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Die Frühstücksfreundin

Die Frühstücksfreundin

Titel: Die Frühstücksfreundin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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Empfindlichkeit gesteigert; sein Herz ist eine offene Wunde, der nur eine Schwester Linderung bringen kann, und diese Schwester liegt selbst im Krankenhaus. Wie lange noch? Wie viele Tage ohne ein Zeichen? Was fehlt ihr? Sie fehlt ihm! Ohne Sidonie fühlt ersieh enger, kleiner, weniger gewandt. Seine Souveränität steht noch nicht fest genug, um ohne diese Partnerin auszukommen, zumal jetzt. Die abgekühlte Ehe setzt ihm zu. »An sich sollten wir sie besuchen, uns mal erkundigen...«
    Am liebsten hätte er Tiedemann umarmt für diesen Einfall. Im Verband der Arglosen mitsegeln — das war es! Mitsegeln müssen, damit man nicht auffällt. Ein paar tiefe Atemzüge helfen ihm, seine Erregung zu drosseln. Ruhig redet er mit, lenkt das Gespräch in die gewünschte Richtung: Zuerst soll der Herr von der Bank im Krankenhaus nachfragen oder — noch besser - von einer Kollegin nachfragen lassen, wie das Befinden sei und ob sie überhaupt Besuch empfangen darf oder will. Das bedeutet zwar erneutes Warten, aber in aktiver Unruhe, nicht quälend, ohne Ziel.
    In der Mittagspause legte er sich im Appartement auf »ihr« Bett, um Sidonie nah zu sein, so nah wie im Augenblick möglich. Drinnen im Bad lag ihr Kamm, und er verstand nicht mehr, daß er Christine hierhergebracht hatte, ausgerechnet hierher, in das Versteck, das ihr Geheimnis schützt.
    Im Büro ging die Arbeit zügig; Petra, die Sekretärin, sah ihn nicht mehr prüfend an wie in den letzten Tagen. Hatte sie vielleicht Franziska gegenüber eine Andeutung gemacht? Verändertes Verhalten, die Schlüssel...? Franziska sprach manchmal mit ihr, bevor sie sich verbinden ließ. Hatte sie einen Verdacht, wegen Christine, die auch heute wieder anrief, im Auftrag von Karl, wie sie sagte, um einen Ballwechsel zu verabreden bei dem schönen Wetter? Ihre Stimme am Telefon tat ihm wohl.
    »Was ist denn mit Ihnen?« fragt sie, »man hört ja gar nichts mehr. Dabei hab ich alles getan, was Sie wollten. Hallo? Sie klingen, als ob Sie nicht reden können. Soll ich später nochmal anrufen?«
    »Nein, nein. Ich dachte nur, es hört jemand mit.« Christine gibt einen Laut des Wohlbehagens von sich, ihre Stimme wird noch weicher, sie spricht langsamer: »Ich muß immer wieder an den gemütlichen Mittag in der Wohnung denken. Es war schön für mich, mal reden zu können. Ich habe das selten. Haben Sie noch Schwierigkeiten gehabt deswegen mit Ihrem Kollegen?«
    »Wie meinen Sie das? Wieso soll ich Schwierigkeiten gehabt haben?«
    »Weil ich den Kühlschrank fast geleert habe, zum Beispiel.«
    »Aber nein«, beruhigt er sie und spürt es förmlich durch die Leitung, daß sie etwas weiß.
    »Dann ist es ja gut«, sagt sie, »ich freue mich, daß wir uns nachher Wiedersehen. Wie geht’s denn bei Karl? Mir sagt er ja nichts. Und ich mag nicht fragen.«
    »Da geht alles gut. Die Ehe wird nur noch von der Schwiegermutter gestört.«
    »Das ist normal.«
    »Dafür ist meine Frau jetzt mißtrauisch wegen Ihnen.«
    »Dazu hat sie auch allen Grund. Finden Sie nicht?« Locker geht Robert auf ihren Ton ein:
    »Die ausgesprochene Schwäche, die wir füreinander haben, ist unsere unausgesprochene Stärke.«
    »Robert! Haben Sie diesen schönen Satz in Heimarbeit gedrechselt, extra für mich?«
    Ihr Flirten wird ihm unheimlich.
    »Ich muß jetzt Schluß machen, Christine. Bis nachher.« Beschwingt und ärgerlich legt er auf. Warum hat er das gesagt? Warum Franziska hereingezogen? Es war nicht mehr zu ändern. Christine macht ihn leichtsinnig, ihre Jugend, ihre unbekümmerte Offenheit. Will er da mithalten? Eines steht fest: auch bei Christine fühlt er sich freier.
    Wie würde Sidonie sich verhalten morgen, falls der Besuch zustande kam? Reden konnten sie nicht. Das wäre kein Nachteil. Erst einmal einander Wiedersehen, an den Augen ablesen, wie es steht.
    Von dem geplanten Krankenhausbesuch der Frühparker konnte Robert auch zu Hause berichten. Schon um ein Thema zu haben gegen Franziskas Schweigen. Als die Kinder im Bett waren, erzählte er, ganz nebenbei. Franziska reagierte freundlich. Was ihr denn fehle, der Frühstücksfreundin, der armen.
    Sie scherzte sogar. Nicht ohne Zynismus: Ob möglicherweise die weltweite Tätigkeit ihre Gesundheit angegriffen habe? Wie dem auch sei, sie bitte, wenn er die Dame besuche, unbekannterweise schön zu grüßen und ihr gute Besserung zu wünschen.
    Soviel rührende Anteilnahme hätte Robert noch vor ein paar Tagen mit der Wahrheit wettgemacht. Jetzt nicht mehr. Er

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