Die Fünfundvierzig
und beim König zu erscheinen. Er fand Seine Majestät in einem ersten Zimmer, wo sie aufmerksam einen Jakobinermönch betrachtete, der errötete und die Augen unter dem durchdringenden Blick des Königs niederschlug.
Der König nahm Epernon beiseite und sagte zu ihm, auf den jungen Mann deutend: »Sieh doch dieses drollige Mönchsgesicht an.«
»Worüber erstaunt Euer Majestät?« versetzte Epernon; »ich finde das Gesicht sehr gewöhnlich.«
»Wirklich?« – Und der König versank wieder in Träume. Nach einer Pause sagte er: »Wie heißest du?« – »Bruder Jacques, Sire.«
»Du hast keinen andern Namen?« – »Mein Familienname? Clement.«
»Bruder Jacques Clement,« wiederholte der König. »Du hast deinen Auftrag gut besorgt,« sagte er zu dem Mönch, den er unablässsig anschaute.
»Welchen Auftrag?« fragte der Herzog mit jener Keckheit, die man ihm zum Vorwurf machte, während sie ihn in der täglichen Vertraulichkeit erhielt.
»Nichts,« sagte der König, »ein kleines Geheimnis zwischen mir und einem, den du nicht kennst oder vielmehr nicht mehr kennst.«
»In der Tat, Sire,« sagte Epernon, »Ihr schaut das Kind sonderbar an und bringt es in Verlegenheit.«
»Ja, es ist wahr .... Ich weiß nicht, warum sich meine Blicke nicht von ihm trennen können, es kommt mir vor, als hätte ich diesen jungen Menschen schon einmal gesehen, oder ich würde ihn sehen. Er ist mir, glaube ich, im Traume erschienen. Oh! ich rede unvernünftiges Zeug ... Gehe, kleiner Mönch, deine Sendung ist beendigt. Man wird den verlangten Brief dem schicken, der ihn fordert. Höre, Epernon.«
»Sire.«
»Man gebe ihm zehn Taler.«
»Ich danke,« sagte der Mönch.
»Es ist, als müßtest du dich zwingen zu danken,« versetzte Epernon, der nicht begriff, daß ein Mönch zehn Taler verachten konnte.
»Ich sage gezwungen Dank,« erwiderte der kleineJacques, »weil mir eines von den schönen spanischen Messern, die dort an der Wand hängen, viel lieber wäre.«
»Gib ihm doch eine von den spanischen Klingen und laß ihn gehen, Lavalette,« sagte der König.
Als sparsamer Mann wählte der Herzog unter den Messern dasjenige, das ihm am wenigsten reich vorkam, und gab es dem Mönch. Es war ein katalonisches Messer mit breiter, scharfer Klinge und einem soliden Hefte von schönem ziseliertem Horn.
Jacques nahm es, ganz freudig, eine so schöne Waffe zu besitzen, und entfernte sich.
»Herzog,« sagte der König, »hast du unter deinen Fünfundvierzig zwei oder drei Männer, die zu reiten verstehen?« – »Wenigstens zwölf, und in einem Monat werden alle Reiter sein.«
»Wähle zwei aus und schicke sie sogleich zu mir, ich will sie sprechen.«
Der Herzog verbeugte sich, ging hinaus und rief Loignac in das Vorzimmer, der seinerseits den Herrn von Carmainges und Herrn von Sainte-Maline auswählte.
Der Herzog führte in ein Paar Minuten die jungen Leute zum König. Auf eine Gebärde Seiner Majestät entfernte sich der Herzog und die zwei jungen Leute blieben. Es war das erste Mal, daß sie sich vor dem König befanden, der ein sehr imposantes Aussehen hatte.
Die Aufregung der Gaskogner prägte sich auf verschiedene Weise aus. Sainte-Maline stand mit glänzendem Auge, gespannter Kniebeuge und emporstehendem Schnurrbart da.
Bleich, doch ebenfalls entschlossen, obgleich minder stolz, wagte es Carmainges nicht, seinen Blick auf dem König ruhen zu lassen.
»Ihr gehört zu meinen Fünfundvierzig?« fragte der König. – »Ich habe diese Ehre, Sire,« erwiderte Sainte-Maline.
»Und Ihr, mein Herr?« – »Ich glaubte, dieser Herrantworte für uns beide, Sire; deshalb hat meine Antwort auf sich warten lassen; doch, wenn es sich darum handelt, im Dienste Eurer Majestät zu sein, so bin ich es so sehr, wie irgend jemand auf der Welt.«
»Gut, ihr werdet zu Pferde steigen uns den Weg nach Tours einschlagen. Kennt ihr ihn?« – »Ich werde danach fragen,« erwiderte Sainte-Maline. – »Ich werde mich orientieren,« antwortete Carmainges.
»Zu größerer Sicherheit reitet ihr zuerst durch Charenton.« – »Sehr wohl, Sire.«
»Ihr reitet fort, bis ihr einen allein reisenden Mann trefft.« – »Will Eure Majestät die Gnade haben, uns sein Signalement zu geben?« fragte Sainte-Maline.
»Ein großes Schwert an der Seite oder auf dem Rücken, lange Arme, lange Beine.«
»Dürfen wir seinen Namen wissen?« fragte Ernauton von Carmainges, den das Beispiel seines Gefährten verlockte, den König, trotz der Etikette, zu
Weitere Kostenlose Bücher