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Die Fünfundvierzig

Titel: Die Fünfundvierzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas d. Ä.
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bin im Gegenteil arm, Chicot, und sehe mich genötigt, meine Pistolen entzwei zu schneiden, um nicht alles auf einmal zu vertun.« – »Es ist wahr,« sagte Chicot mit wachsendem Erstaunen, »die Stücke sind Hälften von Stücken, die man in willkürlichen Formen ausgeschnitten hat.«
    »Oh! ich bin wie mein Bruder in Frankreich, der zu seiner Belustigung Bilder ausschneidet, ich habe auch meine eigentümliche Unterhaltung; es belustigt mich in meinen verlorenen Augenblicken, Dukaten zu beschneiden. Ein armer, ehrlicher Bearner ist findig wie ein Jude.« – »Gleichviel, Sire,« sagte Chicot, den Kopf schüttelnd, denn er erriet ein verborgenes Geheimnis, »das ist eine seltsame Art, Almosen zu geben.«
    »Du würdest es anders machen?« – »Ja; statt mir die Mühe zu nehmen, jedes Stück zu trennen, würde ich es ganz geben und sagen: Das ist für zwei!«
    »Sie würden sich schlagen, mein Lieber, und ich würde ein Ärgernis herbeiführen, während ich Gutes tun wollte.« – »Nun wohl!« murmelte Chicot, da er nichts weiter zu sagen wußte.
    Heinrich nahm also ein halbes Goldstück aus der Börse, stellte sich vor den ersten Bettler mit jener ruhigen, sanften Miene, die sein gewöhnliches Wesen bildete, und schaute diesen Mann an, ohne zu sprechen, doch nicht, ohne ihn mit dem Blick zu befragen.»Agen,« sagte dieser, sich verbeugend.
    »Wieviel?« fragte der König. – »Fünfhundert.«
    »Cahors –,« und er gab ihm das Stück und nahm ein anderes aus der Börse.
    Der Bettler verbeugte sich noch tiefer als das erstemal und entfernte sich.
    Es folgte ihm ein anderer, der ebenfalls ehrfurchtsvoll grüßte.
    »Auch,« sagte er sich verbeugend.
    »Wieviel?«
    »Dreihundertundfünfzig.«
    »Cahors –,« und er übergab ihm das zweite Stück und nahm ein anderes aus der Börse. »Montauban,« sagte ein dritter.
    »Wieviel?«
    »Sechshundert.«
    »Cahors.«
    So näherten sich endlich alle, verbeugten sich , sprachen ein Wort aus, erhielten das seltsame Almosen und nannten eine Zahl, wobei sich der Gesamtbetrag auf, achttausend belief.
    Jedem antwortete Heinrich: Cahors, ohne daß ein einziges Mal der Ton seiner Stimme bei der Aussprache des Wortes wechselte.
    Als die Verteilung geschehen war, fand sich kein Halbstück mehr in der Börse, kein Bettler mehr im Hof.
    »Gut,« sagte Heinrich.
    »Ist das alles, Sire?« – »Ja, ich bin fertig.«. Chicot zog den König am Ärmel.
    »Sire?« sagte er. – »Nun!«
    »Ist es mir erlaubt, neugierig zu sein?« – »Warum nicht? Die Neugierde ist etwas Natürliches.«
    »Was sagten Euch diese Bettler, und was zum Teufel antwortetet Ihr?« – Heinrich lächelte.
    »Es ist wahrhaftig hier alles geheimnisvoll.« – »Findest du?«
    »Ja; ich habe nie auf diese Art Almosen geben sehen.«
    – »Das ist Gewohnheit in Nerac, mein lieber Chicot. Du kennst das Sprichwort: Jede Stadt hat ihren Gebrauch.«
    »Ein seltsamer Gebrauch, Sire.« – »Der Teufel soll mich holen, nein, nichts kann einfacher sein. Alle diese Leute, die du gesehen hast, laufen im Lande umher, um Almosen zu sammeln; doch jeder ist aus einer andern Stadt. Damit ich nun nicht immer demselben gebe, sagen Sie mir den Namen ihrer Stadt; du begreifst, mein lieber Chicot, auf diese Art kann ich meine Wohltaten gleichmäßig austeilen und allen unglücklichen Städten meines Staates nützlich sein.«
    »Das ist gut, Sire, soweit es den Namen der Stadt betrifft, den sie Euch nennen; doch warum antwortet Ihr allen Cahors?« – »Ah!« versetzte Heinrich mit vortrefflich gespieltem Erstaunen, »ich habe ihnen Cahors geantwortet?«
    »Ich bin dessen sicher.« – »Siehst du, seitdem wir von Cahors gesprochen, habe ich dieses Wort immer im Munde. Es geht hierbei wie bei allen Dingen, die man nicht hat und nach denen man ein sehnsüchtiges Verlangen hegt; man träumt davon und nennt sie, wahrend man träumt.«
    »Hm!« machte Chicot, indem er mißtrauisch nach der Seite schaute, wo die Bettler verschwunden waren; »das ist viel weniger klar, als ich es wünschte; Sire, es ist außer diesem noch ...« – »Wie! es ist noch etwas?«
    »Es ist die Zahl, die jeder aussprach, und die eine Gesamtsumme von achttausend bildet,« – »Ah! was die Zahl betrifft, Chicot, da geht es mir wie dir, ich habe es auch nicht verstanden, wenn sie nicht etwa, da die Bettler, wie du weißt, in Körperschaften abgeteilt sind, wenn sie nicht etwa die Zahl der Mitglieder ihrer Körperschaften angegeben haben, was mir sehr wahrscheinlich

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