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Die fünf Seelen des Ahnen (German Edition)

Die fünf Seelen des Ahnen (German Edition)

Titel: Die fünf Seelen des Ahnen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Nolte
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das komplizierte Geflecht seiner Pläne ihn selbst zu
überwältigen drohte. Im Großen und Ganzen konnte er zufrieden sein mit dem, was
er erreicht hatte. Auch wenn Leute wie Newton und Fjällfågel es nicht hatten
lassen können, ihm mit ihren Alleingängen ins Handwerk zu pfuschen. Nun war allerdings
abzusehen, dass sein doppeltes Spiel bald auffliegen würde. Randori schnappte
bereits wie ein kläffender Spürhund nach seinen Fersen. Aber das war ein
geringer Preis, den zu zahlen er bereit war. Solange jetzt nichts Dramatisches
mehr geschah, das die Karten ganz neu mischte, würde alles –
    So weit war er gelangt, als sich
die Sternenschwärze um ihn entfaltete. Lazarus starrte den waffenstarrenden Schiffsgiganten
an und dachte nur: „Das ist ja wieder einmal typisch.“
     
    Dschinn und Serail hatten sich selten
so schnell in ihre Uniformen geworfen. Während sie noch verstört die fremde
Arche anstaunten, war ihnen durch den Himmel ein Brief von Randori entgegengeflattert.
Dschinn hatte den Umschlag aufgefangen, das Siegel geöffnet und die
Eilbotschaft gelesen, die knapp lautete: ‘Private Krisensitzung in der
Kapitänskabine. Jetzt sofort.’
    Als sie im Joggingschritt vor
Randoris Tür ankamen, stießen sie dort auf Lazarus, der dandyhaft geschniegelt wie
immer auf Einlass wartete. Dschinn musste lachen. „Ich hätte wissen sollen,
dass ich Sie hier finde. Haben Sie sich mal wieder selbst eingeladen?“
    „Nein, diesmal nicht. Die
Kapitänin hat sich herabgelassen, mir einen Brief zu schicken ... Hallo
Randori“, sagte er, als sie in diesem Moment die Tür öffnete. „Was für eine
besondere Freude, dass du dich meiner erinnerst. In letzter Zeit kam ich mir
tatsächlich vor wie ein unerwünschter Gast, wenn ich dich besuchte.“
    „Halt die Klappe, Lazarus“, sagte
sie in deutlichem Gegensatz zu seiner barocken Geziertheit.
    „Ganz wie Sie befehlen,
Kapitänin.“ Er hob ausdrucksvoll eine Braue.
    Sie musterte ihn kalt. „Wenn da
draußen nicht ein bis zu den Zähnen bewaffnetes Schiff schweben würde, wäre es
mir ein Vergnügen, dich in eine Stromzelle zu werfen. Für die nächsten hundert
Jahre. Du weißt bestimmt, wovon ich spreche –“
    Er lächelte milde. „Nun, ich habe
den Ruf allwissend zu sein, meine Liebe.“
    Randori sah aus, als würde sie
gleich explodieren.
    „Könnte mich jemand aufklären?“,
fragte Dschinn.
    Die Kapitänin drehte sich um und
marschierte in die Kabine. Über die Schulter warf sie zurück: „Dein besonderer
Freund Lazarus ist der Gründer der Terraristen.“
    Dschinn blieb in der Tür stehen
und brachte eine ganze Minute lang kein Wort heraus. „Das macht keinen Sinn“,
protestierte sie schließlich.
    „Ach nein?“ Randori fuhr mit
zornblitzenden Augen herum. Sie sah aus, als wolle sie gleich mit einer
Mingvase schmeißen. „Ich habe ihn aus dem Amt gedrängt, und er will seinen
Posten zurück. Dabei ist ihm jedes Mittel recht, sogar brutale Attentate und
ein Volksaufstand. So einfach ist das.“
    „Aber Lazarus ist ein Dumas“,
widersprach Dschinn, während ihr Kleid vor Überraschung hellrot anlief. „Das
wäre gegen seinen Gildekodex. Er würde für seine Ehre töten oder für das Wohl
des Schiffes, aber nicht für egoistische Ziele.“ Ihre Stimme versackte, als ihr
die ganze Bedeutung dieses Satzes klar wurde. „Für das Wohl des Schiffes …“,
wiederholte sie.
    Serail schaute ungewohnt grimmig
drein, als er in das Kapitänszimmer trat. Unter solchen Umständen hatte er
nicht hierher zurückkehren wollen. „Ganz genau“, beendete er den Satz an
Dschinns Stelle. „Wenn ein Dumas glaubt, die Arche hat eine Revolution nötig,
dann hat er bestimmt keine Scheu, sich die Hände blutig zu machen.“
    Lazarus hatte den Wortwechsel mit gelassenem
Interesse verfolgt. Er ließ sich in einem Korbstuhl nieder und sagte: „Ich
werde es nicht leugnen.“ Streitbar schob er das Kinn nach vorne. „Und ich habe
mir nichts vorzuwerfen. Der Daseinszweck aller Kapitäne war es, die Passagiere zu
einem bewohnbaren Planeten zu bringen. Sie jetzt weiterhin zu beherrschen,
nachdem der Zielhafen erreicht ist, wäre nicht zu rechtfertigen gewesen. Die
Passagiere müssen wieder lernen, so selbstbestimmt zu leben wie ihre Vorfahren
auf der Erde, ohne sich den Befehlen einer Crew unterzuordnen. Wenn der Kapitän
das nicht zulässt, ist er nichts weiter als ein Diktator. Also habe ich mich
entschieden, dem ursprünglichen Zweck meines Amtes zu gehorchen und am Ende

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