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Die fünfte Kirche

Die fünfte Kirche

Titel: Die fünfte Kirche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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heißt?»
    «Das heißt   … na ja, das heißt, dass ich mich unter anderem dafür interessiere, was Hochwürden Ellis so vorhat.» Greg schnaubte; Merrily nahm ihren Schal ab, damit er den Priesterkragen sehen konnte. «Das scheint hier eins der wenigen Häuser ohne Kerze im Fenster zu sein.»
    Greg fuhr sich mit den Fingern durch die verbliebenen Haare. Er sah aus, als könnte er nicht sehr viel mehr ertragen.
    «Sie wollen wissen, was er vorhat? Sie meinen,
abgesehen
davon, Ehen zu zerstören?»
    «Nein, das interessiert mich auch.» Merrily setzte sich.
     
    Greg sagte, am vorigen Abend sei das Haus voll gewesen.
    «Zum ersten Mal seit Ewigkeiten. Leute, die ich noch nie gesehen habe. Keine großen Trinker, aber wir haben ’ne Menge Cola und so ausgeschenkt, und wenn Sie irgendwas über die Schankgesetze wissen, ist Ihnen ja bekannt, dass man damit den meisten Profit macht. Was das angeht, kann ich mich also nicht beklagen.»
    «Und wo kamen die alle her?», fragte Gomer.
    «Meine Frau ist zur Kirche gegangen, Gomer. Zu dieser Beerdigung. Mrs.   Weal. Ist ewig nicht wiedergekommen, und damit meine ich Stunden. Hat gesagt, sie hätte mit Leuten reden müssen. Ist das erste Mal, dass sie überhaupt mit jemand redet, seit wir hier sind.» Er starrte mürrisch vor sich hin. «Mich eingeschlossen.»
    «Und sie war vorher nie in der Kirche – oder in der Dorfhalle?», fragte Merrily.
    «Nein. In gar keiner Kirche. Sie müssen wissen, Marianne – ich hab das noch keiner Seele hier erzählt, und es wär schrecklich, wenn irgendjemand   –»
    «Wir sagen kein Wort», sagte Gomer.
    «Sie hat Probleme.» Greg flüsterte jetzt fast. «Depressionen.
Akute
Depressionen. War deshalb schon im Krankenhaus, wissen Sie, in der psychiatrischen Anstalt. Das war noch in London, als wir den Pub in Fulham hatten. Sie ist   … immer schwieriger geworden.»
    Merrily sagte nichts.
    «Mit Männern und   … und so.» Greg wischte es mit einer verlegenen Kopfbewegung beiseite. «Sie ist keine Nymphomanin oder so. Sie hat einfach Depressionen. Einmal waren wir im Urlaub, da ging’s ihr gut. Sie hat gesagt, sie ist sicher, dass es ihr die ganze Zeit gutgehen würde, wenn wir umziehen, aufs Land zum Beispiel. Aber das Leben auf dem Land ist nicht mehr billig.»
    «Außer hier vielleicht», sagte Gomer.
    «Hmhm.»
    «Is ’ne Falle, Greg.»
    «Wem sagen Sie das. Hier kommen Leute rein – Städter, das hört man an dem hektischen Lachen   –, die suchen immer noch nach Erdbeeren mit Sahne auf der Wiese und wollen den Dorfschmied in der Ferne hämmern hören. Wär ja lustig, wenn’s nicht so verdammt tragisch wär.»
    «Sie haben sich selbst beschrieben, oder?», sagte Merrily freundlich. «Als sie zum ersten Mal herkamen?»
    «Meine Frau vielleicht – ich nicht. Ich bin kein Romantiker. Ich hab versucht, es ihr zu sagen   … na ja, ich hab’s mir schon anders vorgestellt. Ich meine, die Einheimischen sind ja nicht
verkehrt
, die meisten jedenfalls   …»
    «Hätt ich dir sagen können, Junge», sagte Gomer. «Bist in den falschen Ort gezogen. Die Leute dahinten   …», er zeigte mit dem Daumen über seine Schulter in Richtung New Radnor, «die sind schon wieder anders. Da ist mehr Luft, das macht den Unterschied.»
    «Ihre Frau ist also gestern wieder zur Kirche gegangen?», fragte Merrily schnell.
    «Ja. Weg war sie. In die Dorfhalle. Konnte hier gar nicht schnell genug rauskommen. Das habe ich nicht gewollt. Klar wollte ich, dass sie Freunde findet, aber nicht so. Ich hab zu ihr gesagt: Komm, wir sind keine Kirchgänger, und es wär auch Heuchelei, jetzt damit anzufangen.»
    «Ohne die Heuchler wären unsere Kirchen ziemlich leer», gab Merrily zu. «Aber sie ist gegangen und kam vollkommen begeistert wieder, richtig?»
    Greg lächelte nicht.
    «Und hatte plötzlich ganz viele neue Freunde», sagte Merrily. «Leute, die ihr bisher höchstens mal im Dorfladen zunickten, haben sie umarmt, als sie gegangen ist. Und sie hat gemerkt, dass sie sich hier noch nie zuvor so zu Hause gefühlt hat.»
    «Genau so war’s», sagte Greg bitter.
    «Und jetzt will sie, dass Sie am nächsten Sonntag mit ihr zur Kirche gehen.»
    «Sie sagt, nur so hätten wir eine Zukunft. Und ich glaube nicht, dass sie damit zusätzliche Gäste meint. Sie wird   …» Er sah besorgt aus. «Sie wird doch nicht so bleiben, Miss   …?»
    «Merrily.»
    «Sie kann doch nicht so bleiben. Oder? Sie war nie religiös. Ich meine   … na ja, ich hätte es

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