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Die Fünf Tore 1 - Todeskreis

Titel: Die Fünf Tore 1 - Todeskreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
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gewesen, aber die Atmosphäre im Wald war ungewöhnlich warm und irgendwie zäh. Sonnenstrahlen, die intensiv grün leuchteten, fielen in alle Richtungen. Auf der Straße hatte er Vögel zwitschern und eine Kuh muhen gehört. Im Wald hingegen war es totenstill, als wäre es sogar den Geräuschen verboten, ihn zu betreten.
    Er merkte schon jetzt, dass er besser einen Kompass mitgebracht hätte. Oder zumindest ein Messer oder eine Farbdose, die ihm geholfen hätten, den Rückweg zu finden. Er erinnerte sich an eine Geschichte, die er in der Schule gehört hatte. Irgendein griechischer Typ – Theseus oder so – war in einen Irrgarten gegangen, um gegen ein Monster zu kämpfen, das zur Hälfte Stier und zur Hälfte Mensch war. Der Minotaurus. Er hatte ein Knäuel Wolle mitgenommen, es abgerollt, und auf diese Weise den Rückweg aus dem Labyrinth gefunden. Dasselbe hätte Matt auch tun sollen.
    Er drehte sich um, ging zurück und zählte dabei laut die zwanzig Schritte, die er gemacht hatte.
    Die Straße war nicht mehr da.
    Das war unmöglich. Er sah zurück in den Wald. Die Bäume erstreckten sich in die Unendlichkeit. Er sah nach rechts und links. Dasselbe. Er machte noch fünf Schritte. Noch mehr Bäume, und alle sahen gleich aus. Sie erstreckten sich, so weit das Auge reichte … und noch weiter. Die Straße war verschwunden, als wäre sie nie da gewesen. Entweder das, oder die Bäume waren gewachsen. So fühlte es sich jedenfalls an. Der künstliche Wald hatte ihn umzingelt. Er hatte ihn eingefangen und würde ihn nie wieder freigeben.
    Matt holte tief Luft, zählte zwanzig Schritte vorwärts, bog dann nach links ab und zählte weitere zehn. Immer noch keine Straße. Wohin er auch blickte, überall sah er dasselbe: hohe, dünne Bäume und Millionen von Nadeln. Dazwischen düstere Korridore. Es gab hundert verschiedene Richtungen, aber keine wirkliche Wahlmöglichkeit. Matt blieb stehen und hoffte, ein Auto zu hören, das nach Lesser Malling fuhr. Das würde ihm helfen, die Straße zu finden. Aber es kam kein Auto. Eine einzelne Krähe schrie irgendwo hoch über ihm. Davon abgesehen war die Stille so dicht wie Nebel.
    »Na toll!«
    Er schrie es heraus, weil er wenigstens seine eigene Stimme hören wollte. Doch sie klang nicht nach ihm, sie war klein und schwach, unheimlich gedämpft durch die starr dastehenden Bäume.
    Er ging weiter. Was hätte er sonst tun sollen? Seine Schritte waren auf dem weichen Nadelteppich nahezu unhörbar, und Schritt für Schritt drang er weiter vor ins Nirgendwo. Wenn er nach oben schaute, konnte er durch die dicht stehenden Baumkronen kaum den Himmel sehen. Allmählich hatte er es satt. Die Straßen hatten ihm in der vergangenen Nacht denselben Streich gespielt. Aber wenigstens waren es Straßen gewesen. Das hier war viel schlimmer.
    Etwas Silbernes blitzte vor ihm auf, vollkommen unerwartet inmitten all des Grüns. Irgendetwas hatte das Sonnenlicht reflektiert, und es war nicht weit entfernt. Erleichtert ging Matt darauf zu. Doch falls er geglaubt hatte, einen Weg nach draußen gefunden zu haben, wurde er eines Besseren belehrt. Es ging nicht weiter. Er stand vor einem hohen Zaun, der teilweise verrostet war, aber noch stabil wirkte. Das Silberne, das er gesehen hatte, war der Draht gewesen. Der Zaun war mindestens sechs Meter hoch, und darüber war Stacheldraht gespannt. Der Zaun erstreckte sich nach rechts und links. Er schien kreisförmig aufgebaut zu sein und ein riesiges Areal abzugrenzen.
    Hinter dem Zaun lag eine Lichtung, auf der ein großes Gebäude stand, das unmodern und futuristisch zugleich wirkte. Es war zweigeteilt. Den größeren Teil bildete ein rechteckiger grauer Ziegelbau mit zwei Stockwerken und Fenstern auf der gesamten Längsseite, in denen die meisten Scheiben zerbrochen waren. Auch einige der Ziegel waren geplatzt, und Unkraut und Efeu fraßen am Mauerwerk. Es stand offensichtlich schon sehr lange dort. Matt schätzte, dass es dreißig oder vierzig Meter lang war.
    Viel interessanter aber war die zweite Hälfte des Gebäudes. Sie war weiß gestrichen, mindestens dreißig Meter hoch und sah aus wie ein riesiger Golfball, den jemand dorthin gerollt hatte. Ob es eine Sternwarte war? Nein. In der Kuppel war keine Öffnung für ein Teleskop. Es gab auch keine Fenster. Auch dieser Ball sah alt und verwittert aus. Die weiße Farbe war grau geworden, und an manchen Stellen sah es aus, als hätte das Ding irgendeine Krankheit. Aber eindrucksvoll war es trotzdem. Etwas

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