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Die Frühstücksfreundin

Die Frühstücksfreundin

Titel: Die Frühstücksfreundin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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leise, ohne Aufsehen.
    Die Mappe!
    Es half nichts, er mußte zurück ins Schlafzimmer, ohne Hast, ganz gemächlich mit naßkalter Stirn. Lieb sah sie ihm zu.
    »Ich mache mir doch Sorgen.«
    »Bitte nicht, Liebes.«
    Es klang beruhigend; er nickte zuversichtlich und ging ohne Kuß.
    Sidonie!
    Wenn sie ein bißchen hellfühlig ist, dann kommt sie, bevor die andern kommen.
    Aus der Tiefgarage schoß der Wagen, als gelte es, den Schlagbaum einer Diktatur zu durchbrechen. Dann hatte ihn die Demokratie mit ihren Plastikbezügen in muffiger Profitrestauration.
    »Hallo.«
    Es reichte gerade noch zu knapper Absprache, da strömte Tiedemanns Fröhlichkeit herein.
    »Na, wo haben Sie denn gesteckt, gestern?«
    »Entschuldigung«, Sidonie stand auf, »ich muß nochmal nach Hause. Habe was liegenlassen. Bis morgen.«
    Ein guter Einfall von ihr.
    Robert trank seinen Tee aus, trocknete die naßkalte Stirn, zwang sich zu einem Brötchen. Er hätte im Bett bleiben sollen. Noch drei Minuten Tiedemanns Geschwätz anhören, dann zahlen.
    »Bis morgen.«
    Die schwere Tür ließ sich heute noch schwerer bewegen. Gemächlich verließ er das Café, winkte noch einmal zurück, bis die Bretterwand ihn den Blicken der Frühparker entzog.
    »Die gnädige Frau hat Nummer 21, unser schönstes Doppelzimmer.«
    Tonart und Grinsen des Schlüsselgewaltigen mißfielen Robert, die Souveränität, mit der er beides ignorierte, kam von der Schwäche.
    Dann können sie endlich Endlich sagen.
    Sein Mund, von ihrem Mund freigegeben, berichtet im Telegrammstil von den Leiden der letzten vierundzwanzig Stunden ohne Verständigungsmöglichkeit. Sidonie leidet mit.
    »Es ist schrecklich, wenn man nichts weiß, in der Luft hängt. Ich war sogar leichtsinnig und habe zweimal bei Ihnen angerufen. Aber es war immer besetzt.«
    Lieb droht er ihr mit erhobenem Finger:
    »Das ist gegen unsere Abmachung.«
    »Ich weiß, aber...« Sie küßt den Finger.
    Das Fenster ist offen, weil es vom Vormieter nach Zigarre riecht, was er nicht riecht. Auch nicht die eingesprühte Frische des grünen Frotteetuchs. Seine Arme umfassen Sidonie, aber irgend etwas stört ihn, zieht Aufmerksamkeit ab: kühle Morgenluft, die mit feinem Strom auf seinen bettverwöhnten Rücken zielt.
    »Ich muß das Fenster zumachen.«
    Zärtlich folgt ihm ihr Blick.
    »Sie haben breite Schultern. Ich mag das...«
    Da fallen sie, die breiten Schultern, fällt die Hand am Fenstergriff.
    »Franziska! Drüben. Sie kommt die Straße herunter.« Robert atmet schwer, ihm wird übel.
    »Sind Sie ganz sicher?«
    Es gibt keinen Zweifel, er kennt doch seine Frau. Vier Hände greifen Kleidung.
    »Damit muß man immer rechnen«, sagt sie.
    »Und was mach’ ich jetzt?«
    »Sie gehen zu ihr.«
    »Und was sag’ ich?«
    »Glauben Sie, daß sie uns nachspioniert?« fragt Sidonie. Das hält er für ausgeschlossen. Oder doch? Sidonie sagt nichts mehr; noch ein vorsichtiger Blick:
    »Sie ist verschwunden!«
    »Sie wird ins Café sein«, vermutet Sidonie.
    »Dort wird es heißen, ich sei spazieren. Falls sie fragt.«
    »Hat man Sie ins Hotel gehen sehen, Robert?«
    »Nein. Ich glaube nicht. Ich will mich jetzt nicht verrückt machen.«
    »Sie sind auf sie gefaßt, Robert. Das hilft in jedem Fall.« Mit einem zuversichtlichen Lächeln entläßt sie ihn, ohne Kuß.
    Ruhe! Damit muß man rechnen. Er ist gefaßt. Am besten gleich ins Café.
    Diesmal grinst der Portier nicht.
    »Robert.«
    Nie hat ihn sein Name derart elektrisiert. Das Erstaunen kommt täuschend echt; der Bretterzaun hat sie verdeckt.
    »Franziska. Was tust du denn hier?«
    »Du hast deine Tropfen vergessen.«
    Erleichtert rudern seine Arme; die Bewegung kann auch besagen: Ich Idiot! Drauf und dran, Franziska zu umarmen, zögert er rechtzeitig.
    Franziska hat das Fläschchen aus ihrer Handtasche geholt. Diese dummen Tropfen, die man alle paar Stunden nehmen muß! Robert wischt sich die Stirn ab. Da fragt sie:
    »Sag mal, wieso kommst du aus dem Hotel?«
    Die Hauptspannung ist weg, Einfälle haben freie Fahrt.
    »Du weißt doch, das Klo im Café...«
    Sie lächelt, läßt sich Zeit, aber ihr Blick hat diese Ich-weiß-etwas-Nuance.
    »Dann mach deinen Reißverschluß wieder zu.« Tatsächlich. Glaubhafter hätte es der Zufall nicht fügen können. Auch damit muß man rechnen. Am Arm führt er sie auf den Pfaden seiner morgendlichen Spaziergänge.
    »Und hier schnappst du frische Luft, bevor du ins Büro gehst?«
    Ist da ein ironischer Unterton in ihrer Stimme,

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