Die Frühstücksfreundin
herausgeputzt und sichtbar beleidigt, daß man sie allein auf dem Trockenen sitzen ließ.
»Wann spielst du mir endlich auf deiner Geige vor, Sebastian?«
»Bis jetzt hattest du ja nie Zeit, Omilein.«
»Unsinn. Ich habe immer Zeit. Du weißt, du hast die herrliche Geige von mir.«
»Zuerst muß ich springen«, antwortete der Wunderknabe und sprang mutig ins Wasser.
Karls Vaterstolz blühte, und Karin, die Bahn um Bahn zog, um Pfunde zu verlieren, lächelte ihm zu. Franziska geizte heute mit Herzlichkeiten. Um so aufmerksamer zeigte sich Robert.
Seine Unruhe hatte ihn zu einem zweiten Abendfahrkurs getrieben, wieder an Sidonies Wohnung vorbei, diesmal in entgegengesetzter Richtung. Wieder brannte Licht. Es war der zweite Tag ihrer Abwesenheit. Am Morgen hatte Robert im Schleiflacknest den Kühlschrank gefüllt und auf sie gewartet, später im Café. Auch ein Herr aus der Bank wußte nichts, versprach aber, sich zu erkundigen. Das bedeutete frühestens Montag eine Nachricht.
Im Telefonbuch hatte er Sidonies Nummer nachgeschlagen und rief doch nicht an. So hart ihn die Ungewißheit traf, so sehr war sie ihm Ansporn, ein Sog, sich mit ihr zu beschäftigen in schmerzlichen und liebevollen Gedanken, Tag und Nacht.
»Pappi, schau mal!«
Jennifer stand am Beckenrand, den Mädchenpopo ihm zugewandt, und ließ sich rückwärts ins Wasser fallen, daß es spritzte, bis zum Liegestuhl von Omilein. Auch Martin versuchte sich, kam aber nicht so weit, da sprang Sebastian, in gleicher Absicht, vorwärts, mit angezogenen Knien.
»Aber Sebastian. Du spritzt mich ja ganz naß«, rief das Omilein prompt und zeigte damit den Treffer an. Die Kinder grinsten.
»Mann!«
Zum ersten Mal entwickelte Martin so etwas wie Wohlwollen für den Jüngeren.
»Du machst dich. Los! Gleich nochmal.«
Der Wunderknabe strahlte und schwamm zur Leiter. Robert hatte alles beobachtet.
»Laßt das, Scheißkinder«, raunte er Jennifer und Martin zu. Da schwamm ihm Franziska in den Weg.
»Was ist denn schon wieder? Laß sie doch schwimmen.«
Seit gestern suchte sie Gelegenheiten, ihn zu kritisieren.
Als sich die Männer nach dem Schwimmen anzogen, schüttelte Karl den Kopf.
»Wie findest du das? Zuerst macht Karin großes Tamtam wegen Christine. Seit sie sich gestern auf dem Tennisplatz gesehen haben, ist alles in schönster Ordnung. Ich versteh das nicht.«
»Was hast du Karin denn als Grund für deine ehefreien Abende genannt?«
»Gar nichts. Eigentlich wollte ich zu Christine. Aber da geht nichts mehr. Dann bin ich eben in die Kanzlei und habe dort übernachtet. Auf meiner sturmerprobten Studentencouch.«
»Und das hast du Karin gesagt?«
»Nur, daß ich in der Kanzlei übernachtet habe. Sie wollte mich ja nicht mehr im Haus haben.«
»Und was hast du Christine gesagt?«
»Nichts. Was geht sie meine Ehe an? Sie will vorwärtskommen, alles andere interessiert sie nicht.« Robert hatte genug von dem Thema und spazierte durch den Garten. Hinter einer Hecke, vor ihrem Zimmer im Anbau, ging die Haushaltshilfe ihrer geregelten Freizeit nach. Sie lag in der Sonne. Da rief Karin zu Tisch unter der Markise.
Die Kinder aßen Eis, den Erwachsenen wurde heiß vom parfümierten Earl Grey Tee, weil Omilein diese Sorte bevorzugte. Und weil Omilein sich für das gesellschaftliche Leben in der Stadt interessierte, sprachen sie über das Sommerfest des Tennisclubs am kommenden Wochenende. Für die alte Dame stand fest, daß sie mitkommen würde, und so wollte sie wissen, was man dazu anziehe. Karin war sich noch nicht schlüssig, ein neues Kleid auf jeden Fall, dem Anlaß entsprechend. Das große Fest des Tennisclubs zählte zu den herausragenden Ereignissen der Sommersaison. Wer da eingeladen war, konnte mitreden, und wenn er nur denen nachredete, die mitreden konnten. Franziska, die Garderobe weniger wichtig nahm, überließ die Entscheidung nicht wie gewohnt Robert. Als er ihr vorschlug, sich ebenfalls etwas Neues zu kaufen, gab sie ihm barsch zur Antwort, sie werde das Gelbe anziehen, von dem sie wußte, daß er es nicht mochte.
»Für festliche Anlässe gebe ich noch heute gern Geld aus«, meinte Omilein und beendete damit das Thema, indem sie das nächste bestimmte: »Jetzt möchte ich aber endlich etwas hören, Sebastian.«
Gegen ihren Wunsch war selbst die Sonne machtlos, die den Garten in allen Regenbogenfarben leuchten ließ und kulturelles Bedürfnis mit einem Übergewicht von fünfundzwanzig Grad im Schatten auf den Nullpunkt drückte.
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