Die Fünf Tore 1 - Todeskreis
es aus dem geborstenen Glaskasten.
Es war schwer zu erkennen in dem Nebel und der Dunkelheit, aber es schien Matt, als ähnele das Skelett einem Krokodil. Es war lang und flach und hatte kurze Stummelbeine, die seinen Körper nur knapp über dem Boden hielten. In einem plötzlichen Wutanfall hatte es sich vorwärts geschleudert und dabei das Glas der Vitrine gesprengt. Das Einzige, was es nicht konnte, war brüllen. Es hatte keine Lunge. Aber seine Füße – Knochen ohne Fleisch – machten ein merkwürdiges klackendes Geräusch auf dem Mosaikfußboden. Es stürmte mit weit aufgerissenem Maul auf sie zu, und seine schwarzen Zähne schnappten in die Luft. Sein peitschender Schwanz zertrümmerte den letzten Rest von dem, was bisher sein Zuhause gewesen war.
Der Flugsaurier ging zum fünften Mal in den Sturzflug und zielte mit seinem spitzen Schnabel auf Matts Kopf. Mit einem Aufschrei warf Matt sich auf den Boden und rollte sich weg, auch weg von dem Krokodil-Vieh, das auf ihn zustürmte.
Wie konnte es überhaupt sehen, fragte Matt sich, mit diesen leeren Augenhöhlen? Aber das Monster zögerte nicht. Es machte kehrt und kam wieder auf ihn zu. Matt lag auf dem Rücken. In wenigen Sekunden würde es über ihm sein.
Da reagierte Richard. Er schnappte sich einen Stuhl, holte aus und schlug ihn mit aller Kraft auf das Krokodil. Das massive Holz krachte in das Monster, brachte es vom Kurs ab und ließ eine Seite seines Brustkorbs zerbrechen. Es lag auf dem Boden, zuckend und rasselnd, und versuchte, wieder auf die Beine zu kommen. Sein Maul klappte immer wieder auf und zu, und es schleuderte den Kopf wild von einer Seite zur anderen. »Beweg dich!«, schrie Richard.
Eine zweite Vitrine platzte. Überall flogen Glassplitter herum. Die Dinosaurierskelette erwachten zum Leben – eines nach dem anderen. Knochen rasselten auf Marmor. Matt sprang auf und fragte sich, wie viele Ausstellungsstücke das Museum haben mochte. Und was war mit dem Riesenvieh, das sie gesehen hatten, als sie hereinkamen? Dem Diplodocus?
Matt drehte sich zu der riesigen Kreatur um und sah, dass auch ihre Knochen zu beben begonnen hatten. Der Diplodocus war mindestens zwanzig Meter lang. Sein mörderischer Schwanz schwang hin und her, angetrieben von der unerklärlichen Energie, die ihn plötzlich lebendig gemacht hatte. Eines seiner Beine bewegte sich, und jedes Gelenk ächzte. Sein Kopf drehte sich auf der Suche nach der Beute.
»Die Tür!«, brüllte Richard, und dann schrie er auf, als etwas gegen ihn prallte. Es war ein riesiges Echsenskelett, das auf den Hinterbeinen lief und die Arme ausgestreckt hielt. Es bestand aus mindestens hundert Knochen, die alle an einer langen, geschwungenen Wirbelsäule befestigt waren.
Es schnappte nach Richards Kehle. Richard kippte mit rudernden Armen hintenüber. Matt sah, wie der Schlüsselbund aus seiner Hand flog und in der Dunkelheit verschwand. Die Echse sprang hoch. Richard rollte sich zur Seite, und sie krachte auf den Boden. Hätte Richard eine Sekunde langsamer reagiert, wäre sie auf ihm gelandet.
»Die Tür!«, schrie er noch einmal. »Such nach einem Weg nach draußen!«
Der Nebel wurde immer dichter, und Matt konnte nicht mehr von einem Ende der Halle zum anderen sehen. Es waren weitere Explosionen zu hören, als immer mehr Vitrinen von innen heraus gesprengt wurden. Nur verschwommen erkennbare Ausstellungsstücke flogen, sprangen oder krochen auf sie zu. Richard tastete hektisch nach den Schlüsseln. Aber vielleicht ließ sich die Tür auch anders öffnen. Es gab doch sicher einen Notausgang oder so etwas.
Matt rannte quer durch die Halle und erreichte den Haupteingang. Er kam schlitternd zum Stehen, packte den Griff und zog. Die Tür war verschlossen. Er versuchte es am Notausgang, doch auch er war verschlossen. Matt starrte durch das Glas auf die Büros und Wohnungen auf der anderen Straßenseite. Der Verkehr war dicht, wie gewöhnlich. Ganz normales Leben … aber es hätte ebenso gut auf einem anderen Planeten sein können. Beide Ausgänge waren verschlossen. Es gab keine Entriegelung für Notfälle. Sie saßen im Museum fest.
»Richard!«, schrie Matt nervös, denn er konnte den Reporter nirgendwo entdecken.
»Sei leise!« Richards Stimme drang aus dem Nebel. »Sie können dich nicht sehen. Bleib, wo du bist, und mach kein Geräusch.«
Stimmte das? Ein weiteres echsenähnliches Vieh – vielleicht ein Iguanodon – tappte auf ihn zu. Es überragte ihn um einiges. Matt erstarrte.
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