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Die Fünfundvierzig

Titel: Die Fünfundvierzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas d. Ä.
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Geisel. Nun?« – »Nun! Sire, wenn man die Mittel vermindert, vermindert man das Vergnügen des Aufenthalts. Nerac ist eine sehr angenehme Stadt, die einen reizenden Park und Alleen, wie es nirgends gibt, besitzt; doch der Mittel beraubt, wird sich Frau Margarethe in Nerac langweilen und sich nach dem Louvre sehnen,«
    »Dein erster Grund gefällt mir besser, Chicot,« sagte Heinrich, den Kopf schüttelnd. – »Dann will ich Euch den dritten sagen. »Zwischen dem Herzog von Anjou, der sicheinen Thron zu machen sucht und Flandern aufwiegelt, zwischen den Herren von Guise, die sich gern eine Krone schmieden möchten und Frankreich aufwiegeln, zwischen dem König von Spanien, der nach einer Universalmonarchie trachtet und die Welt aufwiegelt, haltet Ihr, der Fürst von Navarra, die Wage und behauptet ein gewisses Gleichgewicht.«
    »In der Tat, ich, ohne Gewicht!« – »Ganz richtig. Seht die Schweizer Republik an! Werdet mächtig, das heißt gewichtig, und Ihr zieht die Schale hinab. Ihr seid nicht mehr ein Gegengewicht, sondern ein Gewicht.«
    »Oh! dieser Grund gefällt mir ungemein, Chicot, und er ist vollkommen nachgewiesen. Du bist ein wahrer Rechtsgelehrter.« – »Wahrhaftig, Sire, ich bin, was ich sein kann,« erwiderte Chicot, der sich, geschmeichelt durch das Kompliment, von der ungewohnten königlichen Treuherzigkeit verführen ließ.
    »Das ist also die Erklärung meiner Lage?« – »Vollständig, Sire.«
    »Und ich sah nichts von dem allem, Chicot, ich hoffte stets, begreifst du das?« – »Sire, darf ich Euch einen Rat geben, so ist es der: Hört auf zu hoffen.«
    »Ich will also mit dieser Schuldforderung an den König von Frankreich verfahren, wie mit denen meiner Meier, die mir den Pachtschilling nicht bezahlen können; ich setze ein B. neben ihren Namen.« – »Was Bezahlt heißen soll?«
    »Ganz richtig.« – »Setzt zwei B. und stoßt einen Seufzer aus!«
    Heinrich seufzte. »So werde ich es machen,« sagte er. »Du siehst übrigens, mein Freund, daß man in Bearn leben kann, und daß ich Cahors nicht durchaus notwendig habe.« – »Ich sehe das, und Ihr seid, wie ich vermutete, ein weiser Fürst, ein philosophischer Fürst ... Doch was für ein Lärm ist das?«
    »Ein Lärm? Wo dies?« – »Im Hofe, wie mir scheint.«
    »Schau aus dem Fenster, mein Freund, schau!« – Chicot näherte sich dem Fenster und sagte: »Sire, es ist unten ein Dutzend ziemlich schlecht gekleideter Leute.«
    »Ah! das sind meine Armen,« versetzte der König aufstehend. – »Eure Majestät hat ihre Armen?«
    »Ganz gewiß, empfiehlt Gott nicht die Mildtätigkeit? Wenn ich auch nicht Katholik bin, so bin ich darum doch nicht minder Christ.« – »Bravo, Sire.«
    »Komm, Chicot, laß uns hinabgehen; wir geben miteinander das Almosen und speisen dann zu Nacht.« – »Sire, ich folge Euch,«
    »Nimm die Börse, die dort auf dem Tischchen neben meinem Degen liegt, siehst du?« – »Ich habe sie.«
    »Vortrefflich.«
    Sie gingen hinab. Es war Nacht geworden. Der König schien, während er vorwärts schritt, von Sorgen und innerer Unruhe heimgesucht zu sein. Chicot schaute ihn an und betrübte sich über diesen Kummer.
    »Wie zum Teufel kam mir der Gedanke, mit diesem Fürsten über Politik zu sprechen?« sagte er zu sich selbst. »Ich habe ihm den Tod ins Herz gebracht! Ich einfältiger Tölpel!«
    Im Hofe näherte er sich der Gruppe von Bettlern, auf die Chicot hingewiesen hatte.
    Es war in der Tat ein Dutzend Männer von verschiedener Statur, Physiognomie und Tracht, Leute, die ein ungeschickter Beobachter nach ihrem Gang, nach ihrer Stimme, nach ihren Gebärden für Zigeuner gehalten hätte, in denen aber ein geschickter Beobachter verkleidete Edelleute erkannt haben würde.
    Heinrich nahm die Börse aus den Händen Chicots und machte ein Zeichen. Alle Bettler schienen das Zeichen zu verstehen. Sie begrüßten ihn jeder einzeln mit einer demütigen Miene, zugleich aber mit einem Blick voll desEinverständnisses und der Kühnheit, der zu sagen schien: »Unter der Hülle brennt das Herz.«
    Heinrich antwortete durch ein Zeichen mit dem Kopf, steckte dann den Zeigefinger und den Daumen in die Börse, die Chicot offen hielt, und nahm ein Stück heraus.
    »Ei! wißt Ihr, daß das Gold ist?« fragte Chicot.
    »Ja, mein Freund, ich weiß es.« – »Teufel, Ihr seid reich?«
    »Bemerkst du nicht, mein Freund,« entgegnete Heinrich mit einem Lächeln, »daß alle diese Goldstücke mir, zu je zwei Almosen dienen? Ich

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