Die Fünfundvierzig
armen Fosseuse ein, die, bleich und von neugierigen Blicken umgeben, sich über Magenschmerzen beklagte, ohne, so groß war ihr Leiden, irgendeine Frage beantworten oder eine Erleichterung annehmen zu wollen.
Fosseuse war damals zwanzig bis einundzwanzig Jahre alt; es war eine schöne, große Person, mit blauen Augen, blonden Haaren und einem geschmeidigen Körper voll Weichheit und Anmut. Nur ging sie seit beinahe drei Monaten nicht mehr aus und beklagte sich über Mattigkeit, die sie hinderte aufzustehen; anfangs lag sie auf einer Chaiselongue und dann in ihrem Bett.
Chirac fing damit an, daß er die Anwesenden entfernte; dann setzte er sich zu den Häupten der Kranken und blieb mit ihr und der Königin allein.
Erschrocken über diese Vorbereitungen, denen die empfindliche und die eisige Miene Chiracs und der Königin eine gewisse Feierlichkeit verliehen, erhob sich Fosseuse von ihrem Kopfkissen und stammelte einen Dank für die Ehre, die ihr die Königin, ihre Gebieterin, erweise.
Margarethe war bleicher als Fosseuse; der verwundete Stolz ist schmerzlicher als die Grausamkeit oder die Krankheit.
Chirac fühlte der Fosseuse den Puls, doch dies geschah beinahe gegen ihren Willen.
»Was empfindet Ihr?« fragte er nach einer kurzen Prüfung.
»Magenschmerzen, mein Herr,« antwortete das arme Kind; »doch das wird nichts sein, ich versichere Euch, und wenn ich nur Ruhe hätte ....«
»Welche Ruhe, mein Fräulein?« fragte die Königin.
Fosseuse zerfloß in Tränen.
»Betrübt Euch nicht, mein Fräulein,« fuhr Margarethe fort, »Seine Majestät hat mich gebeten, Euch zu besuchen, um Euch wieder zu ermutigen.«
»Oh! wieviel Güte, Madame!«
Chirac ließ die Hand der Fosseuse los.»Und ich,« sagte er, »ich weiß nun, worin Euer Übel besteht.«
»Ihr wißt es?« murmelte Fosseuse zitternd.
»Ja, wir wissen, daß Ihr viel leiden müßt,« fügte Margarethe hinzu.
Fosseuse erschrak immer mehr, als sie sich der unempfindlichen Wissenschaft und der unempfindlichen Eifersucht preisgegeben sah.
Margarethe machte Chirac ein Zeichen, und dieser verließ das Zimmer. Fosseuse bebte aus Angst und war einer Ohnmacht nahe.
»Mein Fräulein,« sagte Margarethe, »obgleich Ihr seit einiger Zeit gegen mich wie gegen eine Fremde handeltet, obgleich man mich jeden Tag von den schlechten Diensten unterrichtete, die Ihr mir bei meinem Gemahl leistet...«
»Ich, Madame?«
»Unterbrecht mich nicht, ich bitte Euch. Obgleich Ihr endlich nach einem Gute trachtet, das hoch über Eurem Ehrgeize steht, bewegt mich doch die Freundschaft, die ich für Euch hegte und die, die ich ehrenhaften Personen gewidmet habe, denen Ihr angehört, Euch in dem Unglück beizustehen, worin man Euch in diesem Augenblick sieht.«
»Madame, ich schwöre Euch. . .«
»Leugnet nicht, ich habe schon zu viel Ärger; bringt Euch nicht um die Ehre, Euch zuerst und mich hernach, mich, die ich bei Eurer Ehre beinahe ebensoviel beteiligt bin, wie Ihr selbst, da Ihr mir angehört. Mein Fräulein, sagt mir alles, und ich werde Euch unterstützen wie eine Mutter.«
»Oh! Madame, Madame, glaubt Ihr denn? was man spricht?«
»Hütet Euch, mich zu unterbrechen, mein Fräulein, denn die Zeit drängt, scheint mir. Ich wollte Euch sagen, daß in diesem Augenblick Herr Chirac im Vorzimmer allen verkündigt, die ansteckende Krankheit, von der im Lande die Rede ist, sei im Palast, und Ihr seiet davon bedroht.Doch ich führe Euch, wenn es noch Zeit ist, nach dem Mas-d'Agenois, einem weit von dem König, meinem Gemahl, entfernten Hause; wir werden dort allein oder beinahe allein sein; der König geht seinerseits mit seinem Gefolge zu einer Jagd, die ihn, wie er sagt, mehrere Tage auswärts halten wird; wir verlassen den Mas-d'Agenois erst nach Eurer Entbindung.«
»Madame! Madame! wenn Ihr allem, was man über mich spricht, Glauben schenkt, so laßt mich elendiglich sterben!« rief die Fosseuse, purpurrot zugleich vor Scham und vor Schmerz.
»Ihr erwidert meine Großmut schlecht, mein Fräulein, und Ihr rechnet auch zu viel auf die Freundschaft des Königs, der mich gebeten hat, Euch nicht zu verlassen.«
»Der König? ... Der König hätte gesagt ....«
»Zweifelt Ihr, da ich spreche, mein Fräulein? Wenn ich nicht die Symptome Eures wahren Übels sähe, wenn ich nicht aus Eurem Leiden erriete, daß die Krise naht, so würde ich vielleicht Eurem Leugnen Glauben schenken.«
Als wollte sie der Königin völlig recht geben, fiel die arme Fosseuse, von wütenden
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