorbei, er nimmt Franziska am Arm, haltend und haltsuchend.
    »Das hast du schon lange nicht mehr gemacht.«
    »Was?«
    »Mich so am Arm genommen. So behutsam und fest. Es ist wirklich wie früher, als hätten wir uns heimlich getroffen.«
    Sie bleibt stehen, neigt sich zum Kuß herüber. Sidonie! Das ist meine Frau. Verstehen Sie? — sendet er nach hinten — meine Frau ist das! Fahren Sie los! Fahren Sie vorbei! Bitte!
    »Robert, was ist? Wirst du abgeholt?«
    Wie aufs Stichwort ist der Motor angesprungen. »Nein, ich geh’ mit dir.«
    Schon wieder hat er gelogen, fließend gelogen. Sidonie fährt vorbei.
    »Du hältst mich vielleicht für sentimental, aber laß uns irgendwo einen Kaffee trinken«, bittet Franziska, »so wie früher.«
    »Ich muß zurück in die Firma, Liebes.«
    »Schade. Ich hätte mich gefreut.«
    Ersatzweise fahren sie mit dem öffentlichen Verkehrsmittel, wie früher. Franziska muß umsteigen und sagt ihm, wie er fahren muß. Als Nichtautofahrerin kennt sie sich aus mit Anschlüssen, Stationsnamen, Fahrkartenautomaten, Zuschlägen. Geschmeidig geht das alles, flink, ohne Aufwand.
    »Es war sehr schön. Von mir aus kannst du wieder einen Schuh in der Tür lassen. Aber dann trinken wir
    anschließend Kaffee.«
    Er ist ein Schwein. Zeitlich hätte er mit Franziska sogar zu Mittag essen können. Bis er zurückkommt in die Firma, fängt gerade die Mittagspause an. Aber er kann jetzt weder essen noch reden. Er braucht Ruhe, um die Unruhe zu genießen. Und Sidonie muß er erreichen. Kurzatmig, wie das Glück, schnappt er Luft, versucht zu ordnen. Dreimal haben ihn seine Füße schon an dem Säulenportal vorbeigetragen. Wo ist ihr Wagen? Hätte er sich nur die Nummer gemerkt. Das Vehikel stellt keine Rarität dar, und die Parklücke ist natürlich weg.
    Nachdem das Trommelfeuer von Mahlzeit-Mahlzeit-Zurufen das Betriebsklima vor der zweiten Arbeitsrunde neu angeheizt hat, wird die Sekretärin mit Arbeit eingedeckt, die es ihr unmöglich macht, ihn während seiner telefonischen Bemühungen zu stören. Träge meldet sich die Vermittlung der Bank, doch Robert erschrickt. Wie heißt Sidonie mit Nachnamen? Tiedemann, alle sagen nur Sie oder gelegentlich Frau Sidonie.
    »Ich hätte gern die Auslandskorrespondenz, Frau Sidonie...« Er läßt einen undefinierbaren Laut anklingen, den er sofort in einen Hustenreiz überführt. Dummerweise, denn das Eigengeräusch behindert sein wachsames Ohr, genau in dem Augenblick, da die Telefonistin den angehusteten Namen wiederholt. Erfolg: Er muß in der Auslandskorrespondenz den Husten wiederholen. Mit demselben Erfolg. Der Mann am anderen Ende — wieso ein Mann? luchst der Mann in ihm, hengstbissig — dieser unerwünschte Mann ist umfassend informiert und versteigt sich obendrein in der Tonart.
    »Die ist nicht da. Die ist zum Arzt. Die kommt heut’ nicht mehr.«
    Wüßte Robert den Namen, er könnte im Telefonbuch nachschlagen und Sidonie zu Hause anrufen. Denn die Nummer gibt ihm der Kerl nicht.
    »Die soll sie Ihnen selber geben. Tut mir leid.«
    In solcher Verstrickung wirkt sogar Karl als Freudenspender, der sich meldet, kaum daß Robert aufgelegt hat. Er ist wieder da, organisiert mit Elan die Freizeit seiner Freunde. Zuerst Tennis mit Robert, anschließend Essen mit den Frauen, am liebsten bei Franziska, deren Küche er schätzt.
    »Abgemacht«, sagt Robert. Die nervliche Hochkonzentration über den Muskel entspannen, und dann die Stunden mit einem Freßabend füllen, damit sie nicht auf der Stelle schaukeln, wie der Nachmittag — Ablenkung, die braucht er jetzt.
    Der Freund ist pünktlich. Es gelingen lange Ballwechsel. Auf seinen stämmigen Beinen kann Karl die gut plazierten Drives kaum erlaufen, kaum erschnaufen.
    »Was ist denn mit dir los? Du

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