Die Fuenfzig vom Abendblatt
es.
„-Nußknacker! Seifensieder! Was sich diese Schlotbarone so einbilden! — Karl Opitz! — Haben wohl ihre Tassen nicht alle im Schrank, wie? — Emil Treutlein! — Keine Bohne von Pflichtgefühl! — Aber ich setze sie an die Luft! In hohem Bogen — Maier Zwoo! — Erwin Kogge! — Zwei Minuten vor sieben, und die Pfannkuchen mit Ohren sind immer noch nicht angerollt!“
In diesem Augenblick kam Klaus Verhoven vom Eingang her in den Hof gerannt.
Erst am Columbushaus war er auf dem Rückweg von der Klinik der ersten Uhr begegnet. Da hatte er seinen Vater schnellstens in irgendein Cafe gebracht und ihn gebeten, dort auf ihn zu warten. Dann war er auf die nächste Straßenbahn gesprungen und schließlich, so schnell ihn seine Beine trugen, hierher gerannt.
Nun stürzte der Junge in den Aufenthaltsraum, in dem er sein Fahrrad stehen hatte und stellte sich dann mit hochrotem Kopf und fast außer Atem in die letzte Reihe der Jungen.
„-Nachtwächter! Bildet euch ja nicht ein, daß man auf euch angewiesen ist! — Quatsch mit Sauce! — Klaus Verhoven!“
Klaus meldete sich.
Rums! Das Paket flog in die Richtung von Klaus. Er versuchte es zu fassen. Aber es war zu weit geworfen und geradewegs auf Sam zugeflogen, der sich durch die übrigen Jungen hindurch gleich zu seinem Freund gedrängelt hatte.
„- ach nee! Ist es möglich? Einer der Herren ist doch noch gekommen? Ja, ging es denn? Konnten Sie sich wirklich frei machen?“
Dabei flog das zweite Paket in die Richtung von Klaus Verhoven.
„ — aber man hat es gar nicht nötig, sich zu entschuldigen. Ohne ein Wort zu sagen, stellt man sich einfach irgendwo zwischen die anderen, als ob nichts gewesen wäre — “
Rums, das war die dritte Ladung.
„Natürlich hätte ich mich entschuldigt. Nachher, wenn — “
Während Klaus von den umstehenden Jungen die Pakete gereicht bekam und sie jetzt auf den Gepäckträger seines Rades band, wandte er sein Gesicht dem Rothaarigen zu.
Die Pakete Verhovens waren die letzten gewesen. Er hatte sie schon zu Anfang, als sie ihm in die Hände gekommen waren, zur Seite gepackt. Zusammen mit den drei anderen Paketen, deren Zubringer ebenfalls nicht erschienen war. Sie blieben zurück, als Alibaba jetzt von der Rampe sprang. Mario war immer noch nicht gekommen.
Der Boß der Abendblatt-Jungen tat so, als hätte er Klaus gar nicht gehört. Er stieg auf sein Rad und setzte sich ohne ein weiteres Wort an die Spitze der Jungen. Er wollte schon das Zeichen zur allgemeinen Abfahrt geben, da fiel ihm ein, daß er ja noch etwas anzusagen hatte.
„Moment noch! Bevor wir nachher alle auseinanderflattern: Morgen früh von acht bis zehn haben wir die Bahn vom Union-Platz. Wir müssen unsere Mannschaft fürs ,Grüne Band’ aufstellen. Am Montag früh ist Meldeschluß. Wir treffen uns um halb acht mit unseren Rädern an der Endhaltestelle der Zweiundsechzig, damit wir geschlossen ankommen. Erwin, du bringst deine Stoppuhr mit. und Brille sorgt dafür, daß etwas zum Schreiben da ist. Alles klar?“
Zum Zeichen, daß alles klar sei. klingelte die Horde mit ihren Fahrradklingeln.
Da setzte sich Alibaba auf seinem Sattel zurecht, hob den Arm und fuhr los.
Der Toreromarsch aus Carmen fiel heute aus.
Dafür trat der Rothaarige mehr denn je in seine Pedale. Die Jungen hatten alle Mühe, ihm zu folgen.
Kurz vor dem Großen Stern kam Mario auf der anderen Straßenseite angeradelt. Er bemerkte die Horde anscheinend erst im letzten Augenblick und wollte halten.
Aber Alibaba sah ihn nicht einmal an. Der Junge war Luft für ihn und scheinbar vollkommen durchsichtig.
Aber auch die übrigen Jungen würdigten ihn keines Blickes. Wer trotzdem zu ihm hinübersah, tat es fast feindselig, und ohne dem Zuspätkommenden ein Zeichen zu geben. Die Horde billigte also ganz offensichtlich das Verhalten ihres Bosses.
Daß man allabendlich pünktlich sei, war eine Selbstverständlichkeit. Es konnten Monate vergehen, ehe es einmal vorkam, daß sich einer von ihnen verspätete. Auch dann aber waren die Gründe meist so schwerwiegend, daß man sie sogar nach strenger Prüfung anerkennen mußte. Da kam es schon eher vor, daß Jungen zum Dienst kamen, obgleich sie eigentlich wegen irgendeiner augenblicklichen Krankheit ins Bett gehörten. Weswegen sich Klaus Verhoven heute verspätet hatte, das würde man sich noch anzuhören haben. Immerhin war er noch im letzten Augenblick gekommen, und Schaden war durch ihn nicht entstanden. Aber der andere –
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