Die Füchsin
dankbar?«
»Was denkst du denn?« Sie rutschte neckend weiter nach unten und lachte leise, als sie ihn stöhnen hörte.
»Jesus, Judith, ich bin nicht mehr jung genug, um die ganze Nacht spielen zu können.«
»Was riskierst du?«
»Zweifellos mein Leben, wenn ich es versuchte.« Er lachte und hob halb die Lider, um sie zu betrachten. Das volle, kastanienrote Haar war jetzt mit silbernen Strähnen durchzogen, und feine Fältchen umrundeten ihre Augen und den Mund. Doch sie war immer noch attraktiv, ihr Körper schlank, obwohl sie fünf Söhne zur Welt gebracht und zwei Fehlgeburten erlitten hatte. Es hatte sich um einen rein politischen Ehekontrakt gehandelt, der beiden aufgezwungen worden war, und er hatte mit Misstrauen und Abneigung auf beiden Seiten begonnen. Aber aus den Samen einer möglichen Katastrophe war eine tiefe und anhaltende Liebe geworden. Seine Freude an ihr war immer noch so groß und kühn wie in den frühen Tagen, und Judith verfügte über genügend Raffinesse und Überraschungen, um sein Interesse wach zu halten. Abgesehen davon war er von Natur aus treu und sah keinen Anlass, außer Haus Eintopf zu essen, wenn er zu Hause ein Festmahl bekommen konnte.
»Das Problem mit Ralph war, daß er zu häufig Eintopf haben wollte«, murmelte er.
»Was?« Judith starrte ihn verdutzt an.
»Ach, nichts. Dumme Gedanken, laut ausgesprochen. – Ich sage dir doch, du peitschst ein totes Pferd.« Lachend schob er ihre Hand weg.
»Aber weil wir schon davon sprechen, Renard braucht ein neues Pferd, bevor wir nach Windsor gehen.« Sie küßte ihn auf die Wange und legte dann ihren Kopf an seine Schulter. »Er ist schon fast größer als du und vor Lichtmess keine sechzehn.«
»Das habe ich auch schon festgestellt«, sagte Guyon mit Stolz. »Er kann doch noch Starlight benutzen. Das Pferd hat sicher noch fünf Jahre drauf. Es war fast noch ein Fohlen, als Miles es hatte.«
Judith fühlte den ihr vertrauten Stich im Herzen, als er den Namen ihres Ältesten aussprach: ihr erstgeborener, der mit seinem Vetter Prinz William ertrunken war bei der Havarie des White Ship. Wie lange lag das jetzt zurück? Sechs Jahre, und immer noch kam es ihr vor wie gestern. Sie sah noch Guyon vor sich, wie er in den Hof von Ravenstow geritten kam mit der schrecklichen Botschaft, die er in Southampton erhalten hatte – und sie war im achten Monat schwanger gewesen mit William; der Wind hatte ihr ins Gesicht geblasen und ihre Wangen ebenso taub werden lassen wie ihr Bewußtsein. Kein Grab, an dem man um ihn hätte trauern können, nur eine weite graue Wasserfläche. In der Kapelle von Ravenstow gab es ein Bild von ihm, kein Ersatz für das, was einmal warmes, lebendiges Fleisch gewesen war.
Sie drückte ihre Wange an Guyons Bizeps, um die Schmerzen zu lindern, und dachte an ihren Vater, den König, dessen einzige Hoffnung und dessen Zukunftspläne mit diesem Segelboot untergegangen waren. Es war für ihn nicht nur der Verlust eines Sohnes, sondern der männlichen Linie einer Dynastie gewesen. Miles konnte nicht ersetzt werden, aber wenigstens waren sie und Guyon mit vier weiteren Söhnen gesegnet.
»Ich habe Mathilda nicht gesehen, seit sie Kaiserin geworden ist«, bemerkte sie, und die Gedanken an König Henry führten sie zu der kleinen mürrischen Halbschwester, der sie zuletzt im Alter von sieben Jahren begegnet war; damals stampfte Mathilda gegenüber Königin Edith mit dem Fuß auf und schrie aus voller Kehle, daß sie nicht daran denke, nach Germanien zu gehen, und daß niemand sie dazu zwingen konnte.
»Du hast wahrscheinlich Glück«, sagte Guyon trocken. »Adam war offenbar nicht von ihr beeindruckt.«
»Sie tut mir irgendwie leid«, verteidigte sie Judith. »Sie kann nicht viel Freude an diesem Leben haben. Ein kleines Mädchen, allein in einem fremden Land, zu unbekannten Bräuchen und einer fremden Sprache gezwungen und von ihrer Familie getrennt. Ich weiß, daß ihr Mann gut zu ihr gewesen ist, aber für ein Kind ihres Alters muß er ihr wie ein Greis vorgekommen sein.«
»Also eine Art Vaterersatz«, sagte Guyon schläfrig und gähnte dazu.
»Wahrscheinlich«, stimmte ihm Judith zu. »Und als er starb und ihr wirklicher Vater forderte, daß sie nach Hause kommen sollte, nachdem er sie zunächst gegen ihren Willen fortgeschickt hatte, wundert es da, daß sie mürrisch und schwierig geworden ist? Immerhin, Guy, hat er sie ja nicht aus liebender Sorge zurückgeholt, oder? Ich wette, er hat sich hämisch die
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