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Die Fuenfzig vom Abendblatt

Die Fuenfzig vom Abendblatt

Titel: Die Fuenfzig vom Abendblatt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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Nachtexpreß ausgerechnet für heute vormittag den Umzug seines Büros in die Räume jenseits des Korridors angeordnet hatte, weil dort die Zimmer im Schatten lagen. Es erhöhte also nur noch die Unruhe, als jetzt eine Anzahl Möbeltransporteure einen Schrank und einen Sessel nach dem andern aus dem Zimmer trugen und stets sämtliche Türen hinter sich offen ließen.
    Und da ein Unglück nie allein kommt, meldete jetzt die Sekretärin aus dem Vorzimmer auch noch den Direktor des Zirkus Bertoldi.
    „Bin nicht zu sprechen — bin überhaupt nicht im Hause!“ Der Dicke brummte wie ein gereizter Stier und hob dabei seinen Kopf um keinen Zentimeter. Er hatte die gestrige Ausgabe des Abendblattes vor sich liegen und las nun schon zum soundsovielten Male auf dessen vierter Seite rechts oben diese zwei Spalten, die voll so bodenloser Frechheit waren. Dabei hatte Dr. Malborn den Ventilator jetzt in die Hand genommen und bewegte ihn wie einen Fönapparat, so daß ihm die kalte Luft einmal in die Haare sprang, dann wieder in den Halsausschnitt seines geöffneten Hemdes oder mitten in das breite verärgerte Gesicht.
    Als der Chefredakteur seiner Sekretärin aufgetragen hatte, seine Anwesenheit zu verleugnen, war es ihm wohl entfallen, daß um ihn herum diese verdammten Möbeltransporteure tätig waren, die alle Türen offen ließen. Es war Herrn Direktor Bertoldi also ein leichtes gewesen, vom Korridor aus festzustellen, daß die Angaben des schwarzgelockten Fräuleins durchaus nicht der Wahrheit entsprachen. So nahm er denn seine Melone vom Kopf und stieß, mit seinen senkrecht hochstehenden Bartspitzen voraus, mutig durch einen der Türrahmen in das Zimmer des Dicken.
    „Sie entschuldigen, daß ich störe. Doch da mir Ihre Sekretärin sagte, Sie lägen an einer Erkältung darnieder und seien gar nicht anwesend, bin ich aufrichtig beglückt, Sie durch Zufall doch noch zu sehen. Ich konnte nicht an mich halten, trat kurzerhand ein, weil es mir ein Bedürfnis ist, Ihnen zu Ihrer offensichtlich so überraschenden Genesung herzlichst zu gratulieren. Aber Sie müßten dem Fräuleinchen draußen Bescheid sagen, daß Sie wieder im Hause sind. Das arme Kind grämt sich noch zu Tode Wenn Blicke töten könnten, wäre Bertoldi in diesem Augenblick als Leiche aufs Parkett gesunken. So aber zog er einige Stücke zusammengefalteten Papiers aus seiner Tasche und präsentierte diese Schriftstücke dem Chefredakteur des Nachtexpreß über seinen breiten Schreibtisch hinüber.
    „Wenn Sie gestatten, die Rechnungen. Ich habe mich bemüht, alles geordnet aufzuführen und nichts zu vergessen.“
    „Ich zweifle in diesem Falle nicht im geringsten an Ihrer Zuverlässigkeit.“ Der Chefredakteur sagte es mit blitzenden Augen und stellte dabei seinen Ventilator wieder vor sich auf den Schreibtisch. „Aber daraus wird vorläufig nichts! Ich bezahle doch nicht für eine Sache, die offensichtlich sabotiert wurde. Von wem, das steht noch nicht fest. Aber wer garantiert mir, daß Sie nicht selbst Ihre Hand mit im Spiel hatten.“
    „Das ist eine infame Verleumdung!“
    Doch Direktor Bertoldi kam in seiner Entgegnung nicht weiter. Die Möbeltransporteure hatten ihm den Teppich, auf den er eben erst getreten war, unter den Füßen weggezogen, und er mußte sich durch einen raschen Sprung auf das Parkett in Sicherheit bringen. Zudem trug man jetzt einen Wandspiegel an ihm vorbei, hinter dem der dicke Chefredakteur mitsamt seinem Schreibtisch momentan seinen Blicken entzogen war. Als die Sicht wieder frei wurde, hatte Dr. Malborn bereits den Telefonhörer in der Hand und verlangte eine sofortige Verbindung mit dem Leiter des Polizeipräsidiums.
    Nun wagte auch der Zirkusdirektor nicht mehr zu stören und verharrte in fast ehrfurchtsvollem Schweigen.
    Der Leiter des Polizeipräsidiums selbst sei im Augenblick gerade nicht zu erreichen, und sein Stellvertreter begehe ausgerechnet heute seine silberne Hochzeit. Um was es sich handeln würde? Wie? Ach, wenn es deswegen sei, da wäre weder der Leiter noch sein Stellvertreter zuständig. Nein, wirklich nicht. Fahndungen und Nachforschungen jeder Art seien in Spezialressorts aufgeteilt. Wie — also um Mord handele es sich nicht? Einbruch auch nicht? Ja, wenn nicht Mord und nicht Diebstahl, dann handele es sich wohl um eine Verlustanzeige? Dafür sei die Fundstelle am Hansaplatz zuständig, nicht das Polizeipräsidium.
    Dr. Malborn holte tief Luft und griff erneut nach seinem Ventilator. Tatsächlich stand ihm

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