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Die Fünfundvierzig

Titel: Die Fünfundvierzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas d. Ä.
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Mannes aus, der nur seinen Willen ausdrücken zu dürfen glaubt, wie er auch lauten mag, daß diesem Willen entsprochen werde.
    »Verzeiht, Monseigneur,« sagte Carmainges, »habt Ihr mir nicht gesagt, ich soll Euch den Brief von Herrn von Mayenne an seine Schwester geben?« – »Allerdings.«
    »Der Herr Herzog weiß nicht, daß dieser Brief mir anvertraut worden ist.« – »Was liegt daran?«
    »Es liegt viel daran, gnädigster Herr; ich habe dem Herrn Herzog mein Ehrenwort gegeben, daß dieser Brief der Herzogin selbst zugestellt werde.«
    »Seid Ihr im Dienste des Königs oder in dem des Herrn von Mayenne?« – »In dem des Königs, Monseigneur.«
    »Nun wohl! Der König will diesen Brief sehen.« – »Gnädigster Herr, Ihr seid nicht der König.«
    »Ich glaube in der Tat, Ihr vergeßt, mit wem Ihr sprecht, Herr von Carmainges?« sagte Epernon, vor Zorn erbleichend.
    Aber Ernauton blieb bei aller Erregung und Empörung des Herzogs völlig kühl, was seinen Vorgesetzten schließlich so in Wut versetzte, daß er brüllte:
    »Ins Gefängnis, und man nehme ihm seinen Brief ab!«
    »Niemand soll ihn berühren,« rief Ernauton, indem er einen Sprung rückwärts machte und Mayennes Schreiben aus der Brust zog; »ich zerreiße den Brief in Stücke, da ich ihn nur um diesen Preis retten kann. Und wenn ich dies tue, wird Herr von Mayenne mein Benehmen billigen, und Seine Majestät wird mir verzeihen.«
    Schon war der junge Mann im Begriff, den kostbaren Brief in zwei Stücke zu zerreißen, als eine Hand sanft seinen Arm zurückhielt.
    Wäre der Druck heftig gewesen, so würde Ernauton ohne Zweifel den Brief sofort vernichtet haben; als er abersah, daß man schonend zu Werke ging, hielt er inne und wandte den Kopf um.
    »Der König!« sagte er.
    Der König hatte wirklich, die Treppe des Louvre herabsteigend, einen Augenblick stillgestanden, er hatte das Ende des Streites mit angehört, und sein königlicher Arm hielt Carmainges' Arm zurück.
    »Was gibt es denn, meine Herren?« fragte er mit jenem Tone, dem er, wenn er wollte, eine so gebieterische Macht zu verleihen wußte.
    »Sire,« rief Epernon, ohne daß er sich die Mühe gab, seinen Zorn zu verbergen, »dieser Mensch, einer von Euren Fünfundvierzig, zu denen er übrigens nicht mehr gehören wird, dieser Mensch, den ich in Eurem Namen beauftragte, Herrn von Mayenne während seines Aufenthalts in Paris zu überwachen, ist diesem bis jenseits Orleans gefolgt und hat dort von ihm einen an Frau von Montpensier adressierten Brief erhalten.«
    »Ihr habt von Herrn von Mayenne einen an Frau von Montpensier adressierten Brief erhalten?« fragte der König. – »Ja, Sire,« antwortete Ernauton; »doch der Herzog von Epernon sagt Euch nicht, unter welchen Umständen.«
    »Nun, wo ist dieser Brief?« – »Das ist gerade die Ursache des Streites, Sire; Herr von Carmainges weigert sich durchaus, ihn mir zu geben, und will ihn an seine Adresse überbringen. Eine Weigerung ist meiner Ansicht nach die Sache eines schlechten Dieners.«
    Der König schaute Carmainges an.
    Der junge Mann setzte ein Knie auf die Erde und sagte: »Sire, ich bin ein armer Edelmann, ein Mann von Ehre und nichts anderes. Ich habe Eurem Boten, den Herr von Mayenne und fünf von seinen Anhängern ermorden wollten, das Leben gerettet, denn ich kam gerade zu rechter Zeit an, um dem Kampfe eine Wendung zu seinen Gunsten zu geben.«»Und während dieses Kampfes ist Herrn von Mayenne nichts begegnet?« fragte der König. – »Doch, Sire, er wurde verwundet, und zwar schwer verwundet.«
    »Gut,« sagte der König, »hernach?«
    »Euer Bote, der besondere Gründe des Hasses gegen Herrn von Mayenne zu haben scheint...,« der König lächelte, »wollte seinem Feind den Garaus machen; vielleicht hatte er das Recht dazu; doch ich dachte, in meiner Gegenwart, in Gegenwart eines Mannes, dessen Schwert Eurer Majestät gehört, würde diese Rache ein politischer Mord, und...« Ernauton zögerte.
    »Vollendet!« sagte der König.
    »Und ich beschützte Herrn von Mayenne vor Eurem Boten, wie ich Euren Boten vor Herrn von Mayenne beschützt hatte.«
    Epernon zuckte die Achseln, Loignac biß sich auf seinen langen Schnurrbart, der König blieb kalt.
    »Fahrt fort!« sagte er.
    »Auf einen einzigen Gefährten angewiesen – die anderen waren getötet –, hat sich Herr von Mayenne, der sich nicht von diesem Gefährten trennen wollte und nicht wußte, daß ich in Euren Diensten stehe, mir anvertraut und mich ersucht,

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