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Die Fuenfzig vom Abendblatt

Die Fuenfzig vom Abendblatt

Titel: Die Fuenfzig vom Abendblatt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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der Schweiß schon wieder in großen Perlen auf der Stirn.
    „- aber entschuldigen Sie, es gibt ja außer Mord und Einbruch auch noch andere Verbrechen, zu deren Enthüllung man sich der Polizei bedient. Ich erinnere nur an Kindesraub, Brandstiftung, Versicherungsbetrug, Falschmünzerei-“
    Aber da meldete sich wieder die Stimme am andern Ende der Leitung: Wie, es handele sich um Falschmünzerei? Sehr interessant! Das sei wirklich sehr interessant. In dieser Sache würden augenblicklich alle Hinweise mit besonderer Aufmerksamkeit entgegengenommen. Zuständig sei Kriminalrat Haustecher, Zimmer 128 —
    Dr. Malborn sprang auf.
    „Aber ich flehe Sie an, das war doch nur ein Beispiel! In Wirklichkeit handelt es sich um etwas ganz anderes. Zweifellos ein Verbrechen. Aber ein Verbrechen besonderer Art. Wie und was, das kann ich Ihnen auch nicht sagen, dessentwegen erbitte ich ja Ihre aufklärenden Bemühungen!“
    Und wieder ließ sich die Stimme des Polizeipräsidiums hören. Dort schien ein ausgewachsener Gemütsmensch am Apparat zu sitzen.
    Das würde die Sache wesentlich komplizieren. Die schnelle Arbeit des Präsidiums sei stadtbekannt. Wenn man in der Lage sei, ein Verbrechen klipp und klar beim Namen zu nennen, genaue Zeit- und Ortsangaben über die Tat zu machen und den Täter unter Nennung seines augenblicklichen Aufenthaltsorts anzuzeigen, so würde umgehend und mit Erfolg durchgegriffen. Aber die Angaben im vorliegenden Falle seinen anscheinend doch sehr mangelhaft. Nun, jedenfalls sei dann vorerst Kriminalassistent Kiesewetter zuständig, dessen Ressort unter „Sonstiges“ angegeben sei.
    Dr. Malborn ließ sich mit Herrn Kiesewetter verbinden, der für den frühen Nachmittag seinen Besuch zusagte.
    Als der dicke Chefredakteur gerade wieder den Hörer des Telefons zurücklegte, öffnete sich die Tür, und zwei Laufjungen brachten einen Waschkorb angeschleppt, der fast bis zum Rand mit Postkarten und Briefen angefüllt war.
    „Hier — in die Ecke!“ brummte es hinter dem Schreibtisch hervor. Die beiden Jungen beeilten sich, ihre Last loszuwerden und drückten sich wieder so schnell wie möglich. Sie waren gestern, als sie eine ähnliche Menge Post gebracht hatten, von Dr. Malborn angebrüllt worden, als ob sie ihm seine goldene Taschenuhr geklaut hätten.
    „Alles Zeitungsbestellungen?“ Direktor Bertoldi verbarg in dieser Frage seine Anerkennung, die er als Geschäftsmann einem solchen Posteingang gegenüber empfand, nicht im geringsten.
    Aber der Chefredakteur des Nachtexpreß schien seine anteilnehmende Frage falsch verstanden zu haben. Er schlug mit seiner ausgestreckten flachen Hand wie mit einer Mückenklappe auf den Schreibtisch.
    „Zeitungsbestellungen! Sie haben allen Grund, sich über mich lustig zu machen! Sie, Herr, Sie! Dieser Waschkorb ist voll mit Beschwerdebriefen! Und dieser dort auch — und dieser dort auch — ich lasse sie schon gar nicht mehr zählen, viel weniger beantworten! Und wissen Sie, was in diesen Briefen steht, Sie Unschuldslamm? Daß die Leute alle zu Ihrem netten Zirkus unterwegs waren, daß man sie aber ein paar hundert Meter vor dem Zelt wieder zurückgeschickt hat! Hier — wörtlich — bitte! Sie können sich selbst überzeugen! Hier spricht eine Frau Mullemeister von einem Neger, der sie zusammen mit den übrigen Fahrgästen des Omnibusses an der Endhaltestelle wieder nach Hause geschickt hat, weil die Vorstellung angeblich ausfiele! Das genügt wohl, wie?“
    Der Zirkusdirektor stand bleich und weiß wie ein Leintuch. „Ich verstehe kein Wort. Zudem habe ich bei meinem ganzen Personal nur zwei Neger. Der eine davon ist am Abend in der Manege aufgetreten, und der andere liegt schon seit zwei Wochen wegen seines Blinddarms im Krankenhaus „Ich empfehle Ihnen, sich zu erkundigen, ob dieser ,Blinddarm’ vorgestern abend in seinem Bett lag — !“
    „Ich werde das sofort feststellen lassen. Aber — ich weiß ja nicht, was Sie denken — welches Interesse sollte ich, sollte der Zirkus daran haben — ?“
    Chefredakteur Dr. Malborn stand breitbeinig hinter seinem Schreibtisch, den jetzt gerade zwei Möbeltransporteure anpackten und stillschweigend aus dem Zimmer trugen.
    „Ich denke gar nichts — so fängt es erst mal an. Ich stelle lediglich fest, was in diesen Briefen steht. Es ist mir auch noch vollkommen rätselhaft, wie das Abendblatt zur Kenntnis der ganzen Geschichte gekommen ist. Jedenfalls hat es gestern abend einen ganzen Artikel über unsere Blamage

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