Die Fünfundvierzig
suchen.«
»Madame,«sagte Heinrich, »ich gehe und werde für uns beide jagen.«
Und er heftete einen letzten zärtlichen Blick auf die noch ohnmächtige Fosseuse und eilte aus dem Zimmer.
Sobald er in den Vorzimmern war, schüttelte er den Kopf, als wollte er von seiner Stirn einen Rest von Unruhe abwerfen; dann ging er mit dem ihm eigentümlich spöttisch lächelnden Gesicht zu Chicot hinauf, der mit geschlossenen Fäusten schlief.
Der König ließ sich die Tür öffnen, rüttelte an dem Schläfer und sagte: »He! he! Gevatter, munter, munter, es ist zwei Uhr morgens,«
»Ah! Teufel,« versetzt Chicot, »Ihr nennt mich Gevatter, Sire. Solltet Ihr mich etwa für den Herzog von Guise halten?«
Heinrich hatte wirklich, wenn er vom Herzog von Guise sprach, die Gewohnheit, ihn seinen Gevatter zu nennen.
»Ich halte Euch für meinen Freund,« erwiderte er.
»Und Ihr nehmt mich gefangen, mich, einen Botschafter! Sire, Ihr verletzt das Völkerrecht.«
Heinrich lachte. Chicot, vor allem ein Mensch von Geist, konnte nicht umhin, ihm Gesellschaft zu leisten.
»Das ist närrisch. Warum, zum Teufel, wolltest du denn von hier weggehen, wirst du nicht gut behandelt?«
»Zu gut, alle Wetter, zu gut; ich komme mir hier vor wie eine Gans die man in einem Geflügelhofe mästet. Alle Welt sagt zu mir: ›Kleiner, kleiner Chicot, wie niedlich er ist!‹ Doch man rupft mir die Flügel aus und verschließt mir die Tür.«
»Chicot, mein Freund,« entgegnete Heinrich, den Kopfschüttelnd, »beruhige dich, du bist nicht fett genug für meine Tafel.«
»Aber, Sire,« sagte Chicot, während er sich erhob, »Ihr seid diesen Morgen ganz munter; was für Nachrichten habt Ihr?«
»Ah! ich will es dir sagen; siehst du, ich gehe auf die Jagd, und ich bin immer sehr heiter, wenn ich auf die Jagd gehe. Vorwärts, aus dem Bett, Gevatter, aus dem Bett!«
»Wie, Ihr nehmt mich mit, Sire?«
»Du sollst mein Geschichtschreiber sein, Chicot.«
»Soll ich die Schüsse aufschreiben?«
»Ganz richtig.«
Chicot schüttelte den Kopf.
»Nun, was hast du?« fragte der König.
»Ich habe nie ohne Unruhe eine solche Heiterkeit gesehen,« antwortete Chicot.
»Bah!«
»Ja, es ist wie die Sonne, wenn sie...«
»Nun?«
»Nun! Sire, Regen, Blitz und Donner sind nicht fern.«
Heinrich strich sich lächelnd den Bart und erwiderte: »Wenn ein Sturm kommt, Chicot, so ist mein Mantel groß, und du sollst bedeckt sein.«
Während sich Chicot beständig murrend ankleidete, ging der König zum Vorzimmer und rief: »Mein Pferd! und man sage Herrn von Mornay, ich sei bereit.«
»Ah! Herr von Mornay ist Oberjägermeister bei dieser Jagd?« fragte Chicot.
»Herr von Mornay ist alles hier,« antwortete Heinrich, »der König von Navarra ist so arm, daß er keine Mittel hat, seine Ämter zu verteilen. Ich habe nur einen Mann.«
»Ja, doch er ist gut,« seufzte Chicot.
Wie man den Wolf in Navarra jagte.
Als Chicot die Vorbereitungen zum Aufbruch sah, konnte er sich nicht erwehren, mit halber Stimme zu bemerken, die Jagden des Königs von Navarra seien minder kostbar, als die des Königs Heinrich von Frankreich. Nur zwölf bis fünfzehn Edelleute, darunter der Vicomte von Turenne, bildeten das Gefolge Seiner Majestät. Dabei trugen beinahe alle, statt der damals üblichen Jagdanzüge, Helm und Panzer, was Chicot zu der Frage veranlaßte, ob die Gaskogner Wölfe Musketen und schweres Geschütz hätten.
Heinrich hörte die Frage, obgleich sie nicht unmittelbar an ihn gerichtet war; er näherte sich Chicot, berührte seine Schulter und sagte zu ihm: »Nein, mein Sohn, Gaskogner Wölfe haben weder Musketen noch schweres Geschütz; aber es sind wilde Bestien mit Klauen und Zähnen, und sie locken die Jäger in das Gestrüpp, wo man Gefahr läuft, seine Kleider an den Dornen zu zerreißen; einen Panzer zerreißt man aber nicht.« – »Das ist ein Grund,« brummte Chicot, »doch er ist nicht vortrefflich.«
»Ah, du machst Glossen?« – »Ist das verboten?«
»Nein, mein Freund, nein, das Glossenmachen ist in Gaskogne gangbare Münze.« – »Alle Wetter! Ihr begreift, Sire, ich bin kein Jäger und muß mich mit etwas beschäftigen, während ihr die Schnurrbärte nach dem Geruche der guten Wölfe leckt, die ihr, zwölf oder fünfzehn Mann stark, wie ihr seid, schon zur Strecke bringen werdet.«
»Ah! ja,« sagte der König, über den Spötter lächelnd; »zuerst die Kleidung, dann die Zahl; spotte, mein lieber Chicot, spotte!« – »Oh!
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