Die Füchsin
liegengelassene Holzschwert von einem pelzbezogenen Hocker und setzte sich darauf. »Seit dem Tod seines Erben verzehrt sich Henry vor Neid auf meine eigene Brut, so daß es nicht einmal sicher ist, von ihnen zu sprechen, geschweige sie ihm unter die Nase zu halten. Das gilt vor allem für William.«
Kein Wunder, dachte Adam. König Henry hatte einer ganzen Zahl von Bastarden das Leben geschenkt, unter ihnen Gräfin Judith, aber sein einziger rechtmäßiger Sohn war ertrunken, und bei seiner neuen jungen Frau gab es bisher keine Anzeichen von Fruchtbarkeit. Das White Ship war ein großartiges Segelboot gewesen, neu und schlank, als es an einem kalten Novemberabend von den jüngeren Adeligen des Hofes bestiegen worden war, in der Absicht, die übrigen Schiffe einzuholen, die schon am Nachmittag von England abgefahren waren. Die Passagiere waren guten Muts, die Besatzung ebenfalls, doch das Schiff war auf einen Felsen gelaufen, noch bevor es den Hafen verlassen hatte, und dabei war fast ein jeder, der sich an Bord befunden hatte, ertrunken. Auch Guyons Erstgeborener und Erbe war ein Opfer des White Ship geworden, aber er hatte noch vier weitere Jungen, die ihm nachfolgten, und der letzte wurde erst einen Monat nach der Katastrophe geboren. »Er lädt auch jeden anderen ein, um sie auf Mathilda als seine Nachfolgerin einzuschwören.«
Guyon rieb an einem Rindenfleck an seinen Strümpfen. »Dann werde ich ja wohl kommen müssen«, seufzte er. »Sie ist schließlich seine einzige und letzte direkte Erbin, aber es wird keine populäre Entscheidung sein. Rechnet er denn mit Rebellion?«
»Mit Widerstand sicher – aber nicht mit Rebellion.«
Die leichten Altersfalten um Guyons Mundwinkel vertieften sich. »Das eine kann dem anderen sehr nahe kommen«, sagte er und zog die Stirn in Falten. »Es steckt den Leuten in der Kehle, einer Frau gehorchen zu müssen – noch dazu einer Ausländerin! –, und was ich von ihr höre, wird Mathilda es ihnen kaum leicht machen, ihren blutenden Stolz hinunterzuschlucken. Sie wird eher dafür sorgen, daß sie daran ersticken.« Er warf Adam einen fragenden Blick zu. »Was ist denn mit William le Clito? Er ist der Neffe des Königs, der Sohn seines älteren Bruders, und er hat zweifellos Vorrechte auf die Normandie, wenn nicht auf den Thron.«
Adam starrte ihn an. »Gehörst du zu denen, die le Clito unterstützen?«
»Großer Gott, natürlich nicht!« Guyon stieß ein kurzes, bellendes Lachen aus. »Wofür hältst du mich? Der Bursche ist nicht besser zum Regieren geeignet als ein Falke mit Scheuklappen zum Fliegen. Er hat sein ganzes Leben lang nach den hinterhältigen Flötentönen des französischen Königs getanzt! Nein, wenn ich jemanden bevorzugen würde, dann Henrys anderen Neffen, Stephen von Blois, aber auch bei ihm bin ich mir nicht sicher. Er ist zu gutmütig und schlicht, um so stark wie Henry regieren zu können.«
Adam stieß mit der Stiefelspitze einen Zweig getrockneten Lavendels vor sich her. »Und was ist mit Robert von Gloucester?« fragte er. »Er ist schließlich Henrys Sohn, und er hat den Mumm, der dem Hause Blois fehlt.«
Guyon wertete Adams Kandidaten mit einer Bewegung des Holzschwertes ab. »Bauern-Mumm. Er ist zu tief unten geboren, Adam. Wenn wir ihn uns als zukünftigen König vorstellen, müßten wir erst einmal alle anderen königlich-blaublütigen Kandidaten betrachten, und das sind so viele wie die Jahre, die Henry auf dem Thron verbringt. Abgesehen davon ist Rob gar nicht so schlecht, und ich würde ihm ohne Bedenken meinen Zweitgeborenen als Knappen anvertrauen. Aber er hätte keine Freude an einer Krone auf dem Kopf, und er hat immer Mathilda bewundert, als sie noch Kinder waren.« Adam neigte den Kopf. »Ich habe kapiert«, sagte er und lächelte.
Guyon schnitt die Luft mit der Kinderspielzeug-Waffe, dann legte er sie sich über die Knie und schaute Adam verschmitzt an. »Aber wenn wir uns für Mathilda entscheiden, entscheiden wir uns auch für ihren zukünftigen Mann, wer immer das sein mag – oder können wir das schon sagen? Wie ich Henry kenne, als alten Schlaumeier, ist er selbst da bereits ziemlich sicher.«
Adam machte in Gedanken vorsichtig einen Rückzieher und merkte, von wem Renard es gelernt hatte, jemanden auf dem falschen Fuß zu erwischen.
»Glaubst du, er weiß, wer das sein könnte? Und du hast keine Ahnung, trotz der langen Reise durch Deutschland?«
Adam fühlte, wie seine Ohren brannten. »Nein, Mylord«, entgegnete
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