Die fünfte Kirche
stellte und sein keltisches Lichtschwert auflud.
Robins Madoc – der jetzt nicht mehr Blackmores Madoc sein würde. Ein schlankes, edles, bartloses Gesicht, die Frisur – oder die wunderbar gelungene Nichtfrisur – schamlos Bettys herrlicher Haarfülle nachempfunden. Madoc, der Fantasy-Held, durfte Bettys heilige Macht spiegeln. Wie war es möglich, dass der verfluchte Blackmore darauf nicht ansprang?
Und wovon sollten sie jetzt leben?
Von Liebe wohl kaum. Er sah Bettys Gesicht vor sich, als sie gegangen war, ihre Augen glanzlos, kein Lächeln. Und ihre Haare gebürstet. Sie hatte sich die Haare ganz glatt gebürstet!
Außerdem hatte sie einen Rock angehabt, den er überhaupt nicht kannte, einen dunklen, halblangen Rock – einen total gewöhnlichen Rock. Das war das Schlimmste daran. Als sie das Haus verließ, sah sie aus wie
ein gewöhnlicher Mensch
.
Und das war seine Schuld. Seit sie hierhergekommen waren, hatte er alles falsch gemacht. Genauso wie alles, was er nicht gemacht oder gesagt hatte.
Er hatte nicht mal weiter darüber nachgedacht, was da mit Marianne vor dem Pub passiert war. Es war wie ein Traum gewesen – das leuchtende Kreuz am Himmel, der große, komische Typ, der sich umgesehen hatte, ohne dass jemand hinter ihm gewesenwäre. Robin war nach Hause gegangen und hatte geschlafen, bis der nächste miese Tag anbrach.
Er fror bis auf die Knochen. In letzter Zeit hatte Betty ihm im Bett den Rücken zugewandt, hatte vorgegeben zu schlafen, hatte eine Psycho-Wand zwischen ihnen hochgezogen.
«Scheiße!» Robin zerfetzte die Madoc-Zeichnungen und ließ die Schnipsel auf den Boden fallen. «Scheiße, Scheiße,
Scheiße
!»
Er versuchte, sich vorzustellen, wie Blackmore sie zerriss, allerdings hatte er den Typen nie gesehen. Das Gesicht, das er sich vorstellte, war das selbstgefällige, faltenlose, heilige Gesicht von Hochwürden Nicholas Ellis. Ellis war an alldem schuld. Ellis, der Robin zu seinem Teufel gemacht hatte, seinen selbstgefälligen, heiligen christlichen Hass auf die Ruine von St. Michael gerichtet hatte, die Höhle des Drachen. Ellis brachte ihnen Unglück.
Und sie waren unschuldig.
Robin brach zusammen und weinte vor Frust und Verzweiflung, den Kopf zwischen die verstreuten Farbtuben auf dem Tisch gelegt. Robin Thorogood, Illustrator und Seelenverführer? Wächter irgendwelcher Tore zur Anderwelt? Was für ein schlechter Witz.
Bei den Samen und den Wurzeln, den Knospen und den Stielen, bei den Blättern und den Blumen und den Früchten, beim Leben und bei der Liebe und im Namen der Göttin nehme ich, Robin, dich, Betty, an meine Hand, mein Herz und meinen Geist, beim Untergang der Sonne und dem Aufgang der Sterne.
Nichts von dieser Bis-der-Tod-uns-scheidet-Scheiße.
In der Fülle der Zeit werden wir wiedergeboren werden, zur selben Zeit und am selben Ort wie der Andere, und wir werden uns begegnen und uns erkennen und von neuem lieben.
Er hatte geweint. Wann immer er daran zurückdachte, musste er weinen. Hätte eine phantasielose christliche Trauungszeremonie das auch bewirkt?
Robin weinte noch heftiger. Er sah Betty in ihrem Hochzeitskleid vor sich. Er sah, wie sie ihr Kleid auszog, als sie allein waren, für die Vollendung, für den Großen Ritus.
Wie hatte es passieren können, dass ihre Seelen so auseinanderdrifteten? Wie hatte das an dem heiligen Ort passieren können, der ihnen
prophezeit
worden war, der laut der Prophezeiung verdammt nochmal ihr Schicksal war?
Robin stand auf. Er würde zur Scheune rübergehen. Er würde das Kästchen mit der Zauberformel aus der Scheune holen, der Formel, die versprach, dieses Haus und alle Hühner und Schweine und Einheimischen darin vor der Bedrohung durch die Alte Religion zu beschützen.
Und er, Robin Thorogood, würde dieses Kästchen nehmen und es dahin bringen, wo die Christen ihre Kirche gebaut hatten, und es in aller Feierlichkeit und im Gedenken an Pfarrer Penney in die reißenden Fluten des Hindwell schleudern.
Robin trocknete sich die Augen mit einem der Tücher, die er zum Malen verwendete. Er glaubte, ein Klopfen an der Vordertür gehört zu haben.
Die Einheimischen. Wahrscheinlich waren es bloß wieder die
Einheimischen
. Eine dieser sehr einheimischen Personen, die den anonymen Brief an seine Frau geschrieben hatte.
Diese Einheimischen konnten sich vom Acker machen. Robin ballte seine Faust. Sie sollten gefälligst ihre Ärsche von seinem Besitz wegbewegen.
«Mr. Thorogood?», sagte der
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