Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Fünfundvierzig

Titel: Die Fünfundvierzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas d. Ä.
Vom Netzwerk:
hat ihm Rendezvous gegeben, man hat ihn dieses Haus zu kaufen beauftragt; er hat das Haus gekauft und das Rendezvous angenommen.«
    Als Chicot so weit in seinen Betrachtungen gekommen war, wurde er seinem Nachsinnen durch die Ankunft einer Sänfte entzogen, die von der Seite des Gasthofes zum Kühnen Ritter kam.
    Diese Sänfte hielt vor der Schwelle des geheimnisvollen Hauses. Eine verschleierte Dame stieg aus und verschwand alsbald durch die Tür, die Ernauton halb geöffnet hielt.
    »Armer Junge,« murmelte Chicot, »ich täuschte mich nicht, er erwartete eine Frau, und nun will ich mich schlafen legen.«
    Chicot erhob sich; doch er blieb unbeweglich stehen.
    »Ich' täusche mich,« sagte er, »ich werde nicht schlafen. Doch, wenn ich nicht schlafe, so sind es nicht Gewissensbisse, die mich am Schlafen hindern, es wird die Neugierde sein, und was ich da sage, ist so wahr, daß ich, wenn ich an meinem Beobachtungsposten bleibe, nur mit einem beschäftigt sein werde, nämlich damit, zu erfahren, welche von den edlen Damen vom Hofe den schönen Ernauton mit ihrer Liebe beehrt. Es ist also besser, wenn ich auf meinem Posten bleibe, da ich doch sicher wieder aufstehen würde, um dahin zurückzukehren.«
    Damit setzte sich Chicot wieder.
    Es war ungefähr eine Stunde abgelaufen, ohne daß wir sagen könnten, ob Chicot an die unbekannte Dame oder an Borromée dachte, ob er von der Neugierde in Anspruch genommen oder von Reue erfüllt war, als eram Ende der Straße den Galopp eines Pferdes zu hören glaubte. Es erschien in der Tat bald ein in seinen Mantel gehüllter Reiter.
    Dieser hielt mitten in der Straße an und suchte sich, wie es schien, auszukennen. Da erblickte er die Gruppe, welche die Sänfte und ihre Träger bildeten. Er ritt gerade auf sie zu, man hörte seinen Degen an seine Sporen schlagen, er war also bewaffnet. Die Träger wollten sich ihm widersetzen; doch er sprach leise ein paar Worte zu ihnen, und sie traten nicht nur ehrfurchtsvoll auf die Seite, sondern es nahm sogar, als er abgestiegen war, einer aus seinen Händen die Zügel seines Pferdes.
    Der Unbekannte ging auf die Tür zu und klopfte heftig an.
    »Bei Gott!« sagte Chicot zu sich selbst, »es war vernünftig von mir, daß ich geblieben bin! Meine Ahnungen, die mir verkündigten, es würde etwas Seltsames vorgehen, betrogen mich nicht. Das ist der Mann, armer Ernauton! Es wird sogleich eine Ermordung geben. Doch wenn es der Mann ist, so ist er sehr gut, daß er seine Ankunft durch ein so heftiges Klopfen verkündigt.«
    Aber trotz des heftigen Klopfens zögerte man, ihm zu öffnen.
    »Öffnet!« rief der Klopfende.
    »Öffnet! öffnet.!« wiederholten die Träger.
    »Unleugbar,« sagte Chicot, »ist es der Mann; er hat gedroht, die Träger peitschen oder hängen zu lassen, und die Träger sind für ihn. Der arme Ernauton wird bei lebendigem Leibe geschunden werden. Aber nur, wenn ich es dulde,« fügte Chicot hinzu. »Denn er hat mir beigestanden, und folglich muß ich ihm eintretendenfalls auch beistehen. Der Fall ist aber eingetreten, wie mir scheint, oder er wird nie mehr eintreten.«
    Chicot war entschlossen und edelmütig; überdies neugierig; er nahm seinen langen Degen von der Wand, schob ihn unter seinen Arm und stieg eiligst seine Treppe hinab.Chicot wußte seine Tür zu öffnen, ohne daß das geringste Geräusch entstand, was eine unerläßliche Wissenschaft für jeden ist, der mit Nutzen horchen will. Er schlüpfte unter dem Balkon hinter einen Pfeiler und wartete.
    Kaum stand er hier, als sich die Tür gegenüber auf ein Wort öffnete, das der Unbekannte durch das Schloß flüsterte; doch er blieb auf der Schwelle. Einen Augenblick nachher erschien die Dame im Türrahmen. Sie nahm den Arm des Kavaliers, der sie zur Sänfte zurückführte, die Tür schloß und wieder zu Pferde stieg.
    »Es unterliegt keinem Zweifel, es war der Mann,« sagte Chicot; »im ganzen ein guter Kerl, daß er nicht ein wenig in dem Hause suchte, um meinem Freund Carmainges den Bauch aufschlitzen zu lassen.«
    Die Sänfte setzte sich in Bewegung, der Kavalier ritt am Schlag.
    »Bei Gott!« sagte Chicot zu sich selbst, »ich muß diesen Leuten folgen, damit ich weiß, wer sie sind und wohin sie gehen; sicher werde ich aus meiner Entdeckung einen guten Rat für meinen Freund Carmainges ziehen.«
    Chicot folgte ihnen in der Tat, wobei er die Vorsicht beobachtete, im Schatten der Mauern zu bleiben und seinen Tritt vom Geräusch der Menschen- und Pferdetritte

Weitere Kostenlose Bücher