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Die Frühstücksfreundin

Die Frühstücksfreundin

Titel: Die Frühstücksfreundin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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gearbeitet hat, weiß sie, es geht ihm besser, und er kann morgen wieder ins Büro. Arbeit! Das ist überhaupt der Einstieg. Beziehungsweise Ausstieg.
    Auch die harte Sache arbeitet, der Puls zieht an. Doch der Körper wird das Zeug schon verkraften. Ein Blick auf den Wecker: Jetzt könnte die Sitzung zu Ende sein. Schon kreist der Zeigefinger, gleich wird sie da sein, die vertraute Stimme. Noch ein mechanisches Geräusch — da ist sie...
    »Da sind wir wieder.«
    Mit dem Plural war Karin gemeint, die tragen half. »Das ging aber schnell.«
    Fast hätte er vergessen, den Hörer aufzulegen. Es klingelte leise nach.
    »Du hast telefoniert?«
    »Ich wollte gerade. Mit dem Büro. Aber das eilt nicht.«
    »Und sogar gearbeitet hast du.«
    Die Akte auf dem Kristallaschenbecher war ihr nicht entgangen.
    »Dann geht’s dir ja schon wieder recht gut. Hast du die Tropfen genommen?«
    »Alles.«
    Auch seine Rasur, die ihr gleichfalls nicht entging, zählte sie zu den Pluspunkten — eine Folge der Tropfen, ohne Zweifel. Ihn zum Essen aufstehen zu lassen, hielt sie indes für verfrüht, schon der Kinder wegen, die ja bekanntlich alles aufschnappen. Es blieb bei einem Mahlzeit-Winke-Winke an der Tür.
    »Pappi, ich hab ’ne Zwei im Diktat.«
    Da freute sich der Pappi über seine Tochter, lächelte und lobte gequält, ließ sich nicht anmerken, wie sehr die harte Sache sein Herz beschleunigte.
    Mittagspause.
    Jetzt würde Sidonie in ihrem Büro sitzen, allein, und einen Apfel essen — die Gelegenheit, um mit ihr zu reden. Vielleicht ging Franziska nach dem Essen mit den Kindern auf die Wiese hinter das Haus? Sie tat es, kam aber schon wieder, als er die fünfte Ziffer wählte, und brachte Karl mit.
    »Na, alte Memme. Was hat dich denn umgehauen?«
    So dumm kann wirklich nur ein Mann daherreden. Dabei war es ausgesprochen nett von ihm, sich um seinen kranken Freund zu kümmern. Sogar Zeit hatte er, ließ sich schwer und männlich nieder; Franziska ging weg, um Kuchen zu kaufen. Unter Männern hätte Robert telefonieren können, hätte sich sogar aufgewertet bei seinem Freund, der ihm in dieser Beziehung nichts zutraute. Doch er riskierte nichts.
    Immerhin konnte Robert die harte Sache noch einmal einnehmen. Karl erzählte von sich, von Christine, von dem Unfall — eine glatte Versicherungssache — und merkte nicht, wie er Robert auf die Nerven fiel.
    Als Franziska ihn endlich hinausbegleitete und die Kinder holen wollte, steckte Roberts Finger schon in der Wählscheibe. Jennifer und Martin zeigten, daß sie selbständige Kinder waren: Sie hatten sich gelangweilt und kamen von allein zurück, die Mami mußte nicht mehr weg, sie blieb bei Robert, lenkte ihn ab, bis er wieder ruhiger wurde, ließ ihn ruhen, bis er vor Unruhe nach ihr rief, um sich wieder ablenken zu lassen. Die harte Sache ängstigte ihn. Sein Herz leistete Schwerarbeit. Bis in den Morgen fand er immer wieder Gelegenheit, darüber nachzugrübeln, wie Franziskas Fürsorge am besten zu entrinnen sei.
    Schlaf weiter, Liebes. Du brauchst nicht aufzustehen. Ich bin wieder in Ordnung, würde er flüstern und hinausschleichen. Noch besser schien es ihm, den Wecker abzustellen und sich unbemerkt hinauszustehlen.
    Das war die Rechnung ohne Liebe gemacht.
    Franziska erwachte pünktlich, an den Wellen seiner Aktivität, auch ohne Wecker und schlenzte stumm das Quecksilber auf fünfunddreißig Grad hinunter. Roberts linker Fuß hatte den Pantoffel noch nicht ertastet, da schob sie ihm von hinten das Thermometer unter den Arm.
    Mit sachlichen Bemerkungen, sein Wohlbefinden betreffend, versuchte er Franziska abzulenken, da landeten ihre Fingerkuppen weich hinter seiner Handwurzel.
    »Ein bißchen schnell. Es arbeitet noch in dir.«
    »Und ich werde außen dagegenarbeiten. Das ist besser als da herumliegen und sich beobachten.«
    Es gab wieder Tropfen; die Meßzeit kroch, während der Zeiger des Weckers raste. Dabei galt es heute besonders zeitig im Café zu sein. Er mußte Sidonie sprechen, bevor sie ihren Spaziergang an einen anderen vergab. Sie wußte ja nicht, daß er kommen würde. »Na ja, es geht.«
    Franziska schlenzte das Quecksilber wieder hinunter; die harte Sache hatte ihre Sache gut gemacht.
    »Zum öffentlichen Verkehr freigegeben?« alberte er, peinlich bemüht, nicht durch schnelle Bewegung Eile zu verraten. Zittrig geführt, kennzeichnete der Rasierapparat seinen Weg, fiel der Knoten der uni Krawatte zu groß aus, sprang ein Hemdknopf ab. Doch alles geschah

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