Die fünfte Kirche
können.
Betty nahm die Kopie mit zum Fensterbrett. Durch den starken Kontrast, den sie eingestellt hatte, um eine größere Schärfe zu erzielen, sah der Zettel sogar noch bedrohlicher aus als das Original.
Erst die Vision von dem betenden Mann in der Kirche und dann das.
Oh Herr Jesus Christus, Heiland und Retter. Ich erflehe die Errettung aller, die der Hexerei und den Kräften des Bösen verfallen sind … Amen Amen Amen …
Dei nunce … Amen Amen Amen Amen Amen.
Rituelle Wiederholung. Eine seltsame Mischung aus katholisch und anglikanisch. Und dann auch noch:
Bei Jehova, bei Jehova und dem Unaussprechlichen Namen
17317 … Heiligen Namen … Elohim … Emmanuel …
Jüdische Mystik … die Kabbala. Ein deutlicher Hinweis auf rituelle Magie. Und dann diese Symbole – planetarisch, astrologisch, dachte Betty.
Es war bizarr und verwirrend, eine Mischung von Christlichem und Okkultem, neunzehntes Jahrhundert. Und es war offensichtlich authentisch.
Jemand wollte ihnen damit sagen:
Wir wissen über euch Bescheid. Wir wissen, was ihr seid
.
Und wir wissen, wie wir mit euch umzugehen haben.
Das geheimnisvolle Kistchen war noch in der Scheune, versteckt in einer Futterkrippe. Nach all den Auseinandersetzungen mit Betty, die es auslöste, hatte Robin irgendwie gehofft, die Einheimischen hätten das Ding wieder weggezaubert. Es war nett, es war schräg, aber es war vor allem ein Riesenscheiß. Ein Witz, oder?
Die Einheimischen? Er stellte fest, dass er anfing, sie für undurchsichtig und bösartig zu halten, wie eine fremde Spezies.
Robin hatte festgestellt, dass die kleine Kiste ursprünglich aus diesem Haus kam. Zumindest gab es Anzeichen für ein altes Versteck in der Ecke des Wohnzimmerkamins – neuer Zement, ein Stein war ausgetauscht worden. Aber ob das der Grund dafür war, dass Betty sich sträubte, ihr Wohnzimmer zum Tempel zu weihen? Weil diese Antihexenformel dort verborgen gewesen war?
Bettys Verhalten war den größten Teil des Wochenendes über schwierig gewesen. George Webster und seine flatterhafte Freundin Vivvie, Gleichgesinnte aus Manchester, waren am Samstag runtergekommen, um den Thorogoods zu helfen, das Haus auf Vordermann zu bringen, und sie waren erst Montagnachmittag wieder gefahren. Es hatte ein gutes Wochenende werden sollen, mit lauter Musik, Wein und dem größten Feuer, das man mit harzigen Kiefernästen zustande bringen konnte. Aber Betty hatte die ganze Zeit geklagt, sie sei müde und habe Kopfschmerzen.
Was überhaupt nicht zu ihr passte. Robin hatte gewollt, dass sie am Sonntagabend als feierlicher Höhepunkt des Besuchs zu viert auf den Kirchturm stiegen, um den Neumond zu begrüßen. Aber – wie man sich auch vorher hätte denken können – es war bewölkt, regnerisch und kalt gewesen. Und Betty hatte immer wieder ihreSicherheitsbedenken angebracht: Zum Beispiel, ob der alte Boden überhaupt vier Leute tragen würde. Dachte sie, er plante da oben eine Orgie?
Von der Scheunentür aus konnte Robin gerade noch die Turmspitze sehen, stimmungsvoll in Nebel gehüllt. Eines nicht allzu fernen Tages würde er davon ein Gemälde machen, in verschwommenen Wasserfarben, im Stil von Turner, und es seinen Leuten in New York schicken.
Das ist eine Skizze der Kirche. Hatte ich die ehemalige Kirche erwähnt, die zu unserem Anwesen gehört?
Und
ehemalig
stimmte.
Es war genau, wie es sein musste. Das Stück Land oberhalb des Flüsschens, das herrliche Grundstück, auf dem die verdammten Christen die mittelalterliche Kirche St. Michael gebaut hatten, war definitiv eine ehemalige heidnische Kultstätte.
Das hatte George Webster bestätigt, und George Webster war ein Experte auf diesem Gebiet.
«Allein diese Eiben, Robin, die stehen ja fast im Kreis. Diese hier und die da drüben könnten … gut und gern tausend Jahre alt sein.»
Der rothaarige, bärtige George hatte seine Hände in den tiefen Furchen der riesigen, gewundenen Stämme verschwinden lassen und anschließend zwei gegabelte Haselnusszweige abgeschnitten, sodass er und Robin ein paar Erkundungsgänge mit der Rute machen konnten. Man musste Fragen stellen: Haben hier Steine gestanden? War dies in vorchristlicher Zeit eine Begräbnisstätte? Wie viele Tote sind hier begraben? Dann wartete man, dass der Zweig zuckte, das war die Antwort. Robins Zweig antwortete zwar nicht allzu häufig, aber George war der Experte.
Nein, es habe keine Steine gegeben, aber eventuell
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