Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Füchsin

Die Füchsin

Titel: Die Füchsin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Chadwick
Vom Netzwerk:
vermutlich seine Gründe, und nicht die große Liebe.«
    »Mama, was willst du mir damit sagen?«
    »Ach, ich weiß nicht. Vielleicht, daß du dir durch die Erfahrungen mit Ralph zukünftige Erwartungen nicht versauern lassen solltest.«
    »Das tu' ich ja nicht.« Heulwen bewegte die Schultern. »Sie sind nicht versauert, aber vermindert. Ich glaube jetzt nicht mehr daran, daß mir die Sterne in den Schoß fallen, wenn ich danach greife. War das, was meine Mutter für Papa empfand, die große Liebe?«
    Judith zügelte ihre Stute, um einen vollbeladenen Wagen vorbeipreschen zu lassen. Niemals hatte sie etwas aus ihrer Vergangenheit vor Heulwen geheim gehalten, aber zum Glück fragte Heulwen selten, und manches war zu schmerzlich für Judith, um es ungefragt zur Sprache zu bringen. »Ja«, sagte sie nachdenklich. »Ich glaube, so ist es gewesen. Deine Mutter hat gewußt, daß sie niemals heiraten konnten: eine walisische Händlerstocher und ein Lord aus den Marken. Also verbarg sie ihre wahren Gefühle vor ihm. Ich bin ihr nur einmal begegnet, am Tag bevor sie ermordet wurde. Sie kam, um Guyon zu sagen, daß sie die alten Bande trennen und selbst heiraten würde; es war eine Vernunftehe, genau wie die deine.«
    Momentan abgelenkt von ihren Problemen, legte Heulwen den Kopf schief. »Warst du denn nicht eifersüchtig auf sie? Ich kenne das Gefühl; als ich einmal einer von Ralphs Frauen begegnete, habe ich daran gedacht, ihr einen Dolch in die Kehle zu rammen und ihm den Sack abzuschneiden!«
    Judiths Lippen zuckten. »Eifersüchtig?« Sie trieb die Stute wieder an. »O ja, so eifersüchtig, daß es an mir nagte und fraß wie Gift, aber ich konnte sie nicht hassen. Außerdem hatte dein Vater sie zwar gelegentlich auch nach der Hochzeit besucht, sie aber nicht über unsere Heirat im unklaren gelassen und mich auch nicht mit ihr betrogen.« Aus dem Zucken der Mundwinkel wurde ein offenes, etwas trauriges Lächeln. »Sicher nicht aus moralischen Gründen, oder um meine Gefühle nicht zu verletzen, doch zu der Zeit ging sie schon schwanger mit dir, und als du geboren warst, stellte er fest, daß er eine Ehefrau zum Kinderkriegen brauchte.« In ihren Augen standen jetzt Tränen. »Einmal bin ich mit einem Messer zu einer der Frauen bei Hof gegangen, obwohl sie behauptete, es handle sich um eine alte, gewesene Freundschaft. Das war Alais de Clare. Sie ist heute abend sicher auch bei Hof. Es ist lange her, daß wir uns auf dem Schlachtfeld der Liebe begegnet sind – ich frage mich, ob sie sich noch daran erinnert.« Und ihr Lächeln wurde fröhlicher, ein etwas boshaftes Lachen, so daß auch Heulwens Stimmung sich aufhellte und sie ihrer Stiefmutter das erste echte Lächeln des Tages zeigen konnte.
    Als sie in den Hof ihres Stadthauses ritten, waren die Pferdeknechte dort mit mehreren Pferden beschäftigt. Ein Knappe massierte einen Apfelschimmel in einem wertvollen goldenen Geschirr. Die rosaschimmernde Decke des Hengstes glänzte wie Satin und zeigte, daß sein Besitzer es sich leisten konnte, ihn während der langen Wintermonate im Stall zu füttern. Der Knappe schaute sich um, und ein freudiges Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. Rasch gab er den Schimmel einem anderen jungen Burschen, dann lief er über den Hof, um erst der Gräfin, dann Heulwen aus dem Sattel zu helfen.
    »Harry!« Judith küßte fröhlich ihr viertes Kind. Er duckte sich, verbarg eine Grimasse und glättete sich das sandfarbene Haar, das sie eben zerwühlt hatte, wobei eine starke Röte vom Hals her in sein sommersprossiges Gesicht stieg. Er hatte den Körperbau seines königlichen Großvaters mitbekommen, untersetzt und stämmig, und versprach eher bullige Kraft als die geschmeidige Eleganz seiner Brüder, außerdem war er der einzige mit ihrer eigenen, rötlich-haselnußbraunen Haar- und Augenfärbung, während die anderen alle dunkel waren wie Guyon.
    Heulwen, gewarnt von seiner Reaktion auf Judiths Umarmung, beschränkte sich auf einen raschen Kuß auf seine Wangen und eine bewundernde Bemerkung über den neuen Degen an seinem Gürtel.
    Er lächelte übers ganze Gesicht, als er ihn vorführte. »Den hat mir Earl Robert gegeben, weil ich gestern abend so gut bei der Tafel serviert habe«, erklärte er stolz dazu.
    »Dann mußt du einiges dazugelernt haben«, sagte Judith trocken und betrachtete ihn mit kurzer Billigung. Harry war ziemlich ungeschickt gewesen, als man ihn als Knappe in das Haus von Robert von Gloucester gegeben hatte,

Weitere Kostenlose Bücher