Die Frühstücksfreundin
im zweiten Stock.
»Und jetzt?«
Angespannt saß Franziska hinter dem Lenkrad.
»Jetzt üben wir einparken, rückwärts. Da hinten ist eine Lücke. Ich passe auf.«
Robert stieg aus. Während Franziska sich plagte, konnte er hinaufschauen. Das mußte die Wohnung sein, rechts über dem Eingang. Es brannte Licht. Sie war also da.
»Und jetzt nach links einschlagen. Weiter, weiter! Du hast noch viel Platz.«
Wenn er bis an die Hauswand zurücktrat, konnte er die Ecke eines Gegenstandes sehen, ein Bild oder eines von diesen erlesenen Stücken, die für sich allein sprechen, wie ihr Robert sich ausdrückte. Da! An der Zimmerdecke bewegte sich ein Schatten.
»Und jetzt? Du paßt ja gar nicht auf!«
»Noch einen Meter. Weiter, weiter. Halt. Und jetzt gleich nochmal.«
Der Schatten war weg und kam nicht wieder, obwohl Franziska mit heißen Backen noch zweimal einparkte. »Jetzt reicht’s mir aber. Steig bitte ein.«
Robert folgte. Ihm fiel nichts mehr ein, das sie nicht als Schikane empfunden und verweigert hätte. Auf dem Heimweg lobte er sie, erklärte ihr fahrtechnische Einzelheiten. Franziska erwies sich als ehrgeizige Schülerin.
Zu wem gehörte der Schatten? Zu Sidonie? Zu ihrem Robert? Die Adresse stimmte. Vielleicht war sie krank? Schrecklich, wenn man nichts voneinander weiß. Morgen würde er mehr wissen. Morgen!
»Übrigens«, Franziska fuhr auf dem leeren Altstadtring, wo sie sich eine kleine Ablenkung schon erlauben konnte, »Karin hat erzählt, daß diese Christine sie angerufen hat. Auf deine Veranlassung. Stimmt das?«
Robert milderte seine Urheberschaft und erzählte weitmaschig vom Tennisplatz, wo er mal auf den Busch geklopft habe, weil es doch einfach schade wäre um die beiden, und wenn man schon mit im Boot sitze... Karin irre sich mit ihrer Vermutung tatsächlich, und zwar gründlich.
Franziska hatte da einen anderen Blickwinkel.
»Wieso erzählt dieses Mädchen das alles ausgerechnet dir? Das geht dich doch nichts an.«
»Ich bin der beste Freund und mache eben einen vertrauenerweckenden Eindruck.«
»Du hast sie noch einmal getroffen, nach dem Gespräch auf dem Tennisplatz. Wo war denn das?«
Jetzt muß er lügen und kann nur hoffen, bleibt gelassen, murmelt etwas von Regen und Wagen.
»Du bist mit dem Mädchen im Auto gesessen? Mußte das sein?«
»Liebes, es hat gegossen. Außerdem wollte ich mit ihr nicht in die Kantine. Das gibt nur Gerede.«
Franziska fährt in die Tiefgarage, an den Standplatz und schließt ab. Im Lift fällt ihm ihr prüfender Blick auf, gegen den er einen Filter sucht, aus der Flasche im Bauernschrank.
»Danke dir. Heut hab ich viel dazugelernt.«
Statt des Kusses, den er hier erwartet hätte, hält sie ihm seinen Schlüsselbund vor die Nase.
»Sag mal, was sind denn das für neue Schlüssel?« Wieder muß er lügen und Text lernen, weil man sich jede Lüge merken muß, bis sie sich erübrigt hat.
»Vom Büro«, fällt ihm ein, und er holt sich den Bund, schindet Zeit, indem er die Schlüssel betrachtet, bevor er sie einsteckt. »Die hab ich mir besorgt, damit ich reinkann, wenn ich Unterlagen brauche. Du erinnerst dich. Magst du auch einen Obstler?«
»Du hast Schlüssel vom Büro? Seit wann denn das?«
»Das ist nichts Besonderes«, sagt er, »die kann man haben, wenn man sie braucht und das glaubhaft machen kann.«
Gleichzeitig mit dem Einfall laufen Kontrollgedanken, ob das glaubhaft klingt und sich gegebenenfalls beweisen läßt. Was für ein Aufwand.
»Ist nichts mit der Post gekommen? Irgend etwas Unwichtiges, was ich entscheiden muß.«
Sie verneint, und wieder dieser prüfende Blick. Er war zu arglos in diesen Tagen. Arglosigkeit kann er sich nicht leisten. Anstrengend ist das.
»Du zitterst ja beim Einschenken.«
»Das kommt von der Aufregung als dein Beifahrer, Liebes.« Sein Lachen mißlingt.
»Du bist überhaupt nervös. Gestern abend hast du dauernd mit dem Bein gewippt.«
»Vielleicht juckt mich Geld, das wir bekommen.«
Die dümmsten Sprüche muß er machen, um nicht verlegen zu werden. Franziska traut ihm nicht, und dabei ist sie doch sonst so tolerant. Da hilft nur die Flucht nach vorn. Seine Unruhe wegen Sidonie kommt Franziska zugute; bei ihr holt er sich Ruhe. Wenigstens für die Nacht.
Sie schwammen miteinander wie immer, und es war wie immer. Sebastian wollte nicht ins Wasser, wo Jennifer und Martin ihm zusetzten und sein Vater tatenlos zusah. An der großen Glastür zum Garten residierte Omilein im Liegestuhl,
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