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Die Füchsin

Die Füchsin

Titel: Die Füchsin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Chadwick
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senkte den Blick von der erzürnten älteren Frau und dem hübschen, offensichtlich betrübten jungen Mädchen an ihrer Seite und begann den meeresgrünen Samt auf der Theke in attraktiven Falten auszubreiten.
    Heulwens Unterlippe zitterte, und sie kämpfte mit den Tränen. Feine Eisnadeln stachen ihr wie winzige Glassplitter in die Wangen. Hinter ihnen stampften zwei Begleiter mit den Füßen, um sich warmzuhalten, und Helgund, die ältliche Zofe ihrer Stiefmutter, schnitt eine Grimasse wegen der Schmerzen, die ihr ihre Frostbeulen bereiteten.
    »Ich verlasse mich auf dein Urteil, Mama«, sagte Heulwen in unterwürfigem Ton und starrte auf den beschmutzten Saum ihres Umhangs.
    Judith schloß die Augen und schluckte. Ein Packpferd, beladen mit bunten Gürteln, wurde vorbeigeführt, und die Dienerin einer anderen Herrschaft kam herbei und hatte eine mit Stoff verpackte Pie in der Hand, deren würziger Duft die Nasen erfüllte und die leeren Mägen derer quälte, die vor dem Stand des Stoffhändlers froren. »Also schön«, sagte Judith mit bemerkenswerter Ruhe für jemanden, dessen Geduld derartig strapaziert wurde, »zwei Ellen von dem grünen Samt und eine Elle vom goldenen Damast für einen Unterrock. Schickt sie ins Haus des Earl von Ravenstow, und mein Haushofmeister wird die Lieferung bezahlen.«
    Der Händler verbeugte sich, lutschte an den Zähnen und legte den Samt wieder zusammen, wobei die immer wieder nach oben gerichteten Augen seine fortgesetzte Neugier verrieten.
    Als sie den Stand verließen, wich Judiths Verzweiflung der Sorge, denn Heulwen folgte ihr mit der Ergebenheit eines betäubten Schafes. »Vielleicht sollte man die Verlobung verschieben, bis du dich besser fühlst«, murmelte sie und zog die Stirn in Falten.
    »Nein!« Die Entgegnung kam scharf und schnell und stand so sehr im Gegensatz zu Heulwens derzeitiger Stimmung, daß Judith anhielt beim Aufsetzen und ihre Stieftochter mit weit aufgerissenen Augen anstarrte.
    »Nein«, wiederholte Heulwen in etwas beherrschterem Ton. »Ich bin nicht krank, Mama. Ich möchte unbedingt, daß diese Verlobung morgen stattfindet. Es ist das lange Warten darauf, das mich so fertig macht. Ich kann mich nicht für mein Hochzeitskleid interessieren, wenn ich dieses schreckliche Gefühl habe, es könnte noch etwas geschehen und die Hochzeit verhindern.«
    »Unsinn!« sagte Judith brüsk.
    »Ich weiß, aber davon geht die Angst nicht weg.«
    Judith ließ sich von ihrem Diener in den Sattel helfen. Die Falten blieben auf ihrer Stirn. Heulwen war vielleicht mehr als nur zur Hälfte walisisch, aber ihre Natur war sonst ganz auf das Praktische gerichtet, ohne die eher unheimlichen Vorahnungen, mit denen so viele ihrer Rasse begabt waren. Wenn sie Vorahnungen hatte, dann deshalb, dachte Judith, weil sie ihr wie ein verurteilter Gefangener vorkam, der den Augenblick seiner Hinrichtung naherücken sieht und ungeduldig auf den Augenblick wartet, damit er ihn hinter sich bringt und der Frieden und die Dunkelheit ihn einhüllen.
    Vielleicht hätten wir ihr diese Heirat ausreden sollen, dachte ihre Stiefmutter grimmig, aber wir haben nichts unternommen, um sie daran zu hindern, und wenn man ein Boot mit der Strömung treiben läßt, landet es nicht selten irgendwann an einem Felsen und zerschellt in tausend Teile. Vielleicht sollte die Verlobung in der Tat gestrichen werden, bis Heulwen genügend Zeit hinter sich hatte, um sich von Ralphs Misshandlungen zu erholen – und von dem Schicksalsschlag seines Todes.
    »Man hat mich gezwungen, deinen Vater zu heiraten«, sagte sie sanft, während sie an den Zügeln zog. »Ich war unglücklich, ja sogar entsetzt, und ich konnte nichts tun außer mir das Leben nehmen, wenn ich diese Hochzeit verhindern wollte. Es hat viel Zeit und Geduld von Seiten deines Vaters erfordert, bis ich lernte, ihm zu vertrauen, und noch mehr, bis daraus auch für mich Liebe wurde.« Sie schaute hinüber zu ihrer Stieftochter. Heulwens Lippen waren jetzt zusammengepresst, ein Ausdruck von Sturheit, aber man konnte nicht sagen, ob sie sich gegen Judith oder einen Ausbruch von Tränen wehrte.
    »Sicher, auch bei dir und Ralph war es schwierig«, fügte sie hinzu. »Du hast ihn von Anfang an begehrt, aber ich glaube nicht, daß es für ihn genauso war. Ich glaube vielmehr, es ging ihm in erster Linie um deine Mitgift, und außerdem war es angenehm, eine zarte Fünfzehnjährige im Bett zu haben, wann immer es ihm gefiel, zu Hause zu schlafen. Das waren

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