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Die Fünfundvierzig

Titel: Die Fünfundvierzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas d. Ä.
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Augenblick trat in der Tat Borromée ein; er warf auf Chicot einen Blick, schief, und rasch wie der verräterische Pfeil des Parthers.
    »Oh! oh!« dachte Chicot, »du hast unrecht gehabt, diesen Blick auf mich zu werfen, er hat dich verraten.«
    »Ehrwürdiger Herr Prior,« sagte Borromée, »man wartet nur auf Euch, um mit dem Visitieren der Gewehre und Panzer zu beginnen.«
    »Panzer! oh! oh!« sagte leise Chicot zu sich selbst; »ich habe es, ich habe es.« Und er stand hastig auf.
    »Ihr werdet meinen Übungen beiwohnen,« sagte Gorenflot, der nun ebenfalls aufstand, wie es ein Marmorblock tun würde, wenn er sich Beine nähme; »Euren Arm, Freund; Ihr sollt eine schöne Instruktion sehen.«
    »Es ist wahr, der ehrwürdige Herr Prior ist ein tiefer Taktiker,« sagte Borromée, der fortwährend Chicots unstörbare Physiognomie prüfend anschaute.
    »Dom Modeste ist in allen Dingen ein erhabener Mann,« erwiderte Chicot, sich verbeugend. Dann murmelte er ganz leise: »Oh! oh! spielen wir ein geschlossenes Spiel, mein kleiner Adler, oder es ist hier ein Hühnergeier, der dir die Federn ausrupfen würde.«

Bruder Borromée.
    Als Chicot, den ehrwürdigen Prior unterstützend, in den Hof der Priorei kam, war der Anblick genau der einer ungeheuren Kaserne in voller Tätigkeit. In zwei Haufen, jede von hundert Mann, geteilt, warteten die Mönche, die Hellebarde, die Pike oder die Muskete bei Fuß, wie Soldaten auf das Erscheinen ihres Kommandanten. Fünfzig ungefähr hatten ihre Köpfe mit Helmen oder Pickelhauben bedeckt; ein Gürtel befestigte an ihren Hüften ein langes Schwert. Andere brüsteten sich stolz in gewölbten Panzern, worauf sie mit Vergnügen einen eisernen Handschuh klirren ließen. Wieder andere übten sich, in Armschienen und Beinschienen eingeschlossen, ihre durch diese teilweise Umschalung der Elastizität beraubten Gelenke zu biegen.
    Bruder Borromée nahm einen Helm aus den Händen eines Novizen und setzte ihn sich auf den Kopf, mit einerBewegung, so rasch und so regelmäßig, als es nur ein Reiter oder ein Lanzknecht hätte tun können.
    Während er das Sturmband befestigte, konnte Chicot nicht umhin, den Helm anzuschauen, und während er ihn anschaute, lächelte sein Mund, und während er lächelte, drehte er sich rings um Borromée, als wollte er ihn von allen Seiten bewundern.
    Er tat noch mehr, er näherte sich dem Säckelmeister und fuhr mit der Hand über eine von den Ungleichheiten des Helmes.
    »Ihr habt da eine schöne Sturmhaube, Bruder Borromée,« sagte er; »wo habt Ihr sie gekauft, mein lieber Prior?«
    Gorenflot konnte nicht antworten, weil man ihm in diesem Augenblick einen Panzer umband, der, obwohl geräumig genug, um einen Farnesischen Herkules aufzunehmen, doch die üppigen Wogungen des Priorlichen Fleisches schmerzlich drückte.
    »Gottes Tod! bindet nicht so fest,« rief Gorenflot; »preßt nicht so gewaltig, ich würde ersticken, ich hätte keine Stimme mehr. Genug! genug!«
    »Ihr fragtet, glaube ich, den ehrwürdigen Prior, wo er meinen Helm gekauft habe?« sagte Borromée.
    »Ich fragte den ehrwürdigen Prior danach und nicht Euch,« erwiderte Chicot, »denn ich nehme an, daß in diesem Kloster, wie in den anderen, alles nur auf den Befehl des Superiors geschieht.«
    »Allerdings geschieht hier nichts ohne meinen Befehl,« sagte Gorenflot; »was fragt Ihr, lieber Herr Briquet?«
    »Ich frage den Bruder Borromée, ob er wisse, woher dieser Helm komme.«
    »Er gehörte zu einer Anzahl Rüstungen, die der ehrwürdige Prior gestern kaufte, um das Kloster zu bewaffnen.«
    »Ich?« versetzte Gorenflot.
    »Eure Herrlichkeit hat befohlen, sie erinnert sich dessen, daß man mehrere Helme und verschiedene Panzer hierherbringe, und man hat die Befehle Eurer Herrlichkeit vollzogen.«
    »Es ist wahr, es ist wahr,« rief Gorenflot.
    »Alle Wetter!« sagte Chicot, »mein Helm war also sehr anhänglich an seinen Herrn, daß er mich, nachdem er mich in das Hotel Guise geführt, nun wie ein verlorener Hund in der Priorei der Jakobiner aufsucht.«
    In diesem Augenblick bildeten sich auf ein Zeichen Bruder Borromées regelmäßige Linien, und es trat Stille in den Reihen ein.
    Chicot setzte sich auf seine Bank, um nach seiner Bequemlichkeit den Übungen beizuwohnen.
    Gorenflot blieb stehen und hielt das Gleichgewicht auf seinen zwei Beinen wie auf zwei Pfosten.
    »Habt acht!« sagte ganz leise Bruder Borromée.
    Dom Modeste zog einen riesigen Säbel aus seiner eisernen Scheide, schwang ihn

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