Die Füchsin
ab. »Nehmen wir ihn mit. Vielleicht nützt er uns, wenn er nicht an Wundfieber oder Starrkrampf stirbt.« Er schaute sich um. »Sweyn, wo ist Renard?«
Der Angelsachse bewegte den Kopf auf die Seite der Straße. »Es geht ihm nicht gut«, knurrte er. »Der erste Geschmack eines richtigen Kampfes, und es kam gleich ganz dick für ihn, aber er hat sich gut gehalten. Seid ihr heil geblieben, Herr?«
»Es geht.« Er blickte hoch, und in diesem Augenblick landete eine dicke Schneeflocke auf seinen Wimpern. Er steckte sein Schwert in die Scheide. Der walisische Junge wurde über den Rücken eines Ponys gelegt, das man einem seiner Männer abgenommen hatte. Adam nahm Lyards Zügel und ging mit ihm hinüber zu Renard. Der Junge wischte sich sein gerötetes Schwert im Gras ab, aber als er sah, daß Adam auf ihn zukam, stand er auf und steckte mit zitternden Händen die Waffe in die Scheide. Sein Gesicht war kalkweiß und von Tränen gezeichnet, dazu klapperten ihm die Zähne, aber nicht, weil ihm kalt war. Er hatte dem Tod ins Gesicht gesehen – seinem eigenen und dem der anderen Männer, und selbst nach dem Rückzug der Waliser war er noch einmal gezwungen gewesen, zu töten.
»Es tut mit leid, Adam.« Er schluckte. »Dein Falbe. Er war tödlich getroffen von einem Pfeil. Ich mußte es tun.«
Adam folgte Renards Blick. Ein walisischer Pfeil steckte in der Flanke des Tiers, und aus der aufgeschlitzten Kehle strömte das Blut. Ein treuer, kraftvoller Begleiter, immerhin hatte ihn dieses Streitross zum deutschen Hof und zurück getragen und seit sechs Jahren in seinem Stall gestanden. »Du hättest nichts anderes tun können«, sagte er mit fester Stimme. »Danke Gott, daß es sein Bauch war, und nicht der deine.« Er warf kurz einen Blick über die Schulter auf die Stelle, wo Aubrey und ein anderer Knappe den sterbenden Mann sachte auf sein Pferd hoben. Glücklicherweise war auch er bewusstlos.
Renard rieb sich die Hände. Es war Blut daran; es bildete dunkle Blutkrusten um die Fingernägel. »Ich habe noch nie einen Menschen getötet«, sagte er und schluckte dazu. »Im Waffenhof macht es nichts aus. Die Schwerter sind stumpf, oder der Gegner ist eine Strohpuppe. Er schreit nicht und blutet nicht und stirbt nicht zu deinen Füßen, die Augen auf dich gerichtet …« Seine Stimme schwankte.
Adam legte mitleidig einen Arm auf Renards Schultern. »Genauso ist es mir beim ersten Mal gegangen, aber auch noch beim zweiten- und beim dritten Mal. Jedem von uns geht es so, aber es ist eine Lektion, die man für sich selbst lernen muß. Das kann einem niemand anders beibringen.«
Renards dunkelgraue Augen wurden ausdruckslos. »Wird es denn später leichter?« fragte er mit steifen Lippen.
»Man lernt es abzuschütteln.« Adam zuckte mit den Schultern. »Man muß es einfach abschütteln. Wenn du den anderen nicht getötet hättest, dann hätte er dich getötet.«
»Ja, vermutlich«, sagte Renard düster.
»Ich weiß es.« Adam verstärkte seinen Griff und schüttelte den Jungen leicht, um ihn zu beruhigen. Renard zuckte zusammen und zischte kurz durch die Zähne; dabei ging seine Hand unwillkürlich an seine Seite. Adam ließ ihn los, und sein Blick schärfte sich. »Du Idiot, warum sagst du nicht, daß du verletzt bist?«
»Es ist nicht schlimm – das glaube ich jedenfalls. Sweyn hat den Hund getötet, bevor er richtig zustoßen konnte.« Renard schloß die Augen und kämpfte gegen das Bedürfnis, sich zu übergeben, als er wieder die Axt sah, die seinem Gegner den Schädel spaltete.
»Kannst du reiten?« Adam deutete auf Lyard. »Du wirst steif dasitzen müssen wie eine Puppe, aber jetzt, wo es zu schneien beginnt, möchte ich Thorneyford noch vor der Nacht erreichen, außerdem könnte es sein, daß die Waliser in der Nähe Verstärkung warten haben. Einen zweiten solchen Angriff könnten wir nicht überstehen.« Er saß selbst auf und streckte ihm die Hand hin. Renard schnitt eine Grimasse, biss die Zähne zusammen, zog sich aber in erfahrener Weise nach oben, und erst als er in Sicherheit war, ließ er den Kopf hängen und stieß einen Schmerzenslaut aus.
Einer der Männer nahm dem Falben das Geschirr ab und lud es auf das Pferd mit den zwei Toten. Die toten Waliser ließen sie an Ort und Stelle liegen, sie würden vermutlich von ihren eigenen Leuten abgeholt werden. Es schneite jetzt heftig, und bald würde das Land in eine weiche, weiße, heilende Decke gehüllt sein, die auch die Reiter bedeckte und den
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