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Die fünfte Kirche

Die fünfte Kirche

Titel: Die fünfte Kirche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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waren. «Der alte Ronnie hat sechs Jahre oder so versucht, das Ding loszuwerden.»
    «Hab ich gehört», sagte der Junge. Er schien seinen Kauf zu bedauern.
    Das sollte er wohl auch. Radnorshire war schon immer eine arme County: sechsmal so viele Schafe wie Menschen, und die alten Villen konnte man an einer Hand abzählen. Gab auch nicht viel neues Geld: Die wirklich reichen Leute   – Filmstars, Börsenmakler, Drogendealer, die sich zur Ruhe gesetzt hatten – gingen nach Cotswolds, und die Mittelreichen kauften sich ein weitläufiges Fachwerkhaus in Herefordshire.
    Dagegen Radnorshire – keine schicken Läden, keine öffentlichen Schulen, kein Krankenhaus, keine Städte mit mehr als 3000   Einwohnern – hier sammelten sich Pioniertypen, die in Croydon oder Solihull zwei armselige Morgen beackerten, mit zwei Dutzend Schafen und einem zerbröckelnden Bauernhaus.
    Und die Pensionäre, die bekam Radnorshire auch, tausendfach. Paare wie Minnie und Frank, die die alten Bauernhäuser und die billigen Bungalows kauften. Und dann starb einer von ihnen, und der andere blieb am Arsch der Welt allein, weil die Grundstückspreise in Radnorshire nun mal nicht so anziehen, dass die armen Kerle es sich leisten könnten wegzuziehen.
    «Gehen Sie nicht zu der Beerdigung von Menna Weal?», fragte der Junge. Obwohl der Parkplatz voll war, waren nur er und Gomer im
Black Lion
. Die Trauernden hatten draußen geparkt, im
Lion
etwas getrunken und sich dann zur Dorfhalle aufgemacht. Ziemlich merkwürdige Sache, Gottesdienste in der Dorfhalle zu veranstalten, aber das war Radnorshire – wenn man seine Kirche verliert, muss man eben irgendwie zurechtkommen.
    Gomer schüttelte den Kopf. «Kannte sie nicht so gut.» Die Wahrheit war, dass er die Trauerfeier nicht ertragen hätte, nachdem Min erst ein paar Tage unter der Erde gewesen war. Es war gut, der kleinen Pfarrerin zu helfen, aber ihm war klar, dass die Pfarrerin ihm einfach was zu tun gab, um ihn von seinem Verlustabzulenken; sie würde nicht wollen, dass er bei irgendeiner Beerdigung dabei war.
    «Ich auch nicht», sagte der Junge. «Mrs.   Weal kam nie her. Ihr Mann schaut gelegentlich rein.»
    «Hmhm, sucht hier neue Kunden, Leute von draußen. Macht einen auf freundlicher Anwalt.» Das hatte Gomer gehört, Big Weal selbst sagte nie viel, ließ sich nicht in die Karten schauen, aber er sorgte dafür, dass er zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort war.
    Der Junge war verlegen. «Auf die Art sind wir auch seine Klienten geworden. Er war gerade hier, als wir uns alles angesehen haben. Kannte den Makler, und dann hat er sich um die ganze Übernahme gekümmert.» Er lachte. «Der Typ ist so riesig, da traut man sich gar nicht, nein zu sagen, wissen Sie?»
    «So war’s wahrscheinlich auch bei der armen Mrs.   Weal», sagte Gomer.
    Er hatte ein bisschen etwas über Menna in Erfahrung gebracht – von Danny Thomas, dem Rock-’n’-Roll-Bauern aus Kinnerton, der, wie sich herausstellte, ein entfernter Cousin von Menna war. Danny hatte sie selbst mal ganz toll gefunden, aber Merv Thomas hatte sie von Männern ferngehalten. Egoistischer Hund, der alte Merv, vor allem, nachdem seine Frau das Zeitliche gesegnet hatte. Da brauchte er eine andere Frau im Haus, die das machte, wofür Gott die Frauen nun mal geschaffen hat.
    Anscheinend eine zerbrechliche, blasse kleine Person, diese Menna. Zum Waschen und Saubermachen hat’s noch gereicht, aber nicht für die Arbeit auf dem Hof. Söhne hätte Merv gebraucht, aber nie bekommen. Und so ging der Thomas-Hof an Leute von draußen. Um das Geschäftliche kümmerte sich J.   W.   Weal, und anschließend heiratete er den Ertrag.
«Was für eine Verschwendung»
, hatte Danny Thomas in seiner Scheune gesagt, die Gitarre auf den Knien, und Gomers Trommelfell mit etwas malträtiert, das «Smoke on the Water» hieß.
    «Wie gesagt, er hat sie nie mitgebracht.» Der Junge beugte sich vertraulich über die Bar. «Im Ort hat man sie aber auch nie gesehen. Wir haben uns schon gefragt, ob sie Agoraphobie hat oder so, aber ich wollte nicht fragen.»
    «Hm.» Weise Haltung. Niemand mochte es, wenn ein Wirt von auswärts seine Nase in die Angelegenheiten der Einheimischen steckte. «Dann hatte sie wohl auch gar keine Freunde hier?»
    «Mrs.   Prosser, die Frau vom Landrat, ist wohl ein-, zweimal die Woche rübergegangen.»
    Judy Prosser. Das passte. Judy Prosser war nicht weit von Merv Thomas’ Hof aufgewachsen. Sie kannte die Thomas-Mädchen, Barbara

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