Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die fünf Seelen des Ahnen (German Edition)

Die fünf Seelen des Ahnen (German Edition)

Titel: Die fünf Seelen des Ahnen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Nolte
Vom Netzwerk:
„Also, wenn Sie schon hier sind: Was sagt Fjällfågel zu
meinem Vorschlag?“
    „Sie meinen, was die Geisel
betrifft?“, fragte der Mann.
    „Nein, das meinte ich nicht.“
Newton zügelte nur mühsam seine Ungeduld. Viele Schamanen waren den Umgang mit
Menschen nicht gewöhnt, sie waren linkisch und misstrauisch. Wenn man sie
überforderte, blinzelten sie sich in den Strom und waren für die nächste Stunde
nicht mehr ansprechbar. Newton hatte keine Lust, eine solche Reaktion
auszulösen. „Also gut“, gab er mit einem mühsamen Lächeln nach, „reden wir
zuerst über die Geisel. Hat Fjällfågel den Brief an die Kapitänin endlich
losgeschickt? Oder ist sie mit meinem letzten Textvorschlag wieder nicht
einverstanden? Während wir uns um Formulierungen streiten, geht wertvolle Zeit
verloren. Der junge Mann ist nun schon seit fünf Tagen Gast Ihrer Gilde und
bisher weiß niemand –“
    „Der Brief wurde abgeschickt“,
beeilte sich Falkenhorst zu versichern. „Randori hat ihn bereits entgegengenommen.“
    „Na, endlich.“ Newtons Laune
verbesserte sich um einige Grade.
    „Allerdings gibt es noch ein
kleines Problem ...“
    „Was?“ Newton starrte ihn an. „Was
zum Teufel meinen Sie mit einem ‘kleinen Problem’?“
    Er war der Drahtzieher bei vielen
Intrigen gewesen, aber niemals zuvor hatte er ein so gefährliches Spiel
getrieben. Warum ließ er sich nur immer wieder überreden, solche Risiken
einzugehen? Sein Magen zog sich nervös zusammen, und mit einem Mal hatte er
unglaublichen Hunger auf Fischbrötchen. Bestimmt bekam er ein Magengeschwür.
Diese ganze Verschwörungsgeschichte würde ihn noch ins Grab bringen.
Allerdings, dachte er zynisch, waren bisher nur einige unnütze Crew im Recycler
gelandet. Nun ja, bei einer Revolution gab es Opfer, das war nicht zu vermeiden.
    Insgesamt war alles recht positiv
verlaufen. Zu Beginn hatte er ohne genaue Pläne die Gildenmeister um sich
gesammelt und gegen die Crew aufgestachelt, die hochmütig und nutzlos jedem
Passagier ein Dorn im Auge waren. Dann hatte er unerwartete Hilfe bekommen, und
die Schamanen hatten sich seiner Verschwörung angeschlossen. Sie waren von dem
Gedanken besessen, eine Besiedlung von Archensee zu verhindern. Ihr Fanatismus
konnte der Hebel sein, den die Widerstandsbewegung brauchte, um die
Crewregierung zu stürzen und einen Machtwechsel in die Wege zu leiten.
    Der Gedanke, die Kapitänin mit
einer Geiselnahme zu erpressen, kam von Fjällfågel. Es entsprach nicht dem
ursprünglichen Plan, aber erschien Erfolg versprechend genug, um mitzuspielen.
Randori würde dadurch auf jeden Fall noch stärker unter Druck geraten. Vielleicht
würde sie im Eifer des Gefechts einen entscheidenden Fehler begehen. Mit etwas
Glück war sie so sehr um das Leben ihres Geliebten besorgt, dass sie
tatsächlich die Besiedlung des Planeten abblies. Das würde bei den Passagieren
einen Aufstand auslösen.
    In den überfüllten Städten
brodelte es bereits, die Menschenmassen wurden langsam ungeduldig. Wenn Randori
die Erwartungen der Passagiere enttäuschte, würde sich daraus leicht eine Revolution
entfachen lassen. Nur die Gildenmeister hätten dann noch die Macht, die Crew
vor dem ausbrechenden Volkszorn zu schützen. Sie würden die Ordnung wieder
herstellen und den verängstigten, gedemütigten Crew endlich die Regierung aus
der Hand nehmen.
    Soweit zu seinen Zukunftsträumen.
Leider tauchte immer im unpassendsten Moment jemand wie Horst auf und sagte: ‚Es
gibt da ein kleines Problem …’ “ Newtons Magen meldete sich erneut, und er
begann zu schwitzen. Manchmal bekam er Angst vor der eigenen Courage. Die
möglichen Konsequenzen seines Hochverrats türmten sich vor ihm auf, und er
wollte sich ins Bett legen, die Decke über den Kopf ziehen und nie wieder
hervorkommen.
    Der Schamane sah ihn mit einem
seltsamen, prüfenden Blick an. Newton zog die Schultern hoch und hob das Kinn.
Er würde vor diesem religiösen Fanatiker keine Schwäche zeigen. Sah er ein
ironisches Funkeln in den kalten Augen? Aber nein, Horst war nicht der Typ für
Ironie. Ungeduldig fragte Newton: „Also, was ist jetzt? Um was für
Schwierigkeiten geht es?“
    „Ich bin nur ein Bote“, erklärte
der Eremit salbungsvoll. „Es hat der Gildenherrin nicht beliebt, mich in
Details einzuweihen. Sie hat mir nur den Auftrag gegeben, Ihnen wörtlich
Folgendes mitzuteilen: Serail hat Informationen, die all unserer Pläne zunichte
machen können. Es ist unbedingt notwendig, dass

Weitere Kostenlose Bücher