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Die fünfte Kirche

Die fünfte Kirche

Titel: Die fünfte Kirche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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hängen.»
    «Ja», sagte Betty bemüht geduldig, «wenn wir Nachforschungen anstellen würden, würden wir sicher rausfinden, dass es hier einen weisen Mann gegeben hat – die hat man in dieser Gegend Beschwörer genannt. Wahrscheinlich waren die im neunzehnten Jahrhundert noch ziemlich mächtig.»
    «Wie Schamanen?»
    «So ähnlich. Jemand, der sich mit Zauberformeln und Bannsprüchen auskannte. Wenn ein paar Schafe die Krätze hatten oder so, hat der Bauer geglaubt, sein Hof wäre verhext, und dann hat er den Beschwörer gerufen. Meistens war das ein Mann – wahrscheinlich, weil die Bauern hier nicht so gern mit Frauen zu tun hatten. Der Beschwörer hat dann einen Zauberspruch aufgeschrieben, der in der Nähe des Kamins aufbewahrt werden sollte, und alle waren glücklich und zufrieden.»
    «Genau. Wir haben es einfach nur gefunden, als wir ziemlich übermüdet und gestresst waren, und haben voreilige Schlüsse gezogen.»
    Betty nickte unverbindlich. Sie sah heute Morgen etwas lebendiger aus in ihrem roten Mohairpullover und mit ihrem Mond-Talisman. Sie war ins Schwitzen gekommen, als sie massenweise Kiefernscheite angeschleppt und zu beiden Seiten des Rayburn aufgehäuft hatte. Am Vorabend hatten sie und Vivvie chinesischeLampions an die nackten Glühbirnen gehängt und Segenssprüche aufgesagt. Aber als George vorgeschlagen hatte, den Tempel direkt im Wohnzimmer zu weihen, war Betty dagegen gewesen. Das sollte man nicht übers Knie brechen. Man sollte den Hausgeistern Zeit lassen, sie kennenzulernen. Das hatte für Bettys Verhältnisse ungewöhnlich abgehoben geklungen.
    «Weißt du, wenn ich meinem Instinkt nachgegeben hätte, als ich den Typ vom Turm aus gesehen hab, wär ich direkt runtergelaufen und hätte ihn dabei erwischt, wie er die Tüte abstellt.»
    Betty schüttelte den Kopf. «Wer immer es war, wenn er dich an der Tür getroffen hätte, hätte er irgendeine Entschuldigung parat gehabt – er hat Licht im Haus gesehen und wollte nachsehen, ob alles o.   k. ist oder so. Er hätte so getan, als wären in der Tüte seine Einkäufe, und hätte sie einfach wieder mitgenommen.»
    Er sagte nichts dazu, meistens hatte sie nämlich recht. Er legte seine Hände auf die kleine Kiste, schloss die Augen, stellte sich andere Hände auf der Kiste vor – und suchte nach einem Gesicht.
    «Das hab ich schon gemacht», sagte Betty barsch. «Dabei ist nichts Eindeutiges herausgekommen.»
    Robin öffnete die Augen. Wenn sie es versucht hatte und nichts dabei herausgekommen war, dann gab es auch nichts herauszubekommen. Er brauchte sich da nichts vorzumachen, es war klar, wer von ihnen
in dieser Hinsicht
die bessere Wahrnehmung hatte. Aber das machte ihm nichts aus; er hatte immer noch seine kreative Vision.
    «Stell das Ding jetzt zurück, ja, Rob?»
    «In den Kamin?»
    «In die
Scheune
, Schwachkopf! Lass uns nichts riskieren. Nicht, bis wir wissen, wo das Kästchen herkommt.»
    «Ha!» Er sprang auf. «Das willst du unbedingt wissen, oder?»
    «Ich wüsste es ganz gern, ja», sagte Betty leichthin.
    «Bets   …», er ging zu ihr und fasste sie sanft an den Schultern,«sieh mich an   … was wäre denn verdammt nochmal so schlimm daran, wenn jemand wüsste, dass wir Heiden sind?»
    «Das wäre kein Problem, wenn wir in Islington leben würden oder so. Aber hier   …», sagte Betty.
    «Ist es
auch
kein Problem. Betty, ich bin es doch, der überreagiert. Der das Haus nicht verlassen will, wenn nur eine einzige Elster im Garten ist. Glaub mir, dies ist ein
guter
Ort. Wir sind dazu
bestimmt
. Und wir sind genau zur richtigen Zeit gekommen. Wir sind dazu bestimmt, hörst du? Das Kirchengelände wieder zu einem heiligen Ort zu machen und all das.»
    Betty löste sich behutsam aus seinem Griff. «Ich denke, ich sollte zu Mrs.   Wilshire gehen. In dem Brief steht: ‹Die vorherigen Bewohner zogen es vor, es nicht zu behalten, und gaben es weg.› Damit meinen sie ja vermutlich Mrs.   Wilshire. Oder vielmehr ihren Mann.»
    «Er war ein alter Soldat. Er wird das für reinen Blödsinn gehalten haben.»
    «Bevor er starb», sagte Betty.
    «Uuuuh!» Robin hob die Hände und trat zurück, als habe er eine Erscheinung. «Fang ja nicht damit an!»
    «Sie haben hier noch nicht mal richtig gelebt. Sie waren mit dem Renovieren gerade halb durch, da war der alte Major schon weg, krach, bumm.»
    Robin breitete seine Arme aus. «Bets, es ist wie   … sieh mal, da kommt doch eins zum andern. Wenn die Wilshires mit dem Renovieren

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