Die Fünf Tore 1 - Todeskreis
der Fall ist, nur weil Sie daran glauben?«
»Ich dachte, genau darum geht es beim Glauben«, konterte Miss Ashwood.
»Der christliche Glaube ist in der Bibel niedergeschrieben. Aber niemand hat je die Geschichte der Alten niedergeschrieben.«
»Das stimmt nicht«, murmelte Dravid. Er hob einen Finger. »Sie vergessen den spanischen Mönch.«
»Den heiligen Josef von Cordoba? Sein Buch ist verloren gegangen, abgesehen davon, dass seine Ausführungen schon vor Jahrhunderten angezweifelt worden sind.« Der Bischof seufzte. »Das ist sehr schwierig für mich«, sagte er. »Sie dürfen nicht vergessen, dass die Kirche offiziell nicht an Ihre Alten glaubt. Wenn bekannt würde, dass ich Mitglied des Nexus bin, müsste ich zurücktreten. Ich bin nur hier, weil ich dieselben Ziele verfolge wie jeder in diesem Raum. Wir fürchten alle dasselbe, wie auch immer wir es nennen wollen. Aber was ich nicht akzeptieren kann – und will –, sind Ahnungen und Aberglauben. Tut mir leid, Miss Ashwood. Sie müssen uns schon Beweise liefern.«
»Vielleicht kann ich dazu beitragen«, sagte ein anderer Mann. Er war Polizist, ein hochrangiger Beamter bei Scotland Yard. »Mir ist vor Kurzem etwas aufgefallen, das Sie vielleicht interessieren dürfte. Es schien mir nicht weiter von Bedeutung, deswegen habe ich es bisher nicht erwähnt, aber im Lichte dessen, was wir jetzt gehört haben …«
»Fahren Sie fort«, sagte Professor Dravid. »Es geht um einen kleinen Ganoven, einen Drogensüchtigen namens Will Scott. Man hat ihn zuletzt gesehen, als er in Holborn, nicht weit von hier, einer Frau in eine Seitengasse gefolgt ist. Vermutlich sollte sie sein nächstes Opfer sein. Er hatte ein Messer und war wegen Raubüberfällen vorbestraft.«
»Was ist passiert?«
»Es war nicht die Frau, die zum Opfer wurde. Sie verschwand. Es war Scott, den wir tot aufgefunden haben. Er hat sich umgebracht, indem er sich sein Messer ins eigene Herz gestoßen hat.«
»Was ist denn daran so ungewöhnlich?«, fragte eine der Frauen.
»Er hat es am hellen Tag mitten in London getan. Aber es war nicht nur das. Ich habe sein Gesicht gesehen – « Der Polizeibeamte verstummte. »Ich wusste sofort, dass etwas nicht stimmte. Dieser Ausdruck des Entsetzens. Es sah aus, als hätte er versucht, dagegen anzukämpfen. Als wollte er nicht sterben. Es war grauenvoll.«
»Die Macht der Alten«, wisperte Miss Ashwood.
»Was hat ein Toter in Holborn mit dem Nexus zu tun?«, fragte der Bischof.
»Ich stimme Ihnen zu«, sagte Dravid. »Ein einzelner Zwischenfall. Ein möglicher Selbstmord. Aber es gibt noch etwas, das erst heute Mittag passiert ist. Allein das ist ziemlich merkwürdig, da ich natürlich wusste, dass wir heute Abend zusammenkommen würden. Ich war in meinem Büro im Museum, und mein Computer hat eine Anfrage bezüglich Raven’s Gate aufgespürt.« Er zögerte. »Ich habe ein Programm installiert«, erklärte er. »Immer, wenn irgendwo auf der Welt jemand diese Worte in eine Suchmaschine eingibt, erfahre ich davon. Im letzten Jahr ist es nur zwei Mal passiert – beide Male waren es Wissenschaftler. Aber diesmal war es anders. Es gelang mir, mit der Person am anderen Ende Kontakt aufzunehmen. Und ich habe das Gefühl, dass es ein Jugendlicher war, vielleicht sogar ein Kind.«
»Hat er das gesagt?«
»Nein. Aber er hat mich geduzt, und seine Ausdrucksweise deutete auf einen jungen Menschen hin. Er hat gesagt, dass er Matt heißt.«
»Nur Matt?«
»Er hat keinen Nachnamen angegeben. Aber es gibt noch etwas Interessantes. Die Anfrage kam von einem Computer in der Leihbücherei von Greater Malling.«
Wieder kam Bewegung in die Anwesenden. Diesmal sah sogar der Bischof besorgt aus.
»Hätten Sie uns nicht sofort informieren müssen, Professor?«, erkundigte sich der Südamerikaner.
»Dazu war keine Zeit, Mr Fabian. Wie ich schon sagte, es ist erst heute Mittag passiert, und ich wusste, dass wir abends ohnehin zusammenkommen würden. Für sich allein betrachtet ist es wahrscheinlich ohne Bedeutung. Ein Schuljunge könnte über die Worte Raven’s Gate gestolpert sein und sich ohne besonderen Grund dafür interessieren. Aber wenn man bedenkt, was Miss Ashwood fühlt und was wir gerade gehört haben – « Er sprach den Satz nicht zu Ende. »Vielleicht sollten wir versuchen, diesen Matt aufzuspüren und herauszufinden, was er weiß.«
»Und wie sollen wir das anstellen?«, fragte ein grauhaariger Mann mit französischem Akzent. Sein Name war Danton, und
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