Die Fuenfzig vom Abendblatt
ich dich heute nicht zum letzten Male gesehen habe. Du kannst immer zu mir kommen. Und ich wünsche, daß ich dann nicht immer so hilflos dastehen muß wie heute — “
Was tot ist, kann auch er nicht wieder lebendig machen.
Er ist kein Zauberer. Du mußt gerecht sein, Klaus!
Der Junge holte tief Luft. Er hatte bisher nur auf eine bestimmte Stelle der gegenüberliegenden Wand gesehen. Dort war ein kleiner Riß in der Tapete. Diesen Riß hatte er nicht aus den Augen gelassen. Aber nun hob er seinen Blick wieder zu dem Gesicht des Gelehrten.
‚Ich werde mir überlegen, was Sie gesagt haben. Es war so viel auf einmal, und Sie waren wirklich mehr für mich als nur ein Arzt. Sie müssen wissen, ich glaubte an eine überirdische Kraft in Ihnen, und ich hatte so fest geglaubt, daß Vater durch Sie wieder sehend würde- ’
Alle diese Gedanken standen hinter den Augen des Jungen, als er jetzt dem Professor die Hand gab. Aber er konnte keinen dieser Gedanken aussprechen, und es war vielleicht auch besser so.
Klaus fand seinen Vater draußen im Warteraum auf dem gleichen Stuhl sitzend, auf dem er zuvor an der Seite der Schwester gewartet hatte. Sie saß auch jetzt an der Seite des Blinden und half ihm aufstehen, als sie den Jungen kommen sah.
„Sie müssen mir versprechen, für meinen Vater eines der schönsten Betten freizuhalten, wenn er kommt. Im Oktober etwa, meinte der Professor Klaus zwang sich dabei zu einem Lachen, als er der Schwester die Hand gab und sich von ihr verabschiedete. Dann nahm er seinen Vater wieder beim Arm und führte ihn durch den langen weißen Korridor.
„Wenn du das sehen könntest — hier ist eine weiße Tür neben der anderen. Eine ganze Flucht von Türen. Und jede hat ihre Nummer. Achtzehn, neunzehn, zwanzig, einundzwanzig. Du, ich bin gespannt, hinter welcher Tür du dann liegst. Wie gesagt, im Oktober etwa. Der Professor meinte, daß es nicht einfach sei, aber er will es versuchen. Nach der Operation mußt du etwa vier Wochen liegen. Da komme ich dann jeden Morgen und jeden Abend zu Besuch, Du, wenn das klappt, wenn das der gütige Mensch mit seinem weißen Bart zustande bringt, daß du wieder sehen kannst! Und wenn es vielleicht nur auf einem Auge ist Es war am Ende des langen Korridors, als der Blinde jetzt auf einmal stehen blieb.
„Ich werde immer blind bleiben — blind auf beiden Augen. Ich weiß es. Auch wenn es mir der Arzt nicht gesagt hat-“
Was sollte Klaus jetzt noch sagen?
Er hatte einfach nicht mehr die Kraft, seinem Vater zu widersprechen. Und als dieser jetzt ganz nah an ihn herantrat und mit seinen beiden Händen nach ihm tastete, da ließ Klaus seinen Kopf an seine Schulter fallen.
„Kopf hoch, Klaus! Wir müssen Mut haben — du und ich. Viel Mut und unsere Freundschaft
Alibaba tobt — und ein gewisser Herr Kiesewetter fängt an zu schnüffeln
Alibaba stand schimpfend und fluchend auf der Ausgaberampe. Bombinsky reichte ihm die Zeitungspakete.
Sobald der Rothaarige die Pakete vom Fließband zugeschoben bekam, warf er sie auch schon in die Richtung des jeweils aufgerufenen Jungen.
Im allgemeinen ging es dabei sehr ruhig zu. Man hörte lediglich die betreffenden Namen, und Alibaba warf dann die zusammengeschnürten Zeitungen so, daß man sie direkt vor der Brust auffangen konnte. Dabei hatte er sich im Laufe der Zeit eine erstaunliche Treffsicherheit angeeignet.
So war das an anderen Tagen.
Heute aber wirbelten die Pakete wahllos durch die Luft. Es war zweckmäßig, bei dieser Art der Verteilung aufmerksam jeden Wurf zu beobachten. Brille, der sich gerade nach irgend etwas gebückt hatte, bekam sein Paket in den Rücken.
„Laß den Unsinn, das ist ja-“
Rums! Schon flog die zweite Ladung in seine Richtung. Brille konnte seinen Kopf erst im letzten Augenblick zur Seite reißen. Es war besser, den Mund zu halten und nur mit vorgehaltenen Armen in Bereitschaft zu stehen. Auch Erwin Kogge hatte schon versucht, offen zu rebellieren. Aber daraufhin waren dann die nächsten Pakete mit boshafter Beständigkeit dicht an seinen Ohren vorbeigeflogen.
Hochaufgerichtet stand Alibaba auf der Rampe und schleuderte seine Pakete über die Köpfe der Jungen.
So mußte dieser Herakles, von dem Studienrat Bernauer noch gestern erzählt hatte, mit seiner Keule auf die Köpfe jenes Schlangenungeheuers eingeschlagen haben. Ob allerdings der griechische Held dabei auch wie ein Droschkenkutscher geflucht hatte, darf mit Recht bezweifelt werden.
Alibaba jedenfalls tat
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