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Die Fünfundvierzig

Titel: Die Fünfundvierzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas d. Ä.
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erschien der König unten am Hügel. Er ritt seit dem letzten Pferdewechsel. Es war dies eine Gelegenheit, die er stets und hauptsächlich bei seinem Einzug in die Städte ergriff, da er sich mit Recht für einen schönen Reiter halten durfte. Die Königin Mutter folgte ihm in einer Sänfte; fünfzig Edelleute bildeten, gut beritten und reich gekleidet, ihr Geleit.
    Eine Kompanie Leibwachen, befehligt von Crillon selbst, hundertundzwanzig Schweizer, ebensoviel Schotten, unter der Anführung Larchants, Maultiere und Bedientenvolkaller Art bildeten ein Heer, dessen Reihen den Krümmungen der Landstraße folgten, die vom Fuß zum Gipfel des Hügels aufsteigt. Endlich kam der Zug in die Stadt unter dem Läuten der Glocken, dem Donner der Kanonen und dem Klange von Musik aller Art.
    Der Jubel der Einwohner war groß; der König war in jener Zeit so selten, daß er, von nahem gesehen, noch einen Schimmer von Gottheit zu haben schien.
    Vergebens suchte der König, während er durch die Menge ritt, seinen Bruder. Er fand nur Henri du Bouchage am Gitter des Schlosses.
    Sobald Heinrich III. im Innern war, erkundigte er sich nach der Gesundheit des Herzogs von Anjou bei dem Offizier, der es übernommen hatte, Seine Majestät zu empfangen.
    »Sire,« antwortete dieser, »Seine Hoheit bewohnt seit einiger Zeit den Pavillon im Park, und wir haben sie diesen Morgen noch nicht gesehen. Es ist jedoch wahrscheinlich, daß sie sich wohl befindet, da sie sich gestern wohl befunden hat.«
    »Das ist ein sehr abgelegener Ort, dieser Pavillon im Park, wie es scheint, da man dort nicht einmal die Kanonenschüsse hört?« fragte Heinrich unzufrieden.
    »Sire,« wagte einer von den Dienern des Herzogs zu bemerken, »Seine Hoheit erwartete vielleicht Eure Majestät nicht so bald.«
    »Alter Narr,« brummte Heinrich, »glaubst du denn, ein König komme nur so zu den Leuten, ohne sie zuvor zu benachrichtigen? Der Herr Herzog von Anjou weiß meine Ankunft seit gestern.«
    Um aber dann nicht alle durch eine sorgliche Miene traurig zu machen, rief Heinrich, der auf Kosten seines Bruders sanft und gut erscheinen wollte: »Da er uns nicht entgegenkommt, gehen wir ihm entgegen.«
    »Zeigt uns den Weg,« sagte Catharina aus ihrer Sänfte heraus.Die ganze Eskorte schlug den Weg nach dem alten Parke ein.
    In dem Augenblick, wo die ersten Leibwachen zu den Hagebuchen gelangten, durchdrang ein düsterer, herzzerreißender Schrei die Lüfte.
    »Was ist das?« fragte, der König, sich gegen seine Mutter umwendend.
    »Mein Gott!« flüsterte Catharina, die auf allen Gesichtern zu lesen suchte, »das ist ein Schrei der Angst oder der Verzweiflung.«
    »Mein Prinz! mein armer Herzog!« rief der andere alte Diener des Herzogs von Anjou, der mit allen Zeichen des heftigsten Schmerzes an einem Fenster erschien.
    Alle eilten nach dem Pavillon, der König von den anderen fortgerissen. Er kam in dem Augenblick dahin, wo man den Körper des Herzogs von Anjou aufhob, den sein Kammerdiener auf dem Boden seines Schlafzimmers gefunden hatte, als er ohne Befehl eingetreten war, um die Ankunft des Königs zu melden. Der Prinz war kalt, steif und gab kein anderes Lebenszeichen von sich, als eine seltsame Bewegung der Augenlider und ein verzerrendes Zusammenziehen der Lippen.
    Der König blieb auf der Schwelle stehen und alle hinter ihm.
    »Das ist ein abscheuliches Vorzeichen!« murmelte er.
    »Ich bitte, entfernt Euch, mein Sohn,« sagte Catharina zu ihm.
    »Der arme Franz!« sagte Heinrich, glücklich, entlassen zu sein und auf diese Art das Schauspiel des Todeskampfes zu vermeiden.
    Alles Volk strömte dem König nach.
    »Seltsam! seltsam!« murmelte Catharina, die allein mit den beiden Dienern bei dem Prinzen oder vielmehr bei dem Leichnam kniete; und während man in der ganzen Stadt umherlief, um den Arzt des Prinzen zu finden, und ein Kurier nach Paris eilte, um die Ankunft der Ärzte desKönigs zu beschleunigen, die in Meaux bei der Königin geblieben waren, untersuchte sie, allerdings mit weniger Wissenschaft, aber nicht mit weniger Scharfsinn, als es Miron selbst hätte tun können, die Anzeichen dieser seltsamen Krankheit, der ihr Sohn unterlag.
    Sie hatte Erfahrung, die Florentinerin; sie befragte auch vor allem, kalt und ohne sie in Verwirrung zu bringen, die Diener, die sich in ihrer Verzweiflung die Haare ausrauften und das Gesicht zerschlugen. Beide antworteten, der Prinz sei in der Nacht nach Hause gekommen, nachdem ihn zu sehr ungelegener Zeit Herr Henri du

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