Die Frühstücksfreundin
oder kommt ihm das nur so vor?
Franziska war im Café, Tiedemann hat ihr gesagt, der Gatte sei schon weg, die Straße hinauf. Er gehe meist zeitig, wegen des Rauches.
»Ich dachte schon, ich treffe dich mit deiner Frühstücksfreundin.«
Roberts Blick stahl sich hinauf an den Säulen der Bank, in der sie arbeitet, er lächelte blaß.
»Aber Liebes, was soll denn das?«
Gemein war das von ihm. Kein Haar besser als Karl.
»Ich hätte sie gern mal gesehen.«
Heiß wurde ihm und kalt. Sein Lächeln stand wie eine Grimasse. Franziska war mit ihrem Gedanken beschäftigt.
»Was hättest du gemacht, wenn ich dich mit ihr getroffen hätte?«
Hätte er nur ihren Rat befolgt und wäre im Bett geblieben.
»Sag, was hättest du gemacht?«
Robert wischte sich die naßkalte Stirn ab.
»Darf ich bekannt machen, hätte ich gesagt: Meine Frühstücksfreundin — meine Frau.«
Franziska blieb stehen, ernst.
»Warum fährst du eigentlich nicht mit der Stadtbahn? Die Haltestellen sind genau vor der Tür.«
Robert zeigte Erstaunen und Unkenntnis. Das habe er nicht gewußt, das sei zu bedenken, doch jetzt fühle er sich dazu nicht in der Lage, die Morgenluft sei ihm zu kühl für eine weitere Runde um den Block, nach dem Tag im Bett. Kurzerhand brachte er Franziska zu der günstig gelegenen Haltestelle, vermied wieder den Kuß, winkte dafür ausgiebig und betrachtete ihren Mantel mit den Kunststückchen, mit dem Knopf zwischen den Schulterblättern vor allem.
Es war noch Zeit.
Im Café saßen die Frühparker. Und Sidonie. Als er sich gegen die schwere Tür lehnte, sah Tiedemann auf.
»Ihre Frau hat Sie gesucht. Übrigens eine ganz bezaubernde Frau.«
»Sie hat mir meine Medizin gebracht.«
»Das nenne ich brav. Meine täte das nie.«
Sidonie setzte die Tasse ab und sah ihn an.
»Na«, fragte er forsch, »haben Sie gefunden, was Sie vergessen hatten?«
»Ich hatte es dabei. Der Weg war völlig umsonst.«
»Wenigstens sind Sie noch zu Ihrem Frühstück gekommen.« Robert hielt den vorbeimuffelnden Kellner auf: »Ich brauche jetzt einen Cognac.«
»Keine schlechte Idee«, sagte Sidonie, »bringen Sie mir auch einen.«
6. Sich nicht verändern
Dieser Karl!
Ließ sie einfach sitzen, an einem ihrer Freßabende. Ausgerechnet. Dabei hatten sie alles perfekt organisiert. Es gab eine chinesische Spezialität: Schweinefleisch süßsauer mit Ananas und Paprika — Karls Lieblingsgericht. Karin verstand sich auf die chinesische Küche. Vor- und Nachspeise, einen gemischten Fisch- und Fleischsalat und einen Obstsalat mit Feigen und Nüssen hatte Franziska mitgebracht. Alles war fertig, nur Karl ließ auf sich warten.
Schließlich rief Karin bei den Leuten an, mit denen er, nach eigener Angabe, am späten Nachmittag eine Besprechung hatte. Sie waren sehr freundlich, die Leute, bedauerten nur, ihn seit Monaten nicht gesehen zu haben.
»Es wird ihm was dazwischengekommen sein, wie immer«, trat Robert für den Freund ein, für diesen leichtsinnigen Kerl, dessen Unbekümmertheit er insgeheim bewunderte. Franziska sah ihn an. Sie trug das gelbe Kleid, das er nicht mochte. Wäre er nur zu Hause geblieben, bei Bratkartoffeln und Spiegelei.
Noch fünf Minuten zeigte Karin Haltung. Dann entschied sie:
»Wir fangen an.«
Da klingelte es.
»Dieser Egozentriker. Er hat doch Schlüssel.«
Mit vollem Mund lief Karin hinaus; Franziska, in ähnlicher Lage, wollte etwas sagen, stutzte aber, wie auch Robert, über die zwar undeutliche, doch eindeutig als Sopran erkennbare Stimme. Das Hausmädchen konnte es nicht sein, das hatte frei. Auch hätte der Text nicht gepaßt, denn der Sopran sang von Entschuldigung und vom Wunsch des Doktors , ihn hier zu erwarten; der andere, der Keine Ursache sang und Selbstverständlich , gehörte Karin. Dann erschien das Duett.
Christine.
Ein Zögern beim Anblick des Freundes ihres Freundes überbrückte die ahnungslose Karin mit Vorstellung und erklärenden Worten. Die junge Dame sei von Karl gebeten worden, ihn hier zu erwarten.
»Er wird gleich kommen. Er ist noch bei meinem Mann«, bestätigte Christine mit dankbarem Blick zu Robert, der sich hatte vorstellen lassen, als wäre ihre Begegnung Premiere.
Verheiratet, sieh an! Und Karl bei ihrem Mann. Was hatte der sich da wieder ausgedacht? Die Sache begann Robert zu amüsieren.
Karin hatte noch keine Einstellung zu dem Überfall und rang mit ihrer Haltung. Doch Franziska ließ keine peinliche Pause entstehen, wandte sich zuerst an die Gastgeberin,
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